Am 28. September 2011 veranstaltete das Kompetenzzentrum Lateinamerika der Industrie- und Handelskammer (IHK) für die Pfalz einen „Wirtschaftstag Mexiko“ in Ludwigshafen. Experten und Unternehmensvertreter mit Erfahrung vor Ort referierten über das Potential des mexikanischen Markts sowie über die Chancen und Herausforderungen, die deutsche Unternehmen dort erwarten. Ein Schwerpunkt der Diskussion mit den Teilnehmern lag auf dem Vertrieb bzw. dem Aufbau von Vertriebsstrukturen in Mexiko.

Von Frank Panizza, Leiter Kompetenzzentrum Lateinamerika, IHK Pfalz

Dr. Giselher Foeth von der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (CAMEXA) erläuterte eingangs die Chancen und Risiken, die Mexiko für deutsche Unternehmen bietet. Wer seine Produkte erfolgreich verkaufen möchte, muss wie in jedem anderen Markt die geeigneten Vertriebswege identifizieren, um potentielle Kunden wirkungsvoll anzusprechen.

Manches Unternehmen aus Deutschland versucht, seine Niederlassung in den USA für die Bearbeitung des mexikanischen Marktes zu nutzen. Dies könne aber keine dauerhaft erfolgreiche Lösung sein, so Dr. Foeth. Mexikanische Kunden erwarten im Allgemeinen eine sichtbare Präsenz ihres Lieferanten. Diese kann aufgrund der großen geographischen Entfernungen in Nordamerika kaum von einem Standort in den USA aus sichergestellt werden. Auch darf die emotionale Komponente einer Geschäftsbeziehung in Mexiko nicht geringgeschätzt werden: Ein klares Bekenntnis zum Standort Mexiko durch eine eigene Repräsentanz oder Niederlassung kann deutschen Unternehmen Sympathie und einen Vertrauensvorschuss bei den Einheimischen verschaffen.

Ein häufig gewählter Weg, um den ersten Schritt in den mexikanischen Markt zu gehen, ist die Verpflichtung eines Handelsvertreters. Auch in Mexiko kann ein guter Vertreter eine kostengünstige und zugleich effektive Methode sein, die eigenen Produkte auf dem Markt bekanntzumachen und eine deutsche Marke zu etablieren. Jedoch lauern hier die auch andernorts bekannten Risiken: An erster Stelle steht die Frage nach der Seriosität und Leistungsfähigkeit des Vertreters. Keinesfalls sollte sich ein deutsches Unternehmen nach einem Erstkontakt mit einem kompetent wirkenden Vertreter, beispielsweise bei einem Messebesuch, dazu verleiten lassen, diesem ohne nähere Prüfung die Verantwortung für die Produkteinführung auf dem mexikanischen Markt zu übertragen. Stets sollten Referenzen angefordert und Informationen über den Vertreter von vertrauenswürdigen Dritten eingeholt werden.

Rechtsanwalt Dr. Philip-André Zinn von der Mannheimer Kanzlei ZinnBöcker wies in seinem Vortrag darauf hin, dass auch die Gestaltung des grundsätzlich formfreien Vertretervertrages besonderer Vorsicht bedürfe. So sollte unter anderem stets schriftlich eindeutig festgehalten werden, ob die Zusammenarbeit befristet oder unbefristet ist, welche genauen Rechte und Pflichten der Vertreter hat, in welchen Fristen und unter welchen Bedingungen beide Seiten kündigen können. Zudem sollte der Vertrag die Selbständigkeit des Handelsvertreters herausstellen, um die ungewollte Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder gar einer Betriebsstätte zu vermeiden. Aus der Vielzahl der Fragen, die hier abgewogen und juristisch geklärt werden müssen, ergibt sich der dringende Rat, sich vor dem Abschluss eines Vertrages mit einem Handelsvertreter eingehend mit den in Mexiko geltenden Regelungen und Gepflogenheiten zu befassen.

Doch auch andere Optionen für die Bearbeitung des mexikanischen Marktes sollten deutsche Unternehmen eingehend prüfen. So wies bei der Veranstaltung in Ludwigshafen Thomas Wagner von der in Mexiko tätigen Beratungsfirma Wagner Muñoz & Partners darauf hin, dass auch der Direktvertrieb ein erfolgversprechendes Instrument sein könne. Im globalen Vergleich ist Mexiko der viertgrößte Markt für diesen Vertriebskanal. Aus Sicht der Endkunden ist es insofern weder ungewöhnlich noch befremdlich, dass Hersteller direkt an sie herantreten.

Daneben sind jedoch auch alle anderen Vertriebswege in Mexiko grundsätzlich möglich, seien es Groß- und Einzelhändler, Vertreter oder Versandhandel etc. In jedem Fall sei es jedoch wichtig, nah am mexikanischen Kunden zu sein, so Wagner. Denn diese legten großen Wert darauf, dass ihr Geschäftspartner vor Ort wahrnehmbar und ansprechbar sei.

Dabei gilt es, die im Vergleich zu Deutschland wesentlich größeren Entfernungen und somit längeren Reisezeiten in Mexiko einzukalkulieren. Dies macht es ab einem gewissen Geschäftsvolumen praktisch unmöglich, das Land zentral von einem einzigen Ort aus zu bedienen. Deutsche Unternehmen sollten daher so bald wie möglich jeden für ihr Produkt relevanten Ballungsraum (z.B. Mexiko-Stadt/Puebla, Guadalajara, Monterrey) durch einen eigenen Ansprechpartner bzw. Vertreter vor Ort betreuen. Diese ermöglichen einen engen persönlichen Kontakt zum Kunden, der in Mexiko die Voraussetzung und Grundlage jeder erfolgreichen Geschäftsbeziehung darstellt.

Wie eine Wachstumsstrategie in Mexiko konzipiert und erfolgreich umgesetzt werden kann, beschrieb im Rahmen des „Wirtschaftstags Mexiko“ Thorsten Irion von der BorgWarner BERU Systems GmbH. Die Sparte Automobilersatzteilhandel von BERU verfolgt mit ihrer mexikanischen Tochtergesellschaft eine mehrgleisige Strategie zur Erhöhung des Umsatzes: So wurden zunächst in einer Potentialanalyse die verschiedenen Kundenkreise klassifiziert. Dies ist in Mexiko unverzichtbar, da von den mehr als 110 Millionen Einwohnern nur etwa 30 bis 40 Millionen zur Mittelschicht zählen und über die nötige Kaufkraft verfügen, die den Erwerb von hochwertigen und langlebigen Produkten, etwa im Bereich Kfz-Ersatzteile, erlaubt. Doch auch innerhalb dieser Schicht gibt es verschiedene Gruppen potentieller Kunden, die je nach Produkt auf unterschiedliche Weise angesprochen werden müssen.

So setzt BERU auf zwei Marken mit unterschiedlichem Preisniveau, um die Marktsegmente besser zu erschließen. Auch Irion sieht es als unerlässlich an, die Vertriebsstrukturen an die flächenmäßige Größe Mexikos und die Bevölkerungsverteilung anzupassen. BERU hat aus diesen Erwägungen begonnen, sein Vertriebspersonal stark zu erweitern: Zum einen spricht eigenes Verkaufspersonal systematisch die 2. Handelsstufe an. Dieses mehrstufige Vertriebskonzept hat sich als recht erfolgreich herausgestellt. Zum anderen setzt BERU weiterhin freie Vertreter ein, um die Präsenz in der Fläche sicherzustellen.

Alle Referenten des „Wirtschaftstags Mexiko“ der IHK Pfalz waren sich in zwei Kernaussagen einig:

  • Erstens: Mexiko ist ein Wachstumsmarkt nicht ohne Risiken, bietet aber deutschen Unternehmen lukrative Chancen, die sich aus den auf breiter Basis steigenden Einkommen und den umfangreichen Investitionen privater Unternehmen und der öffentlichen Hand ergeben.
  • Zweitens: Deutsche Produkte und Marken genießen in Mexiko einen guten Ruf. Sie werden von den Mexikanern im Allgemeinen mit Qualität und technologischer Innovation assoziiert. Von diesem Vertrauensvorschuss können deutsche Unternehmen gerade beim Markteinstieg profitieren, wenn sie ihre Produkte mit diesen Eigenschaften nachvollziehbar in Verbindung bringen können. Sie müssen aber diese Wettbewerbsvorteile auch immer wieder in der Praxis bestätigen, um das Vertrauen ihrer mexikanischen Kunden zu erhalten – dann sind sie auf dem besten Weg zu dauerhaftem Erfolg im mexikanischen Markt.

Textkasten: Kompetenzzentrum Lateinamerika

Das Kompetenzzentrum Lateinamerika der IHK Pfalz berät seit mehr als 15 Jahren Unternehmen zu allen Fragen des Auslandsgeschäfts mit diesen Ländern, insbesondere Mexiko und Brasilien. Als Ansprechpartner steht Ihnen zur Verfügung:

Herr Frank Panizza
Tel.: 0621 5904-1930
E-Mail: frank.panizza[at]pfalz.ihk24.de
www.pfalz.ihk24.de/lateinamerika

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