Die weltweite Rezession 2009 traf viele Unternehmen recht überraschend und hinterließ Unsicherheit und Misstrauen bezüglich der ­weiteren Entwicklung. Gerade jetzt kann sich ein Unternehmen jedoch stark von den Wettbewerbern differenzieren. Ein effizientes und an den Bedürfnissen ausgerichtetes Risikomanagement leistet hier einen großen Beitrag. Wenn sie die richtige Wahl treffen, bieten sich den Unternehmen Chancen hinsichtlich der Identifizierung von Zukunftsmärkten.

Von Martin Zuberek, Manager Risk Management Solutions, D&B Deutschland

Auf internationalen Märkten tätig zu sein ist riskant. Wenn zu wenige Informationen über das jeweilige Land vorhanden sind, kommt es oft zu folgenschweren Fehlern. Hohe Investitionen sind dann verloren. Um das Auslandsgeschäft erfolgreich zu betreiben, sollten Entscheider Länderinformationen beschaffen, richtig analysieren und entsprechende Aktionen daraus ableiten.

Um wirtschaftliche Chancen nutzen zu können, müssen die unternehmerischen Risiken bekannt sein. Länderratings bieten hier eine effiziente und leichte Möglichkeit, im Voraus das Risiko von Unternehmensaktivitäten im Ausland einschätzen, analysieren und bewerten zu können, um damit auch das einzelne Schuldnerrisiko zu relativieren. Das Kreditlimit auf Basis von Risikoklassen als einzelner Baustein wird zukünftig gerade auf Länderebene besondere Beachtung finden. Gerade das alte Beispiel Island oder aktuell Griechenland machen deutlich, wie gravierend die makroökonomischen Rahmenbedingungen ein einzelnes Exportgeschäft tangieren können.

Deutschland nimmt innerhalb Europas eine besondere Position ein. Es ist der führende Exporteur und liegt weltweit auf Platz 2. Nur China hatte 2009 einen höheren Exportanteil. Wichtigste Absatzmärkte deutscher Waren sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union trotz teils stark negativer Entwicklung 2009. Hier besteht für den deutschen Außenhandel keinerlei Wechselkursrisiko. Anders verhält es sich bei den Lieferungen in die USA, dem, nach Frankreich und den Niederlanden, drittgrößten Nachfrager deutscher Waren auf dem internationalen Markt.

In Anbetracht der gegenwärtigen Auswirkung der Finanzmarktkrise gewinnt die Frage nach der richtigen Exportstrategie eines Unternehmens zunehmend an Bedeutung. Viele Unternehmen verlassen sich aktuell sehr stark auf das Management eines einzelnen Schuldnerrisikos. Volkswirtschaftliche Faktoren werden oftmals außer Acht gelassen. Doch gerade die Situation in den Partner- und Zielmärkten muss intensiv beobachtet werden.

Die Information über den Kunden genügt den Anforderungen an ein internationales Risikomanagement nicht mehr. Es ist vielmehr erforderlich, auch das Umfeld des Kunden genauestens zu kennen: Wettbewerb, politische Situation sowie die ökonomischen, sozialen und politischen Kräfte, die die Entwicklung des Marktes und somit des Unternehmens beeinflussen.

Ein wesentliches Problem des Auslandsgeschäfts steckt im Länderrisiko, also in den durch wirtschaftliche oder politische Maßnahmen verursachten Störungen des Geschäfts. Eine vorsorgliche Bewertung und Einschätzung kann hier zumindest vorab erkennbare Risiken vermeiden. Anders als im Inlandsgeschäft entsteht bei allen internationalen Geschäftsbeziehungen ein spezifisches Länderrisiko.

Setzt man nun die deutschen Ausfuhren in Relation zur D&B-Risikobewertung der Exportländer, so ergibt sich das folgende Bild: Die Risikobehaftung der Exportsummen Deutschlands nimmt im unteren Drittel der Top-15-Liste außerordentlich zu. Trotz sinkenden Exportvolumens steigt das Risiko. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Risikosteuerungsinstrumenten mit zunehmender Risikobehaftung.

Jeder Wirtschaftsakteur kann sein Zahlungsverhalten größtenteils selbst bestimmen. Dies ist oftmals unternehmensintern in einer Kreditrichtlinie geregelt. Hier ist jedoch festzustellen, dass es je nach Land unterschiedliche Gepflogenheiten und Mentalitäten gibt. Dieses länderspezifische Zahlungsverhalten hat unmittelbar Einfluss auf das Zahlungsverhalten ausländischer Kunden bei einer Rechnungsbegleichung gegenüber einem deutschen Exporteur. Die obenstehende Grafik veranschaulicht die Unterschiedlichkeit des Zahlungsverhaltens nach Ländern. Das länderspezifische Zahlungsverhalten verdeutlicht die staatenübergreifende Mentalität bei der Rechnungsbegleichung. Diese Darstellung ist ein erster, durchschnittlicher Indikator für die eigenen Rechnungen.

Auch die derzeitige Wirtschaftslage beeinträchtigt dieses Verhalten. Bereits jetzt zeigt sich für die deutschen Exporteure ein negativer Trend. In einzelnen Ländern verzeichneten Unternehmen einen noch deutlicheren Anstieg der Ausfallraten – zum Teil im zweistelligen Prozentbereich. Es scheint einen Zusammenhang zwischen volkswirtschaftlichem Wachstum und Zahlungsausfällen zu geben. Die Auswirkungen der Finanzkrise sind in den Ländern am höchsten, in denen die Blase zuerst geplatzt ist und die in den Jahren zuvor ein starkes Wirtschaftswachstum hatten.

Länderratings sind zuverlässige Frühwarnsysteme. Dabei sind folgende Anforderungen an sie zu stellen:

  • Sie sollen unabhängig und neutral und nicht durch politische Instanzen beeinflusst sein.
  • Im Sinne einer Multikausalität sind sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien zu berücksichtigen.
  • Es sollten sowohl zeitliche Vergleiche für jedes einzelne Land als auch horizontale Vergleiche zwischen den Ländern möglich sein.
  • Von Bedeutung ist ein prognostischer Charakter, da Investitionsentscheidungen auf Grundlage von Zukunftsszenarien getroffen werden.
  • Neben der reinen Bewertung des Länderrisikos sollten auch Handlungsempfehlungen gegeben und Warnungen ausgesprochen werden.
  • Das Verfahren muss transparent, die Bewertungen und Empfehlungen müssen nachvollziehbar sein, was vor allem die Offenlegung der Methodik erfordert.

Die Länderrisikoberichte sollten mindestens nachfolgende Fragen beantworten können:

  • Politisches Risiko: Wie stabil ist die Regierung eines Landes?
  • Wirtschaftliches Risiko: Wächst oder schrumpft die Wirtschaft?
  • Außenwirtschaftliches Risiko: Ist die Währung stabil oder instabil?
  • Handelsrisiko: Werden die Rechnungen bezahlt? Wie schnell werden sie bezahlt? Welche Zahlungsgepflogenheiten existieren im Land?
  • Handelsumgebung: Haben sich die Importbestimmungen verändert?
  • Investitionsumgebung: In welchen Sektor kann sicher investiert werden?

Island, als ein Beispiel genommen, ist das kleinste selbständige Währungssystem der Welt, und dessen Nachteile sind in den Monaten der Finanzkrise deutlich geworden. Steigende Inflationsraten und Zinssätze haben schon frühzeitig auf ein höheres Risiko hingedeutet. D&B hat bereits im Februar 2006 im Länderrisikobericht darauf hingewiesen und das Risiko im Land benannt.

Die Darstellung des privaten Konsums und der Arbeitslosenquote ermöglichen für den Exporteur eine Einschätzung der Absetz­barkeit von Produkten und der zu erwartenden Wirtschaftskraft des Landes. Entwicklungstrends sind ersichtlich. Je nach Preislage der eigenen Produkte erkennt der Exporteur Chancen und Risiken für das eigene Geschäft.

Des Weiteren wird der betrachtete Markt mit Märkten aus der Region verglichen. Diese Relation verschafft einen Eindruck von der Stärke der Nation. Ein Anstieg der Inflationsrate führt zwangsläufig zu einem Kaufkraftverlust.

Das Wechselkursrisiko umfasst aus Sicht des Exporteurs die Abwertung der Fremdwährung, in der er die Zahlung erlangen soll, gegenüber seiner eigenen Währung. Der Exporteur legt bei der Bestimmung des Wechselkursrisikos beziehungsweise der Wechselkurschance häufig denjenigen Wechselkurs zugrunde, mit dem er sein Angebot kalkuliert hat, und setzt dann diesen Kurs in Relation zu dem im Zeitpunkt des Zahlungseingangs erlangten Wechselkurs. Entscheidend ist, in welcher Währung die Exportgüter bezahlt werden. Hier besteht die Chance, mögliche Währungsrisiken bei stark schwankenden Kursverhältnissen zu erkennen und schon im Vorhinein bei der Preiskalkulation zu berücksichtigen.

Ein weiterer, wichtiger Indikator ist die Zinsentwicklung in einer Volkswirtschaft. Die Unternehmen sind auf Fremdkapital als Finanzierungsmittel angewiesen. Bei hohen Zinssätzen werden die Rahmenbedingungen für die Beschaffung von Mitteln für den Importeur verschärft. Je leichter die Mittel zu beschaffen sind, desto sicherer ist die Rechnungsbegleichung.

Gerade bei laufenden Geschäftsbeziehungen im Ausland müssen Unternehmen unter Risikogesichtspunkten das Länderrisiko überwachen. Ein frühzeitiges Erkennen des Risikos ermöglicht es, das Risiko zu steuern. Die Veränderungen der Bewertung beeinflussen wiederum das eigene Handeln in dem Land. Auch wenn der einzelne Partner ein geringes Risiko aufweist, können sich doch mehrere Kunden in einem Land zu einem Klumpenrisiko aufsummieren. Negative Trends eines Landes beeinflussen gleich in einer größeren Menge und Inten­sität auch die Bewertung des einzelnen Kunden und des ausländischen Portfolios.

Formulieren Sie eine Exportstrategie auf Basis des Länderrisikos. Diese Ausgangsbasis gestattet es erst, über die nächsten Schritte und Aufgaben inklusive Chancen und Risiken Klarheit zu gewinnen. Die Exportrisikostrategie deklariert die strategische Risikoausrichtung im unternehmerischen Handel mit ausländischen Geschäftspartnern. Gleichzeitig werden eventuellen Risiken mögliche Chancen gegenübergestellt. Auch wenn Sie schon mit ausländischen Kunden im Geschäft sind!

Folgende Schritte sind dabei beispielhaft:

  • Festlegung von Zielen mit Hilfe von Kennzahlen. Zum Beispiel: Umsatz in den ersten sechs Monaten nicht weniger als 100.000 Euro.
  • Festlegung des Grades der Überwachung der Zielerreichung und der Risiken zur Einschätzung der Geschäftslage.
  • Festlegung der Verantwortlichkeiten.
  • Festlegung der Verbindungen zum Zielland durch Partner vor Ort, Niederlassungen, Abgesandte oder Messen.
  • Festlegung der Handlungsalternativen im Fall positiver und negativer Ereignisse.
  • Bestimmung der Abbruchkriterien. Zum Beispiel: Umsatz nach erstem Jahr 25% unter Erwartung.

Als Ergebnis werden Maßnahmen für das Risikomanagement festgelegt, die eine effiziente Risikoidentifikation, Risikoanalyse, Risikobewertung und Risikosteuerung gewährleisten.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die MaCM (Mindestanforderungen an das Credit Management) ebenso im landesübergreifenden Kreditmanagement ihre Bedeutung finden. Sie können den Kreditmanager unterstützen, die richtigen Prozesse zu etablieren, um das Risiko zu managen (zum Beispiel Bonitätsprüfung, Bonitätsüberwachung, Risikoklassifizierung, Kredit­limitierung, Zahlungsbedingungen, Forderungssicherung, Kundenstammdaten).

Die wohl rigoroseste Form der Risikosteuerung im Export ist das Zurückziehen aus Absatzmärkten beziehungsweise der Verzicht darauf, ausländische Absatzmärkte zu bedienen. Dies steht dem unternehmerischen Gedanken völlig entgegen, da hierbei das Unternehmen auf Chancen wie zum Beispiel Erhöhung des Absatzes und der Bekanntheit verzichtet. Im Falle des Verzichts auf Export wird die Exportstrategie nicht benötigt. Länderratings können hier Anhaltspunkte bei der Selektion beziehungsweise dem Ausschluss von Absatzmärkten geben. Dabei wird die Exportstrategie des eigenen Unternehmens mit den Rahmenbedingungen und Chancen im ausländischen Markt abgeglichen.

Bei der Risikominderung im Exportgeschäft geht es um die Minimierung der Eintrittswahrscheinlichkeit beziehungsweise die Verringerung der Schadenshöhe vor Schadenseintritt. Auch hier können Länder-ratings als externes Frühwarnsystem fungieren, um das Risiko der eigenen Auslands­tätigkeiten zu minimieren.

Insbesondere die Zahlungsbedingungen eines Auslandsgeschäfts können später Schwierigkeiten bereiten. Die Zahlungsbedingungen legen fest, unter welchen Voraussetzungen und Umständen, wie zum Beispiel Ein- und Ausfuhrbestimmungen des Landes sowie Zolldeklarationen, der Kaufpreis zu entrichten ist. Die Unterschiedlichkeit des Zahlungsverhaltens ist länderspezifisch und wurde bereits erörtet. Die Anpassung der Zahlungsziele im Voraus kann hier Wege schaffen, frühzeitig drohende Risiken zu managen.

Durch eine besonders günstige Vertragsgestaltung kann es gelingen, Liefer-, Zahlungs-, Qualitätsrisiken und anderes mehr auf den ausländischen Vertragspartner zu verlagern. Es kommt auf die Ausgestaltung der Außenhandelsverträge an. Hierbei ist auf die Vertragssprache oder Rechtswahl zu achten und auf Klarheit in den Angeboten beziehungsweise Verträgen, damit es nicht zu Missverständlichkeiten kommt. An dieser Stelle sei auf die Besonderheit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen. Selbstverständlich ist die Ausgestaltung von Verträgen auch von der eigenen und der Position des ausländischen Kunden abhängig.

Mögliche weitere Zahlungsbedingungen sind zum Beispiel:

  • Zahlung vor Lieferung
  • Zahlung bei Lieferung
  • Zahlung nach Lieferung
  • Dokumentenakkreditiv
  • Dokumenteninkassi

Die effiziente Konditionengestaltung spielt bei der Beitreibung von Forderungen eine herausragende Rolle. Es empfiehlt sich – falls es die Marktposition zulässt –, den eventuell beizutreibenden Wert mit in den Verkaufspreis einzukalkulieren.

Die Bedeutung der staatlichen Versicherung (Hermes-Deckung) spielt im Exportgeschäft eine besondere Rolle. Diese wird im Exportgeschäft besonders gerne genutzt. In der jetzigen Marktsituation nehmen die privaten Versicherungen durch Streichung bzw. Kürzung von Deckungszusagen eine sekundäre Position.

Kontakt: zuberek[at]dnbgermany.de

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