Die Komplexität der Zolltarife wird oft unterschätzt. Der HS-Code besteht aus verschiedenen Komponenten. Die ersten sechs Stellen werden von der WZO verwaltet und gelten in mehr als 200 Ländern weltweit. Die weitere Untergliederung unterliegt nationalen Vorgaben.

Eine automatisierte, korrekte und einheitliche Produktklassifizierung und -tarifierung kann Kosten senken und die Exportabwicklung beschleunigen.

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Bei der Exportabwicklung, auf Rechnungen von Lieferanten oder in E-Mail-Kontakten mit Kunden taucht immer wieder der Begriff „HS-Code“ auf. Das Kürzel HS steht für „Internationales Abkommen über das Harmonisierte ­System zur Bezeichnung und Codierung der Waren“. Dieses Harmonisierte System wurde in den 80er Jahren von der ­Weltzollorganisation (WZO/WCO) entwickelt und seitdem kontinuierlich neuen Herausforderungen angepasst. Es wird inzwischen in über 200 Ländern angewendet.

Das HS soll gewährleisten, dass für die gleiche Ware weltweit die gleiche Zolltarifnummer bei der Ein- und Ausfuhr gilt. Die Zolltarifnummer bestimmt die Zollabgaben. Alle importierten und exportierten Waren müssen daher einer Zolltarifnummer zugeordnet werden. Ohne sie kann sonst keine Ausfuhr- sowie ­Einfuhrzollanmeldung übermittelt werden.

Die Zolltarifnummer ist jedoch nicht nur für die Berechnung der Zollabgaben zentral. An ihr „hängen“ auch Bewilligungsvorschriften. Sie ist außerdem die Basis für Präferenzkalkulationen im Rahmen von Freihandelsabkommen. Zu guter Letzt ist die Zolltarifnummer aufgrund ihrer internationalen Harmonisierung auf Stufe sechsstelliger Zolltarifnummern entscheidend für eine aussagekräftige Außenhandelsstatistik.

Komplexe Zahlenreihen

Die Komplexität der Zolltarife wird oft unterschätzt. Der HS-Code besteht aus verschiedenen Komponenten. Die ersten sechs Stellen werden von der WZO verwaltet und gelten in mehr als 200 Ländern weltweit.

Die weitere Untergliederung unterliegt nationalen Vorgaben. In der Europäischen Union (EU) wird der sechsstellige HS-Code um zwei Stellen durch die Kombinierte Nomenklatur (KN) erweitert (7. + 8. Stelle der Codenummer). Bei der Einfuhrabfertigung können auf Basis dieser achtstelligen Nummer Zollsätze, Textilkategorien, Verbote und Beschränkungen oder Einfuhrgenehmigungstatbestände zugeordnet werden. Die neunte und zehnte Stelle (sog. TARIC-Positionen = Integrierter Tarif der Europäischen Union) verschlüsselt unionsrechtliche Maßnahmen wie z.B. Antidumpingregeln, Zollaussetzungen oder Zollkontingente. Die elfte Stelle ist der Umsatzsteuerindikator, der besagt, welcher Einfuhrumsatzsteuersatz zur Anwendung gelangt.

Seit der Verwirklichung des Binnenmarktes können Waren frei zwischen Mitgliedstaaten zirkulieren. Der „Gemeinsame Zolltarif“ (GZT) gilt für alle EU-Mitglieder für alle Warenimporte aus Drittstaaten. Die Zollsätze richten sich nach Warenart und Herkunft und hängen auch von der wirtschaftlichen Bedeutung oder dem Gefahrenpotential der Waren ab. Grundsätzlich ist die Zolltarifnummer in der EU bei Ausfuhranmeldungen achtstellig und bei Einfuhranmeldungen zehn- bzw. elfstellig (in Deutschland) anzugeben. Für exportierende Unternehmen bzw. für deren Abnehmer im Ausland ist es wichtig zu wissen, wie hoch die Einfuhrzoll­abgaben für die zu verkaufenden Produkte in den Bestimmungsländern sind. Allerdings können Exportwaren im Zielland manchmal anders eingereiht werden als vom Exporteur, weil Zollbehörden und/oder Empfänger anderer Meinung sind.

Rechtsgrundlage und Strafen

Der Zolltarif ist ein Konzept bzw. eher eine Sammlung von Rechtsvorschriften als ein einheitliches, kodifiziertes Gesetzeswerk. Die achtstellige KN wird als EU-Verordnung veröffentlicht. Der TARIC stellt eine Zusammenfassung aller Abgabenregelungen des Gemeinsamen Zolltarifs dar, ist aber kein eigenständiger Rechtsakt.

Die Angabe der Zolltarifnummer ist in Handelspapieren nicht vorgeschrieben. Sie hilft aber dem Empfänger, die Zollabfertigung zu beschleunigen.

Wird eine Ware falsch in den Zolltarif eingereiht, stimmt auch der dazugehörige Zollsatz nicht. Falls es sich um einen niedrigeren Zollansatz als denjenigen der korrekten Zolltarifnummer handelt, kann die Zollbehörde des betreffenden Landes beim Kunden die zu wenig bezahlten Zollabgaben nachfordern und eventuell eine Buße verhängen. Eine falsche Tarifierung führt außerdem zu zeitraubenden Diskussionen mit dem Zoll und unnötigem administrativem Aufwand. Untersuchungen von Beratungsunternehmen haben gezeigt, dass selbst renommierte Industrieunternehmen Fehler bei der Klassifizierung und Tarifierung ihrer Produkte machen, die durch eine Automatisierung vermieden werden könnten.

Stolperfallen

Die korrekte Produktklassifizierung ist die Basis für die Zuordnung der Zolltarifnummer. Zurzeit existieren im In- und Ausland mehr als 160 Standards zur Beschreibung von Produkten. Die Global Product Classification (GPC) ist eine weltweit gültige Klassifikation, mit der Handelsgüter international verständlich und detailliert eingeordnet werden können. Diese setzt sich immer mehr durch.  Die Zolltarifnummern stimmen jedoch nicht mit den Nummern des GPC überein. Außerdem geben viele große Maschinen- und Automobilbauer ihren Zulieferern exakt vor, nach welchen Standards sie klassifizieren müssen. In zahlreichen global tätigen Unternehmen sind diese Klassifizierungsstandards uneinheitlich implementiert, und in verschiedenen Ländern werden sogar unterschiedliche Klassifizierungsstandards angewandt.

Mehr als die Hälfte des globalen Handels spielt sich innerhalb von Konzernen ab. Für diese Firmen bietet es sich an, die Produktprüfungs- und Klassifizierungsergebnisse bereichsübergreifend zu verknüpfen – d.h. Produktion, Import und Export. Bei dezentralen Organisationen ist dies allerdings eine große Herausforderung. Hier kommt es immer wieder vor, dass komplizierte Produkte von verschiedenen Teams unterschiedlich ein- oder zugeordnet werden. Um Fehler zu vermeiden, sollten Zolltarifnummern gemeinsam von Technikern und Zolldeklaranten festgelegt werden. Einkauf und Verkauf oder die Zollabteilungen der Unternehmen müssen Themen wie Lieferantenerklärungen, Bewilligungen und mögliche Präferenzvorteile abklären. Ohne gepflegte Stammdaten, Datenabgleichungen und IT-Unterstützung ist dies bei Unternehmen mit komplexen Produkten kaum möglich. Durch eine systemunterstützte Zentralisierung der Stammdatenpflege im Bereich Produkte, Zoll und Compliance werden die globalen Risiken von Verletzungen nationaler und internationaler Regeln eingeschränkt.

Fazit

Zahlreiche Softwarehäuser bieten umfassende Lösungen für eine konzernübergreifende,  konsistente und korrekte Klassifizierung und Tarifierung von Produkten an.  Diese sind nicht nur Grundlage für eine gesetzlich korrekte Zollabwicklung. Sie dienen auch der Inspektionssicherheit und Rückverfolgbarkeit von Roh-, Halb- und Fertigwaren. Ferner sind sie Basis von Einstandskostenkalkulationen und Beschaffungsentscheidungen sowie wettbewerbsfähigen Exportpreislisten.

arne.mielken@e2open.com

www.E2open.com

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