Firmen blicken besorgt auf die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU. Doch nicht nur die angedrohten Zölle belasten die Exportaussichten, auch die Zahlungsmoral der Geschäftspartner in Nord- und Südamerika hat sich eingetrübt.

Firmen blicken besorgt auf die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU. Doch nicht nur die angedrohten Zölle belasten die Exportaussichten, auch die Zahlungsmoral der Geschäftspartner in Nord- und Südamerika hat sich eingetrübt. Der Kreditversicherer Atradius hat die Unternehmen im Rahmen des jährlichen Zahlungsmoralbarometers auch gefragt, ob sich der Handel durch den Protektionismus der USA bereits verändert hat.

Beitrag in der Gesamtausgabe

Die Zahlungsmoral der B2B-Unternehmen in Nord- und Südamerika wird schlechter. Das ist das Ergebnis der aktuellen Befragung, die Atradius einmal pro Jahr in der Region für seine Kunden durchführt. 90% der befragten Studienteilnehmer in Brasilien, Mexiko, Kanada und den USA melden Zahlungsverzug und längere Forderungslaufzeiten. Gut 860 Unternehmen wurden dazu befragt.

Forderungsausfälle

Eines der ungünstigsten Szenarien für einen Unternehmer, egal ob aus Deutschland oder Mexiko, ist der Totalausfall einer Forderung. Die befragten Firmen geben an, dass im Durchschnitt 1,8% ihrer in- und ausländischen Forderungen im Befragungszeitraum uneinbringlich waren und damit zu einer Abschreibung führten, die das Unternehmensergebnis belastet.

In Brasilien ist der Prozentsatz für Ausfälle mit 2,5% am höchsten, gefolgt von Ausfällen bei mexikanischen Unternehmen, die auf 2% ihrer Forderungen verzichten mussten. Laut Angabe von 54,7% der Befragungsteilnehmer in Brasilien ist dieser Prozentsatz auf Kunden zurückzuführen, die Konkurs anmelden mussten.

Am besten schneiden in der Studie die USA mit nur 1,3% an ausgefallenen Forderungen ab. Damit hat sich das Ergebnis in den USA im Vergleich zum Vorjahr, wo noch 2,1% ihrer Forderungen uneinbringlich waren, deutlich verbessert.

Zahlungsverzug

Im Durchschnitt haben 90,3% der befragten Unternehmen häufig Probleme mit Zahlungsverzug. Der Prozentsatz liegt in Mexiko mit 94,4% am höchsten. Die Vereinigten Staaten kommen auf einen Wert von 90,9%. Auch in Bezug auf den Zahlungsverzug beobachten die Unternehmen aus den Vereinigten Staaten eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr, wo der Wert noch bei durchschnittlich 95% lag. Als Grund für die Zahlungsverzögerungen geben die befragten Unternehmen unzureichende liquide Mittel an. Das war auch schon 2017 der Fall.

Forderungslaufzeit gestiegen

Die durchschnittliche Forderungslaufzeit (DSO) stieg von 35 Tagen im Jahr 2017 auf 37 Tage 2018. Diese Kennzahl ist besonders interessant für die Verkäufer von Waren und Dienstleistungen, weil sie zeigt, wie schnell die Forderungen aus den Verkäufen beim Abnehmer eingezogen werden können.

Diese Verschlechterung des durchschnittlichen DSO hatten 40% der befragten nord- und südamerikanischen Unternehmen, die an der Studie teilgenommen haben, bereits bei der Befragung vor einem Jahr befürchtet: Zwei von fünf Unternehmen rechneten damals bereits damit, dass die Zahlungen verspätet auf dem Bankkonto eingehen würden. Zum Vergleich: In der Region Asien-Pazifik war die Forderungslaufzeit 2018 mit 40 Tagen noch länger.

Längere Zahlungsdauer

Die durchschnittliche Zahlungsdauer hat sich im Vergleich zur Vorjahresbefragung erhöht. Sie beschreibt den Zeitraum in Tagen zwischen der Rechnungstellung und dem Zahlungseingang. Die zu ihren Erfahrungen in Amerika befragten Unternehmen warteten im Schnitt 63 Tage auf die Bezahlung ihrer Rechnungen. Im Vorjahr lag der beobachtete Wert noch bei 61 Tagen. Die durchschnittliche Dauer, bis eine Rechnung bezahlt wird, ist in Mexiko am höchsten. Hier warten die Befragten im Durchschnitt ganze 71 Tage auf die Begleichung ihrer Forderungen.

Großzügigere Zahlungsziele

Die Unternehmen in der befragten Region sind bereits dazu übergegangen, ihren Geschäftspartnern längere Zahlungsziele einzuräumen. Während 2017 das Zahlungsziel in der Region Nord- und Südamerika noch bei 27 Tagen sowohl für ausländische als auch für inländische Unternehmen lag, ist es 2018 um durchschnittlich drei Tage auf insgesamt 30 Tage erhöht worden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Firmen etwa einen Monat länger auf ihr Geld warten müssen, als sie eigentlich mit dem Geschäftspartner vereinbart hatten.

Insbesondere ihren inländischen Geschäftspartnern gewährten die befragten Unternehmen ein längeres Zahlungsziel. Gegenüber ausländischen Geschäftspartnern ist man skeptischer, was aber traditionell der Fall ist und nicht weiter überrascht, weil es hinsichtlich der inländischen Geschäftspartner weniger Barrieren in Form von Sprache und Entfernung gibt. In Asien liegt das durchschnittliche Zahlungsziel zum Vergleich bei 31 Tagen. Durchschnittlich werden 50% aller Rechnungen nicht bei Fälligkeit beglichen.

Handelsaufkommen trotz Protektionismusgefahr der USA stabil

Zusätzlich zur Zahlungsmoral hat Atradius in der Studie untersucht, ob sich die Handelspolitik der USA schon auf die Exporte ihrer Nachbarn in der Region ausgewirkt hat.

Die Höhe der Exporte innerhalb dieser Region, insbesondere zwischen den NAFTA-Ländern, ist trotz des Protektionismus, der von den USA ausgeht, offenbar stabil. Momentan wirken sich die bevorstehenden Änderungen des Freihandelsabkommens noch nicht auf den Handel aus.

Nahezu die Hälfte der in den NAFTA-Ländern befragten Unternehmen gab an, dass mehr als 50% ihrer Handelstransaktionen innerhalb der Region stattfänden, und 16,5% sagten, dass sie ausschließlich innerhalb des Freihandelsraums handelten. Laut Aussage von 81,5% der in Mexiko befragten Unternehmen ist der Handel mit den USA gestiegen oder stabil geblieben. In Kanada ist das positive Handelsbild sogar noch deutlicher. Denn insgesamt 90,3% der kanadischen Umfrageteilnehmer gaben an, dass der Handel mit US-amerikanischen Unternehmen auf gleichem Niveau geblieben oder gestiegen sei.

Interessant zu beobachten ist, dass Forderungsausfälle in B2B-Märkten auch in einer eigentlich gesunden Konjunkturphase auftreten. Dass 51% der befragten Unternehmen angeben, mit einem Konkurs ihres Kunden oder dem Schließen von dessen Geschäftsbetrieb konfrontiert gewesen zu sein, sollte Firmen alarmieren. Die Unternehmen sollten über ein gutes Kreditmanagement verfügen, um sich davor effektiv zu schützen.

Die gesamte Studie finden Sie zum Download auf www.atradius.de.

thomas.langen@atradius.com

 

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