Die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) beschloss am 7. Dezember 2013 als Teil des „Bali-Pakets“ Maßnahmen zur Liberalisierung des Welthandels. Im Mittelpunkt der Vereinbarung steht die Erleichterung des Zollverfahrens durch die ­Verringerung der Kosten sowie die Erhöhung der Geschwindigkeit und Effizienz der Zollabwicklung. Der endgültige Text soll von der Generalversammlung der WTO spätestens am 31. Juli 2014 verabschiedet werden.

Von Gunther Schilling, Ressortleiter Außenwirtschaft, F.A.Z.-Institut

Deutsche Exporteure können sich auf spürbare Erleichterungen bei der Zollabwicklung in ihren ausländischen Absatzmärkten freuen. Zwar werden bis zur endgültigen Verabschiedung des Abkommens von Bali noch einige Monate vergehen, für die anschließende Umsetzung in nationales Recht und in die Zollpraxis dürfte noch weit mehr Zeit erforderlich sein. Doch die Weichen für ein einheitliches, effizientes und berechenbares Zollverfahren in den 159 Mitgliedsländern der WTO sind gestellt.

Von den deutschen Verbänden kamen durchweg positive Kommentare zu den vereinbarten Handelserleichterungen. So rechnet der Dachverband der deutschen Industrie- und Handelskammern (DIHK) für die nächsten fünf Jahre mit einer zusätzlichen Nachfrage von 60 Mrd Euro für die deutsche Wirtschaft. Der Bundesverband Groß- und Außenhandel (BGA) verweist auf den hohen Arbeitsaufwand, der mit der Abwicklung von Handelsgeschäften derzeit verbunden sei und der durch das Abkommen verringert werden dürfte.

Die Internationale Handelskammer (ICC) in Deutschland begrüßt den Durchbruch bei den Welthandelsgesprächen. Es sei die erste multilaterale Vereinbarung seit dem Start der Doha-Runde 2001, stellt die ICC Deutschland in einer ersten Stellungnahme fest. „Dies ist ein großer Erfolg für das multilaterale System“, sagt Manfred Gentz, Präsident der Kammer. „Wir erwarten, dass das Abkommen nun zügig von den Parlamenten der WTO-Mitgliedsstaaten abgesegnet wird“. Gentz hob die Bedeutung des Abkommens für die exportorientierte deutsche Wirtschaft hervor: „Der Abbau von Zollformalitäten und Handelshemmnissen spart jedem Unternehmen Zeit und Geld. Und er öffnet insbesondere dem Teil des deutschen Mittelstands den Zugang zu Auslandsmärkten, der bisher vor den hohen bürokratischen Anforderungen zurückgeschreckt ist.“

„Es ist auch ein Erfolg des neuen Generalsekretärs Roberto Azevêdo, dem unser großer Dank gilt“, so Gentz. Azevêdo, der erst seit einigen Monaten im Amt ist, hatte es durch seine geschickte Verhandlungsführung im Vorfeld ermöglicht, dass es bereits vor Bali zu wichtigen Teileinigungen gekommen war. Die Internationale Handelskammer (ICC) hatte 2012 die World Trade Agenda ins Leben gerufen, eine Wirtschaftsinitiative, die im vergangenen Jahr rund um den Globus bei Regierungen erfolgreich für eine Wiederaufnahme der multilateralen Verhandlungen und eine neue Handelsagenda gekämpft hat.

„Die WTO sollte das Momentum jetzt nutzen, die noch offenen Liberalisierungsschritte der Doha-Runde zügig anzugehen“, fordert Manfred Gentz. Künftig sollte es auch möglich sein, dass sich Staaten innerhalb der WTO zusammentun, die grundsätzlich zu einer Liberalisierung bereit sind. Diese könnten u.a. eine Liberalisierung einzelner Industriesektoren wie Telekommunikation oder Chemie oder bei Dienstleistungen vereinbaren. „Der Alles-oder-nichts-Ansatz bei den WTO-Verhandlungen reicht nicht mehr aus“, so Gentz.

Der BDI bewertet das Ergebnis der WTO-Ministerkonferenz insgesamt als zufriedenstellend. „Wir sind froh, dass auch die letzten Blockierer einer Einigung zugestimmt haben, die nicht nur im Gesamtinteresse liegt, sondern ebenso ihren eigenen Ländern viel Nutzen bringt. Es ist ein gutes Zeichen für den Welthandel und bestätigt, wie wichtig die Welthandelsorganisation für das globale Handelssystem ist“, äußert sich Stefan Mair, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung zum Ausgang der 9. WTO-Ministerkonferenz.

Für den Maschinenbau erklärte Ulrich Ackermann, Leiter der VDMA-Außenwirtschaftsabteilung: „Endlich schreibt die WTO positive Schlagzeilen. Wir sind froh über die beschlossenen Maßnahmen zur Vereinfachung der Zollabwicklung. Das hilft gerade den mittelständischen Maschinenbauunternehmen. Nach wie vor ist der multilaterale Ansatz der beste Weg zum Abbau von Handelsschranken. Deshalb dürfen die Bali-Vereinbarungen auch nur ein Zwischenschritt für den erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde sein“, ergänzt Ulrich Ackermann.

Fast 30% des Maschinenexports, so die Schätzung des VDMA, werden mit Ländern abgewickelt, die hohe Importhürden haben, Tendenz steigend! Die auf der WTO-Ministerkonferenz in Bali beschlossenen Vereinfachungen der Zollabwicklung dürften zu Kosteneinsparungen von bis zu 15% im grenzüberschreitenden Warenverkehr führen. So müssen z.B. Länder wie Indien in Zukunft Güter innerhalb eines bestimmten Zeitraums an den Zollstellen abfertigen, erläutert der VDMA in seiner Stellungnahme.

Derzeit leidet der deutsche Export noch unter der konjunkturellen Schwäche in wichtigen Absatzmärkten. Die Ausfuhr stieg im Oktober 2013 um 0,6% gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat. Für die ersten zehn Monate 2013 schlug noch ein Exportrückgang um 0,7% zu Buche. Die Einfuhr sank von Januar bis Oktober 2013 um 1,5%, zuletzt betrug der Rückgang im Oktober 1,6%.

Allerdings tragen zu dieser Entwicklung nicht nur die Krisenländer der Euro-Zone bei, denn der Absatz in den Euroländern stagnierte im Oktober lediglich. Vor allem die Drittländer außerhalb der EU bremsten mit einem Rückgang von 1,3% zuletzt die deutschen Exporte. Auch die Einfuhr aus den Drittländern ging im Oktober besonders kräftig, um 9,4%, zurück. Hier könnte eine Öffnung der Märkte wichtige Impulse geben.

Kontakt: g.schilling[at]faz-institut.de

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