Ein den Unternehmensprozessen entsprechendes gutes Zoll- und Exportkontrollmanagement ist für Lieferketten von Unternehmen ein wichtiger Erfolgsfaktor im internationalen Handel. Was zeichnet eine Organisation für Zoll und Exportkontrolle als beispielsweise „World Class“ aus, und wie lässt sich eine „World Class“-Organisation global aufbauen, unterhalten und ­kontinuierlich verbessern?

Von Axel Krause, Rechtsanwalt, Diplom-Finanzwirt (Zoll), Graf von Westphalen

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Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und dem Ansinnen der neuen US-Administration, die internationalen Handelsbeziehungen zugunsten der USA zu verändern, dürfte der Organisation für Zoll und Exportkontrolle in Unternehmen eine wesentlich größere Bedeutung zukommen, als dies bisher schon der Fall ist.

Exporteure sollten sich von lokalen Benchmarks verabschieden und nicht nur für ihre Produkte, sondern auch für ihr Zoll- und Exportkontrollmanagement Weltklasseniveau anstreben. Beispielhaft soll anhand von sieben Schritten vereinfacht dargestellt werden, welche Punkte den Unterschied zu lokalen Benchmarks ausmachen und wie der Weg zu einer globalen „World Class“-Organisation typischerweise aussieht.

1.  Spirit

Im ersten Schritt geht es um die möglichst klare und global gültige Ansage der Geschäftsführung zur Com­pliance sowohl ganz allgemein als auch speziell für das Thema Zoll und Exportkontrolle, ihre erwartete Umsetzung, den Umgang mit Unklarheiten und die Fälle möglicher und klar erkannter Zuwiderhandlungen. Des Weiteren geht es dabei um das Schaffen eines echten „Team­spirits“ für eine Atmosphäre des „Ärmelhochkrempelns und gemeinsam An-einem-Strang-Ziehens“, um dem Changemanagement so genügend Schwung und Rückhalt zu geben, damit auch so manche auf dem Weg liegende Herkules­aufgabe erfolgreich gelöst werden kann. Wird dieser Spirit geschwächt oder geht er sogar verloren, sind alle nachfolgenden Schritte auf dem Weg umso schwerer bis unmöglich.

2. Study

Es ist der Ist-Zustand der lokalen Organisation mit seinen bisherigen Pros und Kontras bzgl. einer gedachten globalen Organisation herauszuarbeiten. Der Ist-Zustand sollte neutral und „unbeschönigt“ aufgenommen werden. Eine zu hohe Detailtiefe des Ist-Zustands versperrt eher den Blick auf das Wesentliche der Organisation, das es hierbei für alle Beteiligten verständlich zu ermitteln gilt.

3. Strategy

Basierend auf den ersten beiden Schritten, und in Anlehnung an die Strategie des Unternehmens ist die Strategie auf dem Weg zu einer globalen Organisation herauszuarbeiten. Dagegen gibt es häufig Widerstände. Sie kommen z.B. aus lokalen Complianceanforderungen, die mutmaßlich nicht so einfach durch die „globale Brille“ betrachtet werden dürfen. Des Weiteren gibt es Widerstände aufgrund von Zukunftssorgen von Mitarbeitern oder wegen Kompetenzstreitigkeiten zwischen unterschiedlichen Unternehmensbereichen sowie wegen Befürchtungen der Supply-Chain, dass Neuerungen zur Verlangsamung ihrer Prozesse und damit zur Verfehlung von Zielvorgaben führen könnten. Eine globale Strategie macht auch vor dem Hintergrund Sinn, dass Experten für die Themen Zoll und Exportkontrolle im Unternehmen eher rar gesät sind und es für die Erfüllung der Compliance keine Toleranzklausel gibt. Eine sinnvolle Möglichkeit der Organisationsoptimierung liegt daher in der Bündelung der Kompetenzen in einer Art Competence-Center, das als zentraler Ansprechpartner für alle anderen Beteiligten im Unternehmen fungiert. Unterstützend können IT-Systeme und veränderte Strukturen wirken.

4. Systems

„Think global, act local“ lautet die Devise, wenn es um die globale IT-Organisation für Zoll und Exportkontrolle geht. Globale Standards in Prozessen und Systemen helfen nicht nur, Kosten zu senken, sondern auch, durch die damit verbundene Transparenz die erforderliche Compliance leichter zu erreichen, zu halten und, aufgrund permanenter unterschiedlichster Änderungen interner und externer Art, fortlaufend zu optimieren. Der effiziente Einsatz von IT-Systemen im Zoll- und Exportkontrollmanagement steht und fällt aber auch mit einem Stammdatenmanagement, das fortlaufend hohen Qualitätsanforderungen genügen muss.

5. Structures

Mit den richtigen Strukturen für eine globale Zoll- und Exportkontrollorganisation lassen sich nicht nur die Complianceherausforderungen internationaler Supply-Chains meistern. Darüber hinaus helfen solche Strukturen, einen messbaren „Added Value“ zu erzeugen, indem sie die auf Zoll- und Exportkontrollthemen spezialisierten Mitarbeiter befähigen, sich besser integriert, permanent und in engem Kontakt mit allen Beteiligten der Supply-Chain (pro)aktiv für bessere Prozesse und Projekte einbringen zu können.

Dies setzt aber z.B. auch voraus, dass die Experten für Zoll und Exportkontrolle in einer globalen Organisation die Zeit und Fähigkeiten haben müssen, nicht nur im System, sondern am System arbeiten zu können. Shared-Service-Center können z.B. auch im Bereich des operativen Zoll- und Exportkontrollmanagements für die notwendige Entlastung der Mitarbeiter sorgen, die sich mit der dadurch gewonnenen Zeit besser in Projekte einbringen können, die am System arbeiten.

6. Synergies

Ein einmal richtig anhand der vorgenannten Schritte eingeschlagener Weg führt zwangsläufig auch zu Synergien mit positivem Effekt für die Compliance und die Kosten von Prozessen und Projekten durch eine verbesserte Qualität und ein zeiteffizienteres Management. Ein höherer Grad an Professionalität steigert zudem auch die Zufriedenheit aller Mitarbeiter und nicht nur derer aus dem Zoll- und Exportkontrollmanagement, die in der Vergangenheit möglicherweise von vielen im Unternehmen als „Bremser“, „Black Box“ oder „Bedenkenträger“ angesehen wurden.

8. Success

Es gilt die Weisheit, dass eine internationale Supply-Chain nur so gut sein kann wie das schwächste Glied in ihrer Kette. Schnittstellenfunktionen wie das Zoll- und Exportkontrollmanagement sind oftmals in vorrangig auf Einkauf, Produktion und Vertrieb fokussierten Organisationen im Vergleich zu den anderen Bereichen eher schwach ausgeprägt, obwohl sie ganz entscheidend für das Wohl und Wehe der Supply-Chain sein können. Mitunter ist dies bei mangelnder Transparenz Ausdruck eines Unwissens der Supply-Chain bzgl. Funktion, Interaktion und Bedeutung des Zoll- und Exportkontrollmanagements. Durch ein Mehr an Transparenz lassen sich u.a. neu gemischte Teams formen, die gemeinsam die Verbesserung von Prozessen und Projekten in Angriff nehmen und so eine Art „Winning Culture“ im Unternehmen für diesen Bereich erreichen können.

Fazit

Die Regeln im Zoll- und Exportkontrollrecht in Deutschland, Europa und der Welt sind komplex, aber sie folgen alle einem ähnlichen Anforderungsmuster auf der Basis internationaler Übereinkommen. Diese Tatsache lässt sich für globale Organisationen nutzbar machen. Die richtige und optimal integrierte Anwendung dieser Regeln im operativen Tagesgeschäft sowie in Projekten und in strategischen Planungen von internationalen Lieferketten ist oft mitentscheidend für den Unternehmenserfolg. Anhand der sieben Schritte in die eigene Zoll- und Exportkontrollorganisation getätigte Investitionen können die internationale Supply-Chain nicht nur erfolgreicher machen, sondern mit ihr zusammen auch globale „World Class“-Prozesse etablieren helfen, was wiederum mindestens mittel- und langfristig positive Auswirkungen auf die Kostenstrukturen von Unternehmen hat.

a.krause@gvw.com

 

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