Die zweite Auflage des „Deutschen Exporttages“ am 20. September 2017 stand ganz im Zeichen der kontrollierten Offensive auf den Auslandsmärkten. Den rund 200 Teilnehmern bot sich im Mannheimer Congress Center Rosengarten eine praxisorientierte Mischung aus Erfahrungsberichten von Unternehmern, Diskussionen über die aktuellen politischen und rechtlichen Herausforderungen sowie Lösungsansätzen für neue Instrumente der Exportdurchführung und -finanzierung.

Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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Trumps Rhetorik schreckt nicht

Andreas Baumüller hat einige Jahre für Schaeffler in den USA verbracht, bevor er die Führung des Familienunternehmens Baumüller übernahm. Das Denken dort unterscheide sich in vielen Fragen schon deutlich von deutschen Ansichten, resümierte er seine persönlichen Erfahrungen. Daher seien die Ankündigungen Donald Trumps auch eher als innenpolitische Rhetorik zu verstehen. Auch die anderen Diskussionsteilnehmer im Eröffnungspanel sorgten sich weniger um die politischen Irritationen in Washington und London als vielmehr um die zahlreichen Herausforderungen, die nicht täglich in der Zeitung stehen.

Patenttrolle ärgerlicher als Kopien

Dr. Gunther Kegel, Vorsitzender der Geschäftsführung von Pepperl + Fuchs und Präsident des VDE, verwies auf die gravierenden Auswirkungen von Patentklagen in den USA, die das Geschäft deutscher Technologieunternehmen stärker beeinträchtigten als die oft kritisierten Produktkopien und der Technologieklau in China. Sogenannte Patenttrolle würden Patente auf vorhandene, aber ungeschützte Technologie anmelden und anschließend Unternehmen verklagen, die diese Technologie nutzten. Um einem langen und unwägbaren Verfahren vor US-Gerichten zu entgehen, würden viele Unternehmen Vergleiche akzeptieren und Zahlungen leisten.

Lokale Produktion mindert Risiken

Für Frank Stührenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung von Phoenix Contact, liegen die Risiken der US-Politik vor allem in einer Aufwertung des Euro. Bei einem Wechselkurs von über 1,20 USD/EUR würde das Geschäft in US-Dollar leiden. Er war sich mit Dr. Kegel darin einig, dass der beste Schutz vor Währungsschwankungen und Protektionismus im Aufbau lokaler Wertschöpfung bestehe.

Die Wirkung der US-Handelspolitik beschränke sich nicht auf das direkte Geschäft mit den USA, ergänzte Gottfried Finken, Bereichsleiter Strukturierte Finanzierung der DZ BANK. Die Sanktionen gegen den Bau der zweiten Ostseepipeline träfen deutsche Unternehmen auch auf dem Drittmarkt Russland.

Auch Phoenix Contact bewege sich in Russland angesichts der Sanktionen auf einem schmalen Grat. Beim Aufbau eines neuen Werks habe man auf staatliche Fördermittel verzichtet, da die fördernde Stelle möglicherweise in den Fokus der Sanktionen kommen könnte. Er warnte zudem vor den Auswirkungen eines Handelskonflikts zwischen den USA und China. Auch davon wären deutsche Unternehmen massiv betroffen.

Zusammenarbeit fortsetzen

Auch wenn die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) wohl derzeit nicht weiterverfolgt werde, müsse man mit den USA im Dialog bleiben, forderte Gunther Kegel. Er verwies noch einmal auf die Gründung der Europäischen Union als Friedensprojekt, deren Wert angesichts der Entwicklungen in der Türkei und den USA nicht hoch genug geschätzt werden könne. Zudem habe Deutschland stark von der Einführung des Euro und dem Binnenmarkt profitiert. Man müsse sich zum Vergleich nur einmal die Probleme der Schweizer Wirtschaft mit dem starken Schweizer Franken anschauen.

Auch die Zusammenarbeit mit Russland müsse fortgesetzt werden, betonte Gunther Kegel. Er sieht im Konflikt um die Besetzung der Krim ein Patt zwischen Russland und dem Westen. Keine Seite könne nachgeben, ohne das Gesicht zu verlieren. Einige Unternehmer versuchten, die Beziehungen weiter zu pflegen, setzten sich dadurch aber öffentlicher Kritik aus. Nun machten Wettbewerber aus Asien das Geschäft.

In der Frage der Beschränkungen für chinesische Investoren in Deutschland wurden insbesondere zwei Aspekte thematisiert. Gunther Kegel sieht in den Firmenübernahmen Investitionen mit Staatsgeld nach den Vorgaben des Fünfjahresplans, die keinen freien Wettbewerb darstellten. Für Frank Stührenberg steht dagegen z.B. im Fall des Kaufs des Roboterherstellers  Kuka durch den Haushaltsgerätebauer Midea der Ausbau eines Beziehungsnetzes nach China im Vordergrund.

Großbritannien vor Neuausrichtung

Für die Baumüller Group bleibt Großbritannien auch nach einem Austritt aus der  EU interessant. Lediglich die Abwicklung der Finanzierung müsse geklärt werden, meinte Andreas Baumüller. Gottfried Finken berichtete sogar von einer Zunahme der Nachfragen investitionsbereiter Unternehmen in Großbritannien. Für Gunther Kegel liegt die Herausforderung der britischen Wirtschaft weniger im Brexit als vielmehr im Auslaufen der Ölförderung und im niedrigen Ölpreis, die Großbritannien finanzielle Einbußen bescheren dürften. Das Motiv für die Austrittsentscheidung sieht er in der Frage der Zuwanderung aus der EU.

Interne Exportkontrolle stärken

Nach der Plenumsdiskussion am Vormittag und den Themenforen zu einzelnen Märkten und Praxisbeispielen empfahl Georg Pietsch vom BAFA in seiner Keynote eine effiziente interne Exportkontrolle. Er verwies auf die entsprechenden Anforderungen der deutschen und europäischen Behörden, die eine ausführliche Risikoanalyse und den Aufbau einer angemessenen Organisation verlangten. Im anschließenden Themenforum zur Kontrolle des Technologietransfers stellte Christian Caesar von der MAG IAS GmbH die wesentlichen Prüfschritte und Maßnahmen dar.

Weitere Themenforen widmeten sich den Marktchancen in Brasilien, dem Geschäftsaufbau in Großbritannien, dem Einsatz von Software im Außenhandel, dem Management von Zahlungsrisiken in Osteuropa, der Finanzierung kleinerer Auftragswerte sowie der Handelspolitik von Donald Trump in den USA.

Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass die Erschließung schwieriger Märkte bei guter Vorbereitung möglich und erfolgversprechend ist, dass Märkte im Umbruch oft sogar besonders gute Geschäftschancen bieten, und dass digitale Angebote sowie eine engere Zusammenarbeit aller Beteiligten die Bearbeitung von Auslandsmärkten auch für kleinere Unternehmen erleichtern können.

Vorteile Europas nutzen

Zum Schluss widmete sich das On-Stage-Interview den Aussichten Europas. Barbara Böttcher, Leiterin des Referats Wirtschafts- und Osteuropapolitik bei DB Research, erläuterte in ihrem Eingangsstatement die wesentlichen institutionellen Bausteine der Europäischen Union und der Euro-Zone sowie die Bedeutung dieser Staatengruppen in der Weltwirtschaft.

Als zentrale Herausforderungen nannte sie die protektionistischen Tendenzen, wie sie beispielsweise im Brexit und handelspolitischen Äußerungen Donald Trumps zum Ausdruck kämen. Auf diese Entwicklung müssten die europäischen Staaten mit Augenmaß reagieren. Allerdings sei die Beschränkung chinesischer Investitionen nachvollziehbar, da sie zumeist mit staatlichem Kapital erfolgten und den Wettbewerb verzerrten.

Die aktuell gute konjunkturelle Situation und die weiterhin niedrigen Zinsen seien günstige Rahmenbedingungen für Reformen, stellte Böttcher fest. Die Geldpolitik dürfte erst mit einiger Verzögerung auf die Kursänderung in den USA reagieren.

Es gelte, strukturelle Anpassungen vor allem in den südlichen Mitgliedstaaten zu unterstützen. Frankreich gehe dabei voran. Ob die aktuellen Vorschläge zur Weiterentwicklung der Europäischen Union zielführend seien, hänge von der konkreten Ausgestaltung ab.

Die Präsentationen aus den Workshops und Impressionen vom 2. Deutschen Exporttag erhalten Sie unter folgendem LINK.

gunther.schilling@frankfurt-bm.com

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