Nach Jahren der Isolation hat Usbekistan unter seiner neuen Führung seinen Außenhandel liberalisiert. Das kurbelt die Wirtschaft des zentralasiatischen Landes an. Lokale Banken können den stetig steigenden Finanzierungsbedarf allein nicht decken.

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Grüne Oasen inmitten der Karakum-Wüste, beeindruckende Bauten islamischer Architektur in der Stadt Buchara, geschäftige Basare inmitten der Altstadt von Taschkent: Das zentralasiatische Land Usbekistan ist bei Touristen beliebt, die in die orientalische Welt eintauchen wollen. Mittlerweile kommen auch immer mehr Unternehmer nach Usbekistan.

Marktöffnung belebt die Konjunktur

Der neue usbekische Präsident Shavkat Mirziyoyev hat es sich zum Ziel gesetzt, das Image des Landes zu verbessern. Anders als sein Vorgänger Islom Karimov, der Usbekistan in die Isolation führte, setzt Mirziyoyev auf Offenheit: Das Land, das im Norden an Kasachstan und im Süden an Turkmenistan grenzt, liberalisiert zunehmend seine Wirtschaft und ­öffnet seine Märkte für ausländische Investoren.

Dieser Wechsel sorgt für wirtschaftlichen Aufschwung: Im vergangenen Jahr lag das inflationsbereinigte Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei 5%, zeigen Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF). In den kommenden Jahren soll das BIP-Wachstum IWF-Prognosen zufolge auf jährlich 6% steigen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt das jährliche BIP-Plus bei rund 1,5%.

Zwar macht der Agrarsektor nach wie vor einen Großteil der usbekischen Wirtschaftsleistung aus. Aber mit Förderprogrammen will die Regierung den Anteil industrieller Produktion am BIP in den kommenden Jahren immens erhöhen. Zu den wichtigsten Industriesektoren Usbekistans zählen neben der Lebensmittelindustrie die Textilbranche, der Bergbau, die Arzneimittelherstellung, die Baubranche und die Energiewirtschaft.

Liberalisierung des Devisenverkehrs

Mit der Abschaffung der Devisenbewirtschaftung hat Usbekistan jüngst einen Weg gefunden, seinen Außenhandel anzukurbeln. Während usbekische Unternehmen zu Zeiten der Vorgängerregierung 50% des Verkaufserlöses ihrer Exportgeschäfte in inländische Währung tauschen mussten, dürfen sie ihre Devisen nun komplett behalten. Das macht Exporte attraktiver.

Rund ein Drittel der Exporte des Landes entfällt auf Energieträger wie Gas. Außerdem haben Textilien, Obst und Gemüse sowie chemische Erzeugnisse und Metalle einen großen Anteil am Exportgeschäft. Da Usbekistan außerdem reich an Bodenschätzen ist, exportiert es in großem Stil Gold und Uran. Das Land besitzt Gold- und Devisenreserven in Höhe von 27 Mrd USD. Weitere Erfolgsmeldungen: Mit 16 Mrd USD bewegt sich die Außenverschuldung auf einem geringen Niveau. Ende des vergangenen Jahres erhielt Usbekistan ein BB-Rating.

Ausgeglichener Außenhandel

Bisher halten sich die Ein- und Ausfuhrvolumina in etwa die Waage. Im Jahr 2017 exportierte Usbekistan Waren und Dienstleistungen im Wert von 14 Mrd USD. Dem standen Importe im Wert von 13 Mrd USD gegenüber – vor allem Maschinen, Nahrungsmittel und Düngemittel.

Insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau zählt Deutschland zu den wichtigsten Handelspartnern Usbekistans. Das Land gilt als zweitwichtigster Handelspartner für Deutschland in Zentralasien: 2017 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von 600 Mio EUR nach Usbekistan – über 100 Mio EUR mehr als noch zwei Jahre zuvor.

Wachsender Finanzierungsbedarf

Die wachsende Wirtschaft Usbekistans bietet für ausländische Investoren und Unternehmen, insbesondere aus der DACH-Region, ein enormes Geschäfts­potential. Den damit verbundenen deutlich ansteigenden Finanzierungsbedarf können die lokalen Banken in Usbekistan nicht allein decken. Das hat mehrere Gründe: Von den 28 Geschäftsbanken, die es im Land gibt, befinden sich acht in staatlichem Besitz. Die größten Institute heißen NBU, Uzpromstroybank und Asaka. Diese Institute kontrollieren fast drei Viertel der Aktivitäten in Usbekistan.

Viele Banken im Land können keine privaten Großprojekte finanzieren, weil der Staat vorschreibt, dass die Sicherheiten 125% der Finanzierungssumme betragen müssen. Wer also einen Kredit über 1 Mio EUR benötigt, muss 1,25 Mio EUR an Geldvermögen, Immobilien oder Maschinen als Kreditsicherheit vorweisen können. Vielen usbekischen Unternehmen fällt es schwer, diese regulatorischen Anforderungen zu erfüllen.

Um Exporte nach Usbekistan abwickeln zu können, sind ECA-gedeckte Finanzierungen das richtige Instrument. Aufgrund der eher geringen Größe vieler usbekischer Unternehmen sind dabei Bank-zu-Bank-Kredite üblich: 90% der Exportfinanzierungen in der Region laufen über lokale Banken. Dafür hat die LBBW mit sechs Banken bilaterale Rahmenkreditverträge abgeschlossen. Die Finanzierungsform bietet viele Vorteile: Während der Importeur von seiner lokalen Bank eine langfristige und kostengünstige Finanzierung erhält, verringert sich das Zahlungsausfallrisiko des Exporteurs. Viele Geschäfte könnten ohne eine solche Finanzierung gar nicht dargestellt werden.

Positive Finanzierungsbeispiele

Mittlerweile hat die LBBW einige lokale Unternehmen bereits direkt finanziert – also nicht über den üblichen Bank-zu-Bank-Kredit. Bei diesen Finanzierungen, die nach deutschem Recht erfolgen, gilt die 125%-Regelung zu den Sicherheiten nicht. In der Zeit der Devisenbewirtschaftung waren die Finanzierungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Damals waren nur kurzfristige Handelsfinanzierungen über ausgewählte staatliche Institute darstellbar. Die Kredite hatten eine Laufzeit von maximal zwei Jahren und waren nicht Hermes-gedeckt.

Das größte Projekt, das die LBBW jüngst in Usbekistan begleitet hat, war eine ­ECA-Finanzierung in der Textilbranche. Rund 60 Mio EUR kosteten der Bau einer Fabrik und die Anschaffung moderner und nachhaltiger Maschinen zum Weben, Stricken und Färben aus Deutschland, Belgien und der Schweiz. Durch den Bau dieser Produktionsanlage werden über 1.500 Arbeitsplätze in Usbekistan ent­stehen.

Die LBBW ist die einzige deutsche Landesbank, die in Zentralasien vor Ort zu finden ist. Im Jahr 2015 hat sie eine Repräsentanz in der usbekischen Hauptstadt Taschkent eröffnet, um der steigenden Zahl an Geschäftsanfragen gerecht werden zu können. Ihre Kunden stammen zumeist aus der Textilbranche, aus der Medizintechnik, stellen Landmaschinen oder Nahrungsmittel her. Durch die Repräsentanz in Taschkent kann sie ihre Kunden bei allen Fragen zum Markteintritt beraten und Kontakte zu verschiedenen Dienstleistern vermitteln. Während das operative Bankgeschäft von Deutschland aus erfolgt, unterstützen die Mitarbeiter vor Ort Unternehmen mit ihrem lokalen Know-how. Perspektivisch erwarten wir, dass die usbekische Wirtschaft weiter wächst.

aziz.inomkhodjaev@LBBW.uz

www.LBBW.de

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