Am 2. August 2017 unterzeichnete US-Präsident Donald Trump ein Gesetz zur Implementierung und Ausweitung von Sanktionen mit weitreichenden Folgen: den „Countering America’s Adversaries Act“ (CAATSA), der zuvor von Senat und Repräsentantenhaus mit überwältigenden Mehrheiten beschlossen worden war. Durch das Gesetz werden die Sanktionen der USA gegenüber dem Iran, Russland und Nordkorea verschärft, mit unterschiedlichen Auswirkungen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Änderungen.

Von Marian Niestedt, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen, Maximilian Müller, Rechtsanwalt, Graf von Westphalen

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Die CAATSA-Regelungen, die die größten Auswirkungen auf die Praxis haben dürften, betreffen russische Banken sowie Öl- und Gasunternehmen. Aus deutscher bzw. europäischer Sicht dürften vor allem die neuen umfassenden sekundären Sanktionen in Bezug auf Russland relevant sein.

Eine Besonderheit des Gesetzes gegenüber vielen anderen Sanktionsprogrammen ist, dass das Ermessen des Präsidenten, das die Anwendung der Sanktionen betrifft, erheblich eingeschränkt wird. Viele CAATSA-Regelungen sind nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfen erst noch eines Umsetzungsaktes.

Russland

Das Gesetz erweitert den Umfang der Sanktionen, die sich gegen Russland richten. Es zielt auf wesentliche Bereiche der russischen Wirtschaft, wie den Finanz-, Transport- und Energiesektor, ab. Durch CAATSA wird außerdem ein Katalog neuer Sanktionen eingeführt, insbesondere eine (weitere) Beschränkung von Exporten und Bankgeschäften, die sowohl US-­Personen als auch Drittstaatsangehörige betrifft (sowohl natürliche als auch juristische Personen). Des Weiteren beschränkt das Gesetz das Ermessen der Exekutive hinsichtlich der Frage der Einführung bestimmter neuer Sanktionen und beschneidet die Befugnisse des Präsidenten, bestimmte Sanktionen einseitig zu beenden, auszusetzen oder abzuändern. Eine Vielzahl von Exekutiverlassen (Executive Orders – EO) wird zugleich durch CAATSA in Gesetzesform überführt.

Sanktionen für bestimmte Sektoren

Im Hinblick auf die im Jahre 2014 von den USA und der EU eingeführten sektorspezifischen Sanktionen gegen Russland wird das US Treasury Department’s Office of Foreign Assets Control (OFAC) durch CAATSA angewiesen, die diesbezüglich ergangenen Directives 1, 2, 3 und 4 zu erweitern. Davon betroffen sind viele der größten russischen Banken sowie Öl- und Gasunternehmen. Gemäß den Änderungen der Directives 1 und 2 unter EO 13662 vom 29. September 2017 wird das OFAC verpflichtet, die Laufzeit von Krediten (bzw. Forderungen) für solche Banken auf 14 Tage und für Öl- und Gasunternehmen auf 60 Tage zu begrenzen, während zuvor Laufzeiten von 30 bzw. 90 Tagen zulässig waren. Diese Änderungen treten am 28. November 2017 in Kraft und dürften von maßgeblicher Bedeutung sein – jedenfalls für Wirtschaftsbeteiligte in den USA –, da das OFAC die Regelung bisher so auslegte, dass jedwede Zahlungen an die sanktionierten Unternehmen für von diesen gelieferte Güter oder erbrachte Dienstleistungen erfasst sind.

Im Übrigen werden die Sanktionen hinsichtlich der Erkundung neuer Ölvorkommen und der Förderung von Öl ausgeweitet. Durch eine nach CAATSA zum 31. Oktober 2017 erfolgte Änderung von Directive 4 wird US-Personen verboten, für solche Vorhaben Güter zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen, die das Potential haben, in der Tiefsee, Arktis oder in Schiefervorkommen Öl zu fördern, sofern sanktionierte russische Unternehmen zumindest signifikante Anteile an dem Förderunternehmen haben. Davon wird ausgegangen, wenn betroffene Unternehmen zu mindestens 33% an dem Vorhaben beteiligt sind. Die bisherige Regelung galt demgegenüber nur für Vorhaben auf russischem Territorium, so dass es sich bei der Regelung um eine erhebliche Verschärfung handelt.

Außerdem ermöglicht CAATSA fortan neue Sanktionen gegen staatliche russische Unternehmen im Eisenbahnsektor. Es bleibt abzuwarten, wie restriktiv das OFAC seine neugewonnenen Befugnisse diesbezüglich ausüben wird.

Neue sekundäre Sanktionen

CAATSA sieht zudem eine Vielzahl neuer sekundärer Sanktionen vor. Diese sekundären Sanktionen zielen auf Drittstaatsangehörige ab, die sich außerhalb der Jurisdiktion der Vereinigten Staaten befinden. Dabei handelt es sich vor allem um die Versagung bestimmter Leistungen bzw. Vorteile seitens der USA. Darunter fallen etwa die Versagung von US-Ausfuhrgenehmigungen, das Verbot für US-Finanzinstitute, Kredite an betroffene Drittstaatsangehörige zu vergeben, das Einfrieren von sich in den USA befindenden Geldern, der Ausschluss von US-Vergabeverfahren oder die Verwehrung von Einreise-Visa. Grundsätzlich verpflichtende sekundäre Sanktionen gelten für folgende Bereiche („The President shall impose“), wobei die Verpflichtung zum Teil aus Gründen des fehlenden nationalen Interesses der USA eingeschränkt werden kann:

  • die Ölförderung, d.h. signifikante Investitionen oder Unterstützung für solche Projekte;
  • die Cybersecurity, d.h. Finanzdienstleistungen zur Unterstützung einer Person, die im Auftrag der russischen Regierung die Cybersecurity einer anderen Person angreift;
  • die Umgehung von Sanktionen durch signifikante Transaktionen mit Personen, die im Zusammenhang mit Nachrichtendiensten, dem Verteidigungssektor, Menschenrechtsverletzungen oder mit bereits vorhandenen Sanktionen stehen;
  • die Privatisierung russischen Staatsvermögens, d.h. Investitionen oder deren Ermöglichung ab einer Höhe von 10 Mio USD, die zur Privatisierung russischen Staatsvermögens beitragen und russische Regierungsoffizielle oder deren Partner ungerechtfertigt bereichern.

Weitere mögliche sekundäre Sanktionen („The President may impose”) betreffen insbesondere Pipelines, d.h. Investitionen bzw. deren Ermöglichung oder die Lieferung von Gütern, Technologie oder die Erbringung von Dienstleistungen von

1 Mio USD oder mehr oder von 5 Mio USD innerhalb eines Jahres, die Russlands Pipelines zum Energietransport direkt und wesentlich betreffen. Diese sekundären Sanktionen darf der US-Präsident dem Wortlaut der Regelung nach nur in Abstimmung mit den Verbündeten der Vereinigten Staaten verhängen („in coordination with allies of the United States“). Dieses Kooperationserfordernis wurde hinzugefügt, um die Bedenken der EU-Partner – insbesondere Deutschlands – im Hinblick auf das NordStream-2-Pipeline-Projekt abzumildern.

Teilweise erfassen diese weitreichenden sekundären Sanktionen nicht nur Ge-schäfte von Drittstaatsangehörigen mit Personen, die direkt von Sanktionen erfasst sind, sondern auch Geschäfte mit deren Angehörigen, d.h. Kindern, Eltern, Ehepartnern oder Geschwistern (ausschließlich natürliche Personen). Soweit keine weitere Klarstellung erfolgt, werden Exporteure vor der praktischen Schwierigkeit stehen, sicherzustellen, dass sie keine Geschäfte mit diesen Personen tätigen. Die Regelung dürfte daher zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Offen ist, inwieweit die Trump-Administration die o.g. neuen sekundären Sanktionen tatsächlich umsetzen wird.

Neue Liste mit russischen Personen veröffentlicht

Am 27. Oktober 2017 veröffentlichte die US-Regierung eine Liste mit russischen Unternehmen, die in Verbindung mit Russlands Geheimdiensten und dem Verteidigungssektor stehen sollen. Die Liste umfasst 39 Unternehmen und Organisationen. Darunter sind der Luftfahrtkonzern OAK, die staatliche Technologiefirma Rostec, das größte Schiffbauunternehmen United Shipbuilding Corporation sowie der Rüstungskonzern Almas-Antej und der Waffenhersteller Kalashnikov Concern JSC.

Die neuen Sanktionen sollen voraussichtlich am 29. Januar 2018 in Kraft treten. Jeder, der dann ab dem 29. Januar 2018 in einem „signifikanten Ausmaß“ in geschäftliche Beziehungen („significant transaction“) mit den gelisteten Personen und Organisationen tritt, d.h. auch europäische Unternehmen, riskiert einen Verstoß gegen US-Sanktionen. Was eine „significant transaction“ ist, ist nicht definiert. Das US State Department will insoweit auf die Gesamtheit der Umstände abstellen – hier besteht aber eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Iran

Im Hinblick auf den Iran enthält CAATSA zwar einige neue Sanktionen. Diese dürften indes für die Wirtschaftsbeteiligten kaum praktische Auswirkungen haben. Größtenteils überschneiden sie sich mit bereits bestehenden Sanktionen oder betreffen Bereiche wie die Berichterstattung der Exekutive gegenüber dem US-Kongress.

Beispielsweise schafft CAATSA zwar eine neue Rechtsgrundlage zur Sanktionierung der iranischen Revolutionsgarde, nämlich wegen deren Unterstützung des internationalen Terrorismus. Bei dieser Maßnahme handelt es sich aber im Ergebnis nicht um eine materielle Änderung der bisher bestehenden Rechtslage, da sich die Revolutionsgarde und eine Vielzahl mit ihr verbundener Personen bereits auf den entsprechenden Sanktionslisten befanden. Ähnliches gilt für die neuen Sanktionen betreffend Personen, die materielle Beiträge zum iranischen Raketenprogramm oder anderen Massenvernichtungsprogrammen erbringen, oder Personen, die in die Lieferung von Waffensystemen nach oder aus dem Iran involviert sind. Die Auswirkungen der neuen Vorschriften auf die Praxis werden ferner dadurch begrenzt, dass bestimmte Handlungen (humanitäre Transaktionen betreffend Medikamente, medizinische Güter oder landwirtschaftliche Rohstoffe) von den Sanktionen ausgenommen sind.

Zwar kündigte Präsident Trump Mitte Oktober eine neue Iran-Strategie an und verweigerte dem US-Kongress die Bescheinigung, dass der Iran den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) einhält. Bislang hat die neue Strategie aber keine praktischen Auswirkungen. Gleichwohl sollte die politische Entwicklung in den USA aufmerksam verfolgt werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die USA außerhalb des JCPOA neue Sanktionen gegen den Iran erlassen bzw. wieder in Kraft setzen.

Nordkorea

Auch für Nordkorea werden durch CAATSA bisher in Form von Exekutiverlassen bestehende Sanktionen in ein Gesetz überführt. Darüber hinaus sanktioniert das Gesetz weitere Tätigkeiten, wie den Erwerb von bestimmten Metallen und Mineralien aus Nordkorea sowie den Verkauf bzw. die Lieferung von Flugzeug- oder Raketentreibstoff nach Nordkorea. Auch die Unterstützung des Betriebs oder der Wartung von Schiffen und Flugzeugen sowie die Versicherung von Schiffen der nordkoreanischen Regierung werden fortan sanktioniert.

Eine Vielzahl weiterer Sanktionen ist nicht verpflichtend, sondern steht im Ermessen des US-Präsidenten, so dass sich erst zeigen muss, ob diese zur Anwendung kommen werden. Dies betrifft u.a. den Kauf von landwirtschaftlichen Produkten aus Nordkorea oder die Unterstützung des Onlinehandels des Landes. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Sanktionen durch die US-Regierung implementiert werden.

Ausblick

Durch CAATSA verstärken sich die Unterschiede zwischen den EU- und den US-Sanktionen. Von Bedeutung für die Praxis sind vor allem die Änderungen Russland betreffend. Wirtschaftsbeteiligte müssen sich auf erhöhte Compliance-Risiken einstellen und insbesondere im Hinblick auf die verschärften sekundären Sanktionen ihre Geschäfte bzw. Geschäftspartner noch genauer überprüfen, da Sanktionen wie der Ausschluss vom US-Markt leicht existenzbedrohende Auswirkungen haben können.

Auch wenn noch unklar ist, inwieweit die sekundären Sanktionen durch die Vereinigten Staaten tatsächlich umgesetzt werden, sollten Unternehmen außerhalb der USA angesichts der möglichen Folgen die dortige Entwicklung im Blick behalten. Einige Verordnungen zur Umsetzung der CAATSA-Sanktionen sind bereits ergangen, andere stehen noch aus. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, wie die Trump-Regierung die neuen Sanktionen handhaben wird.

m.niestedt@gvw.com

m.mueller@gvw.com

 

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