Die Weltzollorganisation (WCO) hat per 1. Januar 2017 Änderungen des Harmonisierten Systems (HS) publiziert und für den 1. Januar 2018 weitere Änderungen angekündigt. Dies hat Auswirkungen auf den „Harmonized Tariff Schedule of the United States Annotated“ (HTSA) und eventuell auf die Preisbildung bei Exporten in die USA. Exportierende Unternehmen sollten sich auf diese Änderungen vorbereiten.

Von Arne Mielken, BA (Hons) MA MIEx (Grad) CCLS, Senior Trade Specialist, Content (European Union), Amber Road

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Der rechtskonforme Export in die USA basiert immer auf einer korrekten Klassifizierung der Ausfuhrware in Übereinstimmung mit länderspezifischen Anforderungen. Änderungen des HS in der EU und in den USA können eventuell Aus­wirkungen auf Ursprungszeugnisse und Zolltarife haben oder Exportbeschränkungen auslösen. Besondere Aufmerksamkeit verlangen u.a. Dual-Use- und Rüstungsgüter sowie Waren, die von Antidumping- bzw. Kompensationszöllen betroffen sind (z. B. Stahl, Blech).

Darüber hinaus gelten spezielle Vorschriften für pflanzliche und tierische Produkte (Gesundheitszeugnis), Heilkräuter, Textilien, Gift, Pestizide (Etikettierungsvorschriften), Alkohol, Bekleidung, Chemikalien, Kosmetik und Pharmazeutika, Por­zellan, Keramik, Spielwaren und Möbel. Dafür ist eine korrekte Klassifizierung dieser Waren entscheidend.

Die rechtskonforme Einfuhr und Verzollung in die USA ist immer eine Heraus­forderung. Die Verzollung obliegt zwar dem US-Importeur, doch die Höhe des Zolls kann entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Ware sein.

Steter Wandel

Jedes Jahr werden einige statistische Warennummern an aktuelle Entwicklungen in Handel, Technologie, Umwelt- oder Gesundheitsstandards angepasst. Die Weltzollorganisation (WCO) nahm Änderungen bisher im Fünfjahresrhythmus vor. Zuletzt wurde am 1. Januar 2017 die Nomenklatur des HS 2012 durch das HS 2017 abgelöst. Insgesamt gab es über 200 Änderungen, die vor allem landwirtschaftliche, chemische Erzeugnisse, Holz, Maschinen und Apparate sowie Kraftfahrzeuge betrafen.

Allerdings hat die WCO inzwischen mitgeteilt, dass die Nomenklatur des HS mit Wirkung vom 1. Januar 2018 erneut korrigiert wird. Insgesamt sind weitere 53 Änderungen geplant. Darüber hinaus ist das HS 2022 bereits in Vorbereitung.

Von diesen Änderungen sind praktisch alle Länder weltweit betroffen. Aller-dings implementiert jedes Land das HS unterschiedlich. Die EU gibt Änderungen bei der HS-Nomenklatur praktisch im ­Jahresrhythmus bekannt. Auch die USA ändern immer wieder einige Waren- bzw. Zolltarifnummern. Der „Harmonized Tariff Schedule of the United States Annotated“ (HTSA) wird vom USITC (Office of Tariff Affairs and Trade Agreements) publiziert.

Unternehmen sollten sich daher regelmäßig darüber informieren, welche Änderungen in den Ländern, mit denen sie Handel treiben, wann bevorstehen und welche Auswirkungen dies auf ihre Produkte und Ursprungserklärungen hat.

Schwierige Warenklassifizierung

Die Produktklassifizierung ist die Basis für fast alle Steuern, Zölle, Gebühren und Exportkontrollen, die vom Zoll und anderen nationalen Behörden erhoben und durchgeführt werden. Eine korrekte ­Produktklassifizierung ist die Grundvoraussetzung für eine rechtskonforme Exportabwicklung (Compliance) und schützt Handelsunternehmen vor der Über-/Unterbezahlung von Zollabgaben.

Die Produktklassifizierung ist komplex und eine Kunst, die verschiedene Abteilungen eines Unternehmens und von Behörden herausfordert. Der erste Schritt ist eine fundierte Stammdatenaufbereitung. Darauf folgt die Zuordnung der Zolltarif- und Exportkontroll-Güterlistennummern.

Für Unternehmen bietet es sich an, die Produktprüfungs- und Klassifizierungsergebnisse bereichsübergreifend (Produktion, Import, Export) zu verknüpfen. Bei dezentralen Organisationen ist dies allerdings eine große Herausforderung. Hier kommt es immer wieder vor, dass komplizierte Produkte von verschiedenen Teams unterschiedlich ein- oder zugeordnet werden. Um solche Diskrepanzen zu vermeiden, sollte die Import-/Exportkontrollnummer zentral von einem Produktmanager/Techniker festgelegt werden.

Eine IT-gestützte Erfassung von Daten und eine Zentralisierung der Compliance-Stammdatenpflege sind empfehlenswert. Diese Stammdaten, die die Regelkonformität des Unternehmens gegenüber aktuellen länderspezifischen Handelsbestimmungen abbilden sollen, werden häufig nicht von ERP-Systemen abgedeckt, da die relevanten Inhalte der Gesetze fehlen oder das entsprechende Datenmodell nicht vorhanden ist.

Software und technische Dokumente

Nicht nur physische Güter unterliegen der Exportkontrolle, sondern auch Software und Technologie. Daher muss ein Exporteur prüfen, ob Leistungsbeschreibungen, technische Spezifikationen oder Konstruktionszeichnungen bewilligungspflichtige Informationen enthalten. In Bezug auf Software und Technologie ­können allein schon die Bereitstellung im Internet oder der E-Mail-Versand an einen ausländischen Geschäftspartner sowie das Mitführen solcher Unterlagen (in digitaler oder Papierform) auf einer Geschäftsreise ins Ausland einen genehmigungspflichtigen Ausfuhrvorgang darstellen.

Genehmigungspflichtig sind Software und Technologie bzw. technisches Wissen, die für die Entwicklung, Herstellung oder Verwendung von kontrollierten Gütern erforderlich sind bzw. im Falle von Software aufgrund ihrer Eigenschaften auch selbst Kontrollgrund sind. Die Klassifizierung von Software und technischen Daten/Dokumenten muss in Absprache mit der Genehmigungsbehörde für Ausfuhren von zivilen und Dual-Use-Gütern, dem BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle), erfolgen.

Kosteneffiziente IT-Lösungen

Verschiedene Softwarehäuser bieten ­IT-Lösungen an, die eine globale Produktklassifizierung und die Suche nach der richtigen Zolltarifnummer und Exportkontroll-Güterlistennummer unterstützen. Dabei werden die Entscheidungskriterien lückenlos dokumentiert, um spätere Audits zu erleichtern. Effiziente IT-Lösungen sparen Zeit und reduzieren kostspielige Fehler bei der Verzollung.

Eine gute Applikation erledigt auch komplexe Klassifizierungsaufgaben, beispielsweise wenn mehrere Produkte in einem neuen Endprodukt zusammenkommen (z.B. Werkzeug- oder Bestecksets). Eine Assistenzfunktion sollte Klassifizierungsteams beim Einordnen und Festlegen der wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale jedes einzelnen Artikels unterstützen. Es sollte ebenfalls möglich sein, die Klassifizierungsdatenbank nach der allgemeinsprachlichen oder juristischen Definition des Artikels zu durchsuchen.

Hilfreich ist auch die Zuordnung von mehreren Effektivdaten für die Produktklassifizierungen, um regelmäßige Aktualisierungen des HS-Codes zu berücksichtigen. Über ein Effektivdatum lässt sich die Verwendung von Codes vorausschauend beenden. So müssen Unternehmen nicht erst am Stichtag die Klassifizierung unter Zeitdruck umstellen.

Fazit

Der Export in die USA beginnt mit der Warenklassifizierung des deutschen Versenders. Eine gute Vorbereitung und Abstimmung innerhalb des Unternehmens sowie zwischen dem deutschen Exporteur, den Zollagenten auf beiden Seiten des großen Teichs und dem US-Importeur sind empfehlenswert. Ein solches Vorgehen hilft, Verzögerungen und kostenträchtige Fehler bei der Verzollung zu vermeiden.

Anforderungen

  • Erstellung einer Stammdatenbank
  • mit Hilfe von Produktion, Import und Export
  • Wahl und Zuordnung der richtigen Zolltarifnummern aus den komplexen ECN- und HS-Hierarchien
  • Anwendung der korrekten Nummern bei komplexen Klassifizierungen
  • Dokumentation des Entscheidungswegs für eventuelle Audits
  • Management der unterschiedlichen Klassifizierungssysteme von Behörden und Staaten
  • Berücksichtigung von Perioden, in denen sich Produktklassifizierungen häufig ändern, und von saisonal schwankenden Klassifizierungen

Informationsquellen

arnemielken@amberroad.com

 

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