Zum 1. Juli 2013 ist die Executive Order (E.O.) 13645 vom 3. Juni 2013 in Kraft getreten, die erstmals auch Lieferungen an den Automobilsektor des Iran betrifft: Sie erlaubt US-Sanktionen gegen ausländische Finanzeinrichtungen, wenn diese erhebliche Investitionen durchführen bzw. erleichtern, die in Verbindung mit dem Verkauf von Gütern für den Automobilsektor des Iran stehen. Was bedeutet dieser neue Rechtstext für Exporteure in der EU, die den Automobilsektor des Iran beliefern?

Von PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte

Ausgangsfall: Das deutsche Exportunternehmen D beliefert den iranischen Auto-mobilhersteller I mit Komponenten für die Herstellung von Fahrzeugen im Iran; die Finanzierung dieser Lieferungen übernimmt die deutsche Bank B. Angenommen, die Lieferaufträge betragen etwa 5 Mio USD jährlich. Führt nun die E.O. 13645 dazu, dass Ds Bank B die Finanzierung der Iran-Lieferungen sofort einstellen sollte?

Sanktionen für „ausländische Finanzeinrichtungen“: Es handelt sich um ein explizit extraterritoriales Gesetz, weil es allein nichtamerikanische (=„ausländische“) Finanzeinrichtungen betrifft. Es geht dabei um nichtamerikanische Banken, Broker, Kreditgeber, Geldwechsler, Wertpapierhändler, Warenterminhändler, Finanzdienstleister etc. Hier ist die deutsche Bank B in dieses Iran-Geschäft involviert. Sie ist offenkundig eine solche „ausländische Finanzeinrichtung“. Wenn die deutsche Bank B gegen diese Pflicht verstößt, indem sie eine „erhebliche Investition“ für den Automobilsektor des Iran „durchführt oder erleichtert“, drohen ihr vor allem die folgenden Sanktionen: Das Treasury Department kann ihr das Eröffnen oder Beibehalten von Korrespondenzkonten in den USA verbieten, bzw. es kann strikte Auflagen für die Beibehaltung eines solchen Kontos in den USA vorsehen. Zusätzlich könnten Sanktionen gegen D verhängt werden für einen Verstoß gegen das US-Iran Embargo, und u. U. kann hierfür auch die deutsche Bank wegen Beihilfe belangt werden.

Lieferungen für den „Automobilsektor“ des Iran: Ab dem 1. Juli 2013 sind alle Ge-schäfte von EU-Lieferanten erfasst, die den „Automobilsektor“ des Iran betreffen. Zum „Automobilsektor“ des Iran gehören das Herstellen oder der Zusammenbau im Iran von leichten oder schweren Fahrzeugen, auch von Pkw, Lkw, Bussen, Motorrädern etc., und das jeweils dazugehörige Ersatzteilgeschäft. Demnach betrifft der neue US-Rechtstext alle Lieferanten, wenn diese „erhebliche“ Güter für diese Automobilherstellung im Iran oder „erhebliche“ Ersatzteile hierfür in den Iran liefern. Sofern es sich um zentrale Komponenten für die Automobilherstellung im Iran handelt, dürften diese vom Tatbestand dieses neuen US-Rechtstextes betroffen sein. Allerdings fehlen Abgrenzungskriterien, welche Lieferungen von Automobilkomponenten oder Ersatzteilen als „erheblich“ anzusehen sind. Dies wird nur fallweise beantwortet werden können.

„Erhebliche Transaktionen“: Die schwierigste Rechtsfrage ist, ob es sich um „erhebliche Transaktionen“ für den Automobilsektor des Iran handelt, weil nur dann die genannten Sanktionen für die deutsche Bank B ausgelöst werden können. Hierfür ist § 561.404 der IFSR (Iran Financial Sanctions Regulations) zu berücksichtigen, der hierzu v.a. die folgenden Faktoren nennt:

  • Größe, Anzahl und Häufigkeit der Transaktionen bei D pro Jahr
  • Natur des Geschäfts, seine Komplexität und sein kommerzieller Zweck
  • Bewusstseinsniveau der Geschäftsführung: Zustimmung der Geschäftsführung oder Iran-Geschäft als Teil einer Businessstrategie bei D
  • Nähe zu gelisteten Personen
  • Einfluss auf Geschäfte, die nach CISADA verboten sind,
  • Umgehung des Iran-Embargos etc.

Allerdings fehlt vorläufig noch ein Guidance Document des OFAC, das sich eindeutig dazu äußert, ab welcher Größe, Anzahl und Häufigkeit der Transaktionen pro Jahr diese als „erheblich“ anzusehen sind. Solange eine solche Regelungslücke besteht, können u.U. im Wege der Analogie die CISADA-Schwellenwerte herangezogen werden. Hierfür müsste dann nur noch nachgewiesen werden, dass hierfür Interessensidentität zwischen dem Anliegen des CISADA und der E.O. 13645 besteht. Dies ist u.E. möglich, weil dieser neue US-Rechtstext weitgehend das gleiche Anliegen wie der CISADA verfolgt.

Lösung des Ausgangsfalls: Lieferaufträge von etwa 5 Mio USD jährlich für die Automobilwirtschaft des Iran sind sehr kritisch, weil die CISADA-Schwellenwerte (für den Ausbau der Raffineriekapazitäten des Iran etc.) meist bei ca. 5 Mio USD pro Jahr, z.T. auch bei 1 Mio USD pro Jahr, liegen. Da es hier um eine fallweise Betrachtung geht, sind alle Faktoren zu berücksichtigen. Sollten auch die Häufigkeit der Iran-Geschäfte und die Auswirkungen auf den Umsatz von D sehr hoch sein, dürfte dies im Zweifel dafür sprechen, dass es hier um eine „erhebliche Transaktion“ für die Automobilwirtschaft des Iran geht. Das gilt zumindest dann, wenn dieses Iran-Geschäft strategisch (im Rahmen eines Businessplans) betrieben wird und/oder eine Nähe zu gelisteten Personen besteht.

Resümee: Die Lieferanten für die Automobilindustrie des Iran werden sehr sorgfältig prüfen müssen, ob sie für die iranische Autoherstellung „erhebliche Güter“ liefern und ob ihre Finanzdienstleister eine „erhebliche“ Transaktion für die Automobilwirtschaft des Iran durchführen oder erleichtern. Falls ja, steigen die Risiken, dass sowohl die finanzierende Bank als auch der Exporteur mit US-Sanktionen rechnen müssen. Ob diese Transaktionen „erheblich“ sind, kann derzeit nur fallweise beantwortet werden.

Kontakt: info[at]hohmann-rechtsanwaelte.com

22 replies on “US- Iran- Embargo und deutsche Autozulieferer”

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