Auf politische und soziale Veränderungen der jüngsten Zeit reagiert Coface mit wesentlichen Herabstufungen in der Bewertung
einiger Länder. Damit trägt der internationale Kreditversicherer den Beeinträchtigungen für Unternehmen in diesen ­Ländern
Rechnung. Die Türkei, Russland und Venezuela stehen nach Einschätzung von Coface vor finanzwirtschaftlichen und politischen Herausforderungen.

Von Dr. Dirk Bröckelmann Economic Research, Coface, Niederlassung in Deutschland

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Die Türkei stuft Coface in der Länderbewertung auf B herab. Während sich die Konjunktur mit voraussichtlich 3,3% Wachstum 2014 noch recht stabil zeigt, bleibt auf Unternehmensseite die Auslandsverschuldung hoch. Die türkischen Unternehmen sind daher einem erhöhten Fremdwährungsrisiko ausgesetzt. Die Lira reagiert empfindlich auf Änderungen in der Geldpolitik der US-Notenbank Fed und hat sich als sehr volatil erwiesen. Auch die Zahlungserfahrungen von Coface mit türkischen Unternehmen haben sich deutlich verschlechtert. Auf politischer Ebene ist es sehr wahrscheinlich, dass die wachsenden Spannungen an den Landesgrenzen die innere Stabilität beeinträchtigen.

Die Länderbewertung für Russland wird auf C herabgestuft. Die Ukraine-Krise hat das Wachstum des Landes weiter geschwächt. 2014 dürfte es bei 0% liegen. Die Investitionen lassen nach, und der Konsum ist rückläufig. Die Schwierigkeiten bei Investitionen zeigten sich bereits 2013. Sie illustrieren das mangelnde Vertrauen der russischen Marktteilnehmer in das Geschäftsumfeld. Deutlicher Beweis dafür sind auch die beträchtlichen Kapitalabflüsse aus Russland seit 2008. Auch berücksichtigt Coface in ihrer Bewertung die hohe Verschuldung russischer Unternehmen in Fremdwährungen. Der begrenzte Marktzugang aufgrund der aktuellen Sanktionen und der sinkende Rubel-Kurs werden Unternehmen 2015 zu erheblichen Rückzahlungen zwingen.

Venezuela ist nun auf D herabgestuft. Das Land rutschte in die Rezession (–2,5%) und Hyperinflation (2014: 64%), angetrieben von Versorgungsengpässen und nicht zuletzt wegen der schwierigen ­politischen und sozialen Lage. Die Gefahr der Verstaatlichung und vor allem die Rationierung von Importen sowie die Preis- und Margenkontrolle belasten das sowieso schon schwierige Geschäftsumfeld für Unternehmen.

Langsam, aber sicher erholt sich das Wachstum weltweit

Die Weltwirtschaft ist in eine stetige, wenn auch langsame und uneinheitliche Erholungsphase getreten. Mehrere Faktoren sind für den mühsamen Aufschwung nach der Krise verantwortlich. Dazu zählen die hohe öffentliche und private Verschuldung, die nach wie vor zurückhaltendere Kreditvergabe als zur Vorkrisenzeit, aber auch die aufkommende Gefahr einer Deflation in der Euro-Zone und das nachlassende langfristige Vertrauen der wirtschaftlichen Akteure.

Coface erwartet für 2014 ein weltweites Wachstum von 2,8%. Es ist zwar um 0,1 Prozentpunkte und damit erstmals seit 2010 wieder höher als im Vorjahr, erreicht aber nicht das Niveau vor der Krise mit 4–4,5% in den Jahren 2006 und 2007. Die Industrieländer sind zum wichtigsten Motor dieses Aufschwungs geworden (einem Plus von 1,6% und damit 0,3 Prozentpunkten mehr als 2013), während die Schwellenländer ein schwächeres Wirtschaftswachstum verzeichnen müssen (4,3%, eine Senkung um 0,3 Prozentpunkte). 2015 wird sich das Wachstum mit geschätzten 3,2% weiter beschleunigen.
In der Risikolandkarte von Coface spiegeln die aktualisierten Länderbewertungen diese Verschiebungen des Wachstums wider. Die meisten Aufwertungen sind bei den Industrieländern zu verzeichnen. Alle Abwertungen dieses Quartals beziehen sich auf Schwellenländer.

Trotz Enttäuschungen: Länderrisiken in der Euro-Zone ­nehmen weiter ab

Während die Wirtschaft der USA nach einem externen Schock im ersten Quartal mit voraussichtlich 2% im Gesamtjahr wieder ein solides Wachstum aufweist, kommen die Länder der Euro-Zone nur sehr unterschiedlich voran. Aufgrund der ungünstigeren Aussichten für Deutschland (1,6%), Frankreich (0,4%) und Italien (–0,2%) wurde die Wachstumsprognose für die Region leicht nach unten auf 0,9% korrigiert. Coface beobachtet in der Euro-Zone einen Vertrauensverlust der Wirtschaft im zweiten Quartal, der durch die Spannungen in der Ukraine und das Deflationsrisiko noch geschürt wird.

In Spanien hält die positive Dynamik an. Hier ist ein Wachstum von 1,2% für 2014 und von 1,7% für 2015 zu erwarten. Die wiederauflebende Inlandsnachfrage, die verbesserte Finanzlage der Unternehmen, steigende Exporte und eine sinkende Zahl von Insolvenzen (30% Rückgang innerhalb eines Jahres, Stand Ende Juni) tragen zur Verringerung der Risiken in Spanien bei. Diese Verbesserungen veranlassen Coface, Spanien von der Bewertung mit B, die seit Juni mit positivem Ausblick versehen war, auf A4 hochzustufen.

Die A3-Bewertung der Niederlande (mit voraussichtlich 0,7% Wachstum 2014) und Belgiens (mit voraussichtlich 1% Wachstum 2014) wird wiederum unter Beobachtung für eine Aufwertung gestellt. Dank der guten Exportentwicklung sind beide Länder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt. Coface registriert steigende Investitionen und sinkende Insolvenzzahlen bei Unternehmen.

Kontakt: dirk.broeckelmann[at]coface.de

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