Die russische Nachfrage nach Maschinen und Anlagen aus Deutschland ist gewaltig. Als größter Erdgaslieferant spielt Russland bei der deutschen Energiewende eine bedeutende Rolle. Das Partnerland der diesjährigen Hannover Messe erhöhte seinen Warenbezug aus Deutschland 2012 erneut um mehr als 10%. Mit der bisher größten Präsenz auf einer Industriemesse signalisiert die russische Wirtschaft ihr großes Interesse an einem Austausch mit Deutschland.

Von Dr. Jochen Köckler, Vorstand, Hannover Messe

Am 7. April 2013 eröffnet Bundeskanzlerin Angela Merkel offiziell das weltweit bedeutendste Technologieereignis. Auch Wladimir Putin, Präsident der Russischen Föderation, kommt zur Hannover Messe 2013 und belegt damit eindrucksvoll das internationale Renommee der Veranstaltung. Russland ist das ideale Partnerland der Hannover Messe 2013. Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen werden sich zukünftig noch weiter intensi­vieren, und das Investitionspotential im russischen Markt übt eine hohe Anziehungskraft auf Aussteller und Fachbesucher aus.

Die russische Regierung lobt die Hannover Messe als eine der repräsentativsten Veranstaltungen in Bezug auf industrielle und wissenschaftlich-technische Innovationen weltweit. Der Minister für Industrie und Handel der Russischen Föderation, Denis Manturov, sagte: „Ich bin davon überzeugt, dass die bevorstehende Teilnahme Russlands als Partnerland der Hannover Messe 2013 den deutsch-russischen Beziehungen einen kräftigen Impuls verleihen wird.“

Allein deutsche Unternehmen planen nach einer Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer für das Jahr 2012 Investitionen in Höhe von knapp 1 Mrd EUR in den russischen Markt. Mehr als die Hälfte aller deutschen Firmen, die in Russland aktiv sind, erwarten keine Auswirkungen der Euro-Krise auf das eigene Geschäft. Laut Umfrage könnte Russland die Ausfälle im EU-Raum sogar kompensieren. Die positive Wirtschaftsentwicklung in Russland führte im Jahr 2012 bereits zu einer Steigerung der deutschen Exporte um 10,6%, die Hälfte der Lieferungen bestand aus Maschinen, Anlagen und Transportmitteln.

Das Partnerland der Hannover Messe 2013 spielt eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Russland ist der bedeutendste Gaslieferant für Europa. Der europäische Gasbedarf wird derzeit zu rund einem Viertel durch russisches Erdgas gedeckt. Laut einer Studie des Energie-konzerns ExxonMobil wird Erdgas in knapp 20 Jahren der wichtigste Energieträger sein. Ab 2030 werde Erdgas das bis dahin dominierende Mineralöl ablösen und damit entscheidend zum Erfolg der Energiewende beitragen. Schon jetzt stammt ein Drittel aller Gasimporte aus russischen Quellen. Das Land verfügt über die größten Erdgasreserven der Welt. Diese machen ein Viertel der weltweit sicher gewinnbaren Reserven aus.

Die russische Politik setzt nicht nur auf den Energiesektor. Neben den sportlichen Großereignissen bis 2018 wie Olympische Spiele, Formel 1 und Fußball-WM sorgen staatliche, sogenannte prioritäre Programme im Bereich der Landwirtschaft, des Wohnungsbaus und des Ausbaus der Infrastruktur für Chancen. Allein die staatliche Eisenbahngesellschaft plant bis 2014 Investitionen in Höhe von rund 27 Mrd EUR. Der wirtschaftliche Ausbau des fernöstlichen Föderalbezirks wird vom Staat bis 2013 mit rund 24 Mrd EUR gefördert. Präsident Wladimir Putin gab erst vor kurzem die Schaffung von 25 Millionen qualifizierten Arbeitsplätzen bekannt. Damit entstehen für europäische Großkonzerne, aber auch für deutsche kleine und mittelständische Unternehmen neue Möglichkeiten. Die Struktur der in Russland aktiven europäischen Firmen ähnelt der in Westeuropa. Mehr als 90% sind Mittelständler, die mit ihren hochspezialisierten Produkten erfolgreich sind.

Enormes Potential erwartet viele Unternehmer auch durch die Mitgliedschaft Russlands in der Welthandelsorganisation WTO. Durch die Entscheidung über den WTO-Beitritt Ende 2011 und die Präsidentschaftswahl besteht Klarheit über den wirtschaftlichen Kurs im Land. Die durch hohe Rohstoffeinnahmen geprägte Wirtschaft bietet europäischen Exporteuren sehr gute Absatzmöglichkeiten. Fahrzeuge, Maschinen und Elektrotechnik sind in Russland gefragt.

Die schrittweise weitere Öffnung des Marktes im Zuge des WTO-Beitritts erleichtert Unternehmen, sich im Markt zu positionieren. Zum einen werden Zolltarife und Zollwertrechte vorhersehbarer und der bilaterale Handel dadurch planbarer – spontane Tariferhöhungen zum Schutze der heimischen Wirtschaft, wie kürzlich für Landmaschinen, werden nicht mehr möglich sein. Zum anderen ist die russische Nachfrage nach Maschinen und Anlagen gewaltig, denn das Land baut seine Infrastruktur nach dem Investitionsloch 2009 in allen Bereichen kräftig aus.

Neben einer umfassenden Präsentation auf dem russischen Zentralstand in Halle 26 nutzt das Partnerland die Themenvielfalt der Hannover Messe, um die Stärken Russlands als Wirtschaftsmacht und sechstgrößte Volkswirtschaft hervorzuheben. Die Beteiligung russischer Aussteller wird sich dabei durch alle Schlüsselthemen ziehen.

So präsentiert das russische Energieministerium auf einer Fläche von rund 1.000 qm in Halle 13 die Vielfalt der russischen Energiebranche. Schwerpunkte sind Themen wie Energieerzeugung und -transport sowie die Modernisierung der Verteilernetze. Auf dem Gemeinschaftsstand des Russischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft in Halle 2 werden Kooperationsprojekte in der industrienahen Forschung gezeigt.

Die Stadt und Region Moskau sowie die Stadt St. Petersburg beteiligen sich darüber hinaus an der Metropolitan Solutions in Halle 1. Auf der erstmals eigenständigen Messe für Anwendungen und Lösungen für Metropolen und Megacitys werden technische Lösungen aus der Industrie für die Metropolen der Zukunft ausgestellt. Zudem werden russische Regionen wie Novosibirsk, Leningrad, Sverdlovsk, Kaluga, Kirov, Tomsk und Tatarstan als Aussteller erwartet.

Abgerundet wird die russische Beteiligung durch Fachforen und politisch wie wirtschaftlich erstklassig besetzte Konferenzen. Das Russische Ministerium für Forschung und Entwicklung plant eine Reihe von Informationsveranstaltungen während der Messe.

Als Partnerland der Hannover Messe 2013 legt die Russische Föderation ihren Fokus auf Energie, industrielle Automation und neue Materialien. Das gab George Kalamanov, stellvertretender Minister für Industrie und Handel der Russischen Föderation, am 21. Februar 2013 im Rahmen der Unterzeichnung des Partnerlandvertrags in Moskau bekannt.

Mehr als 100 russische Unternehmen präsentieren sich auf einer Ausstellungsfläche von 4.500 qm auf der Hannover Messe 2013. Darunter sind Firmen wie Gazprom, Rosnano, Russian Railway, Rosneft, Transnest, UralVagonZavod, RAO UES of Russia, Vnesheconombank, TMKGroup und Metalloinvest. Damit wird sich die Russische Föderation mit einer Rekordbeteiligung auf der Hannover Messe 2013 präsentieren. Noch nie haben sich so viele russische Unternehmen an einer Industriemesse außerhalb des eigenen Landes beteiligt.

Oliver Frese, Geschäftsbereichsleiter der Hannover Messe, der für die Deutsche Messe AG den Partnerlandvertrag in Moskau unterzeichnet hat: „Wir freuen uns in diesem Jahr besonders, erstklassige Unternehmen und hochrangige Besucher aus Russland in Hannover zu Gast zu haben. Damit wird die Hannover Messe ihren Anteil dazu beitragen, dass sich die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen künftig noch weiter intensivieren.“

Prof. Rainer Lindner, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, betont: „Der deutsch-russische Handel hat 2012 mit einem Volumen von über 80 Mrd EUR einen neuen Rekord markiert. Der russische WTO-Beitritt wird 2013 für zusätzlichen Schwung sorgen und gerade technologiestarken Mittelständlern neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen, deshalb ist Russland das ideale Partnerland der Hannover Messe 2013.“

Der Ost-Ausschuss wird am 8. April auf der Hannover Messe den deutsch-russischen Wirtschaftsgipfel organisieren. „Der geplante deutsch-russische Wirtschaftsgipfel ist für uns einer der Höhepunkte des gegenwärtig stattfindenden deutsch-russischen Partnerjahres 2012/2013, das der Ost-Ausschuss für die deutsche Wirtschaft mitorganisiert“, sagte Lindner. Laut einer aktuellen Ost-Ausschuss-Umfrage rechnen für 2013 über 80% der deutschen Unternehmen in Russland mit guten Geschäften und wollen dort über 800 Mio EUR investieren.

Kontakt: Jochen.Koeckler[at]messe.de

18 replies on “Russlands Modernisierung setzt auf deutsche Technik”

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