„Made in Germany“ hat Konjunktur – gerade in den USA. Die deutschen Exporte in die Vereinigten Staaten übertrafen 2016 mit 106,8 Mrd EUR erstmals wieder die Ausfuhren nach Frankreich (101,1 Mrd EUR), das 41 Jahre lang der wichtigste Abnehmer deutscher Güter und Dienstleistungen war. Selbst die Volksrepublik China kann da mit 76 Mrd EUR nicht annähernd mithalten. Ein Grund dafür sind die perfekten Rahmenbedingungen jenseits des Atlantiks.

Von Thomas Kienbaum, Head of Commerzbank Transaction Services International U.S.A., Commerzbank AG, und Thomas Praino, Advisor Trade Services, Commerzbank AG

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Das mit Abstand wichtigste Exportgut waren Fahrzeuge und Fahrzeugteile mit einem Volumen von über 30 Mrd EUR. Den zweiten Platz belegten Maschinen und Anlagen mit rund 18 Mrd EUR, gefolgt von Pharmaprodukten mit über 13 Mrd EUR, Datenverarbeitungsgeräten wie Computern, Fernsehern und Telefonen mit knapp 10 Mrd EUR sowie chemischen Erzeugnissen und elektrischen Ausrüstungen mit jeweils über 6 Mrd EUR.

Gerade im Maschinenbau erwartet man noch weitere Steigerungen, denn die USA bieten ein „attraktives Investitionsumfeld für die Industrie“, so der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Eine klare Mehrheit der in den USA tätigen Unternehmen erwartet für das laufende Jahr laut einer neuen VDMA-Umfrage ein Wachstum ihres Absatzes. Besonders gefragt sind vor allem Antriebstechnik, Bau- und Baustoffmaschinen, Fördertechnik, Werkzeugmaschinen und Landtechnik. Auch der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) berichtet von „derzeit schwungvollen Handelsbeziehungen“. Seit der Wirtschaftskrise 2008/2009 habe die Branche ihre Exporte in die Vereinigten Staaten um stattliche 80% gesteigert.

Qualität ist es nicht allein

Wie immer, so hat auch dieser Erfolg viele Väter. Qualität, ingenieurmäßige Perfektion und Zuverlässigkeit von Lieferungen aus Deutschland sind natürlich die Grundlage. Hinzu kommen aber auch ein passendes Umfeld, insbesondere der leistungsstarke US-Finanzmarkt, sowie effiziente Instrumente zur Abwicklung der Exporte und zur Absicherung des Währungsrisikos. Gerade diesen Aspekt sollten Exporteure nicht aus den Augen verlieren. Bisher zeigte sich der Euro unbeeindruckt von den politischen Ereignissen im Euro-Raum. Aber er könnte unter Druck kommen, wenn die Katalonien-Krise entgegen den Erwartungen nochmals deutlich eskaliert.

Starker Finanzmarkt …

Der US-Finanzmarkt ist deutlich größer und breiter aufgestellt als der europäische. Amerika vereinigt heute 53% aller investierbaren Börsenwerte auf sich. Damit überragen die USA alle anderen Volkswirtschaften. Auch der Greenback bleibt trotz aller Schwächen die domi­nierende Währung der Welt. Fast zwei Drittel aller Devisenreserven lauten auf US-Dollar – der Euro bringt es nur auf ein Fünftel.

Das gleiche Bild an den Bondmärkten: Auf US-Dollar lautende Anleihen sind bei Festverzinslichen das Maß aller Dinge. Das vermeintliche amerikanische Laster, sich hoch zu verschulden, wird hier zur Tugend. Amerika hat dadurch mehr Schuldtitel zur Auswahl als andere Nationen. Auch der Markt für US-Dollar-Anleihen ausländischer Gläubiger hat sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt. Zählt man die US-Dollar-Kredite hinzu, sind Ausländer für insgesamt 11 Bill USD verschuldet, wie aus Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hervorgeht. In keiner anderen Fremdwährung verschulden sich Firmen und Organisationen so stark.

… und weltgrößte Volkswirtschaft

Für die globale Wirtschaft haben die USA einen herausragenden Stellenwert. Mit einem Anteil von etwa einem Viertel am globalen Bruttoinlandsprodukt verfügen sie über die weltgrößte Volkswirtschaft. Der Wettbewerb ist auch ein Motor für die Innovation in den USA. Bei der Umsetzung von Ideen in marktreife Produkte wird ein hohes Tempo vorgelegt. Hinzu kommen das hohe Volumen an verfügbarem Wagniskapital und der tief in der amerikanischen Kultur verwurzelte Gründergeist.

Strategien für deutsche ­Unternehmen

Die Finanzierung und Absicherung von Einfuhren aus Deutschland stellt kein Problem dar. Standardinstrument ist dabei das Exportakkreditiv, das die amerikanische Bank des US-Importeurs zugunsten des deutschen Exporteurs eröffnet. Es kann auf Wunsch von einer deutschen Bank bestätigt und auch finanziert werden, so dass der Exporteur früher über Liquidität für zusätzliche Geschäfte verfügt.

Ersatz für Bankgarantie

Eine amerikanische Besonderheit ist der Commercial Stand-by Letter of Credit (CSLC). Er ersetzt im US-amerikanischen Recht weitgehend das Instrument der Bankgarantie. Der Grund hierfür ist vor allem in der Tatsache zu suchen, dass Bankgarantien in den USA nur von wenigen Banken bzw. nur unter strengen Voraussetzungen abgegeben werden dürfen. Dagegen kann ein CSLC von jeder Bank erteilt werden.

Der Stand-by Letter of Credit ähnelt Dokumentenakkreditiven, jedoch muss ihm kein Warengeschäft zugrunde liegen. Wird die abgesicherte Leistung nicht oder nicht fristgerecht erbracht, kann der Begünstigte von der Bank die vereinbarte Gewährleistung bzw. Zahlung fordern, wenn er die vereinbarten Dokumente vorlegt. Mit Stand-by Letters of Credit können warenbezogene Verpflichtungen (z.B. die Erfüllung von Kaufverträgen hinsichtlich der Lieferung, der Bezahlung oder der Gewährleistung) ebenso akkreditivmäßig abgesichert (garantiert) werden wie Verpflichtungen zur Rückzahlung von Krediten. Grundsätzlich können Stand-by Letters of Credit unwiderruflich bzw. widerruflich, unbestätigt bzw. bestätigt sowie übertragbar eröffnet werden.

Der Vertrag bestimmt den konkreten Betrag, der abgesichert ist, und das Datum, an dem die Sicherheit erlischt. Wie stets im US-amerikanischen Recht ist zudem eine Gegenleistung des Begünstigten an die Bank, beispielsweise in Form einer Gebühr, erforderlich. Aufgrund der Ähnlichkeit des Stand-by Letter of Credit mit den Dokumentenakkreditiven unterliegt dieser auch den Einheitlichen Richtlinien für Dokumentenakkreditive, deren Geltung aber ausdrücklich schriftlich vereinbart sein muss.

Optimierung des Liquiditätsflusses

Eine wichtige Funktion bei der Liquiditätssteuerung spielen zudem moderne Supply-Chain-Finance(SCF)-Lösungen. Sie steigern die Effizienz der Einkaufsprozesse, reduzieren Finanzierungskosten entlang der Supply-Chain und optimieren gleichzeitig das Working Capital. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welcher Lieferant oder Dienstleister in der Lieferkette was und auf welche Art und Weise finanziert.

Insbesondere für große Unternehmen eröffnet sich dabei die Möglichkeit, hohe Kapitalbestände durch eine kurzfristige Verlagerung etwa in Form von SCF zur Vorfinanzierung von Lieferanten in aktive Posten umzuwandeln. Durch das Ausnutzen von Skonti und anderen Discounts, die Lieferanten bei früherer Zahlung einräumen, winken attraktive Erträge für den Kreditor. Wenn der Käufer zu einer solchen Vorfinanzierung nicht bereit oder in der Lage ist, übernehmen Banken oder andere Investoren diese Funktion.

Auf der anderen Seite sind Lieferanten laufend mit der Optimierung des Working Capitals konfrontiert. Die in der Regel ungleichen Machtverhältnisse beispielsweise zwischen amerikanischen Weltkonzernen und mittelständischen deutschen Zulieferern führen oft dazu, dass Zahlungsziele verlängert und so die Kosten für die Finanzierung auf den Lieferanten abgewälzt werden. Die Folgen sind Liquiditätsengpässe seitens der Zulieferer, ein erhöhtes Risiko für Lieferantenausfälle und eine verschlechterte Beziehung zwischen Unternehmen und Lieferant. SCF schafft hier einen Ausgleich und bringt die verschiedenen Anforderungen von Unternehmen und Lieferanten unter einen Hut.

Quellen

https://www.welt.de/wirtschaft/article152863219/Was-hat-Amerika-was-Frankreich-fehlt.html

https://www.welt.de/finanzen/article162730564/So-dominieren-die-USA-die-Welt.html

https://www.channelpartner.de/a/alternative-formen-der-finanzierung,3050408

 

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