Am 27. Juli 2015 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine neue Bekanntmachung zu den Grundsätzen der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern veröffentlicht. Hiermit wird der Kreis der Exportvorhaben, bei denen zwingend ein Ausfuhrverantwortlicher vorgesehen ist, leicht ausgeweitet.

Von Dr. Lothar Harings, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen, und Adrian Loets, LL.M., Rechtsanwalt, Graf von Westphalen

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Die Ausweitung der Aufgaben für Ausfuhrverantwortliche betrifft die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern. So wird gemäß den neuen Regelungen künftig auch dann ein Ausfuhrverantwortlicher im Unternehmen erforderlich sein, wenn Dual-Use-Güter im Sinne von Teil I Abschnitt B der Ausfuhrliste im Anhang zur AWV in eines der „privilegierten“ Bestimmungsländer im Sinne der Allgemeinen Genehmigung (AGG) Nr. EU 001 (Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, die Schweiz einschließlich Liechtensteins sowie die USA) exportiert werden sollen. Bislang waren Ausfuhren in diese Länder vollständig ausgenommen. Künftig gilt dies nur noch für Ausfuhren von Dual-Use-Gütern im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 („Dual-Use-Verordnung“).

Die im Jahr 1990 eingeführte Figur des Ausfuhrverantwortlichen stellt eine Besonderheit des deutschen Exportkontrollrechts dar. Grundlegend ist seine Stellung in den „Grundsätzen der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern“ vom 25. Juli 2001 geregelt. Unternehmen, die Kriegswaffen, Rüstungsgüter oder Dual-Use-Güter exportieren oder innerhalb der EU verbringen möchten, müssen demnach grundsätzlich ihre Zuverlässigkeit nachweisen, indem sie einen Ausfuhrverantwortlichen bestellen. Dieser muss ein verantwortliches Mitglied des Vorstands bzw. der Geschäftsführung oder aber ein vertretungsberechtigter Gesellschafter sein. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Thema Exportkontrolle auf höchster Ebene des Unternehmens überwacht wird und die Unternehmensleitung die Verantwortung nicht auf die sachbearbeitenden Mitarbeiter „abschieben“ kann.

Die geläufige Feststellung, dass Exportkontrolle „Chefsache“ sei, ist somit keine Untertreibung: Der Ausfuhrverantwortliche fungiert gleichsam als persönlicher Anknüpfungspunkt für die Zuverlässigkeitsprüfung in Genehmigungsverfahren (§ 8 Abs. 2 AWG) durch das BAFA. Stellt sich der Ausfuhrverantwortliche als „unzuverlässig“ dar, hat dies zur Folge, dass Ausfuhrgenehmigungen und Nullbescheide des Unternehmens nicht positiv beschieden werden können. Schon der bloße Verdacht eines Verstoßes gegen außenwirtschaftsrechtliche Vorschriften gegen den Ausfuhrverantwortlichen führt dazu, dass bis zur Klärung des Sachverhalts von einer Entscheidung über Anträge abzusehen ist. Bereits erteilte Genehmigungen können widerrufen bzw. zurückgenommen werden, wenn sich der Verdacht erhärtet. Zudem können dem Unternehmen künftig striktere Auflagen, z. B. zu Endverbleibsnachweisen, auferlegt werden.

Der Ausfuhrverantwortliche übernimmt zugleich ein erhebliches eigenes Risiko: Er muss gegenüber dem BAFA eine „Verantwortungsübernahme“ für die Richtigkeit der von Mitarbeitern des Unternehmens in seinem Namen unterzeichneten Genehmigungsanträge erklären. Auf diese Weise können ihn straf-, aber auch ordnungswidrigkeitsrechtliche Konsequenzen treffen.

Auch persönlich drohen ihm bei Fehlern einschneidende negative Auswirkungen: Um Zweifel an der Zuverlässigkeit auszuräumen und die Bearbeitung ausgesetzter Genehmigungsanträge zu ermöglichen, kann es sogar bis zu seiner Suspendierung aus der Führung des Unternehmens kommen, auch wenn ein Verstoß noch gar nicht erwiesen ist. Es handelt sich also um eine Position von heraus­ragender Verantwortung gekoppelt mit einem hohen persönlichen Risiko.

Die jüngste Neuregelung stellt nun eine weitere (wenn auch kleine) Verschärfung der Anforderungen an die innerbetrieb­liche Exportkontrolle dar. War ein Ausfuhrverantwortlicher anfangs bloß dann notwendig, wenn das betreffende Unternehmen Kriegswaffen oder rüstungsrelevante Güter, einschließlich Dual-Use-Güter, in besonders sensible Länder (frühere Länderliste H in der Anlage zur AWV a.F.) exportierte, so wurde dieses Verhältnis bereits mit der Bekanntmachung der Neufassung der Grundsätze im August 2001 umgekehrt: Der Ausfuhrverantwortliche wurde allgemein verpflichtend, wenn nicht die Ausfuhr in einen der „privilegierten Staaten“ in Anhang II, Teil 3 der damaligen Dual-Use-Verordnung, der VO Nr. 1334/2000, stattfand. Seit Juli 2015 nun ist ein Ausfuhrverantwortlicher erforderlich für die Ausfuhr aller erfassten Güter gemäß

Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (EG-Dual-Use-VO) mit Ausnahme von Ausfuhren in die Länder des Anhangs II a Teil 2 (EG-Dual-Use-VO),

Anlage 1 (Ausfuhrliste AL) der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und

Anlage Kriegswaffenliste des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG).

Dem Wortlaut nach ist der Ausfuhrverantwortliche also bei Dual-Use-Gütern künftig immer erforderlich, es sei denn, es handelt sich um die Ausfuhr von Gütern in Anhang I der VO 428/2009 in ein privilegiertes Land im Sinne der AGG Nr. EU 001, die sich in deren Anhang IIa befindet. Das wirft die Frage auf, ob es genügt, dass der räumliche Anwendungsbereich der AGG greift, oder ob auch der sachliche Anwendungsbereich der AGG vollständig eröffnet sein muss. Denn die AGG greift nicht, wenn es sich um besonders sensitive Güter nach Anhang II g Dual-Use-Verordnung handelt (vgl. Teil 1 von Anhang II a VO 428/2009). Dagegen spricht, dass die Bekanntmachung vom Juli 2015 nur an das Bestimmungsland im Sinne der AGG anknüpft und nur auf Teil 2 des Anhangs

II a verweist und nicht etwa auf Teil 1, der die sachliche Einschränkung enthält. Da das BAFA offenbar die alte Privilegierung allein diesen Gütern zukommen lassen wollte, spricht viel dafür, dass allein das Bestimmungsziel maßgeblich ist.

Eindeutiger scheint die Lage dagegen bei Dual-Use-Gütern im Sinne der Ausfuhrliste Teil 1 Abschnitt B. Sofern diese Güter auch zugleich in Anhang I VO 428/2009 gelistet sind, kommt bei privilegierten Staaten eine Nutzung der AGG Nr. EU 001 in Betracht – dies allerdings nur, soweit es keine sensitiven Güter sind. Greift die AGG ein, so bedarf es keiner Einzelgenehmigung. Dann greifen auch die Grundsätze der Bundesregierung nicht, die nach ihrem klaren Wortlaut nur bei Genehmigungsverfahren zum Zuge kommen. Andernfalls muss eine Genehmigung beantragt werden und dabei ein Ausfuhrverantwortlicher nachgewiesen sein.

Fazit

Unter dem Strich bleibt von der Verschärfung hinsichtlich privilegierter Bestimmungsstaaten wenig übrig: Ausfuhren von Dual-Use-Gütern nach der AL in privilegierte Staaten bedürfen künftig nur dann eines Ausfuhrverantwortlichen, wenn sie nicht unter die AGG Nr. EU 001 fallen. In Anhang I VO 428/2009 aufgeführte Güter können hingegen auch in Zukunft ohne weiteres in privilegierte Staaten exportiert werden.

Die Neuregelung der Bekanntmachung zu den Grundsätzen der Bundesregierung verdeutlicht aber einmal mehr, dass aus Sicht der deutschen Exportkontrollbehörden der Ausfuhrverantwortliche das zentrale Instrument bleibt, um die innerbetriebliche Exportkontrolle sicherzustellen, und daher möglichst umfassend eingeführt werden soll. Mittelfristig sollten im Außenhandelsverkehr tätige Unternehmen daher auch dann die Bestellung eines Ausfuhrverantwortlichen in Erwägung ziehen, wenn dies nach der Bekanntmachung des BAFA nicht zwingend gefordert ist – der Ausfuhrverantwortliche ist ein entscheidender Faktor des internen Compliancesystems eines Exportunternehmens.

Kontakt:

l.harings@gvw.com

a.loets@gvw.com

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