Mediale Schlagzeilen bringen es mitunter mit einfachen Botschaften auf den Punkt: Während das Magazin „The Economist“ noch zur Jahrtausendwende Afrika als „The hopeless continent“ betitelte, hat sich das Bild vom „schwarzen Kontinent“ in den ­vergangenen Jahren stark gewandelt. „Africa rising“ ist nunmehr der Inbegriff der Hoffnungen, dass Afrika am Beginn eines ­gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwungs steht, der auch Chancen für die deutsche Exportwirtschaft bietet.

Von Dr. Nadja Marschhausen , Director, ECA-Deckungen und Fördermittel, KfW IPEX-Bank

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Afrika gehört die Zukunft

Die Wirtschaftsleistung Afrikas hat sich im vergangenen Jahrzehnt verdreifacht. Für die kommenden zwei Jahre prognostizieren die Experten Zuwachsraten von 4,6% bis 4,9% p.a., womit unverändert Afrika als die am schnellsten wachsende Region der Welt gilt.

Die Chancen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind gut. Ursächlich für die Wirtschaftskraft der früheren Jahre waren vor allem die Einnahmen aus den hochvolatilen Öl- und anderen Rohstoffgeschäften. Der Wachstumsmotor erhält nun aber neue Antriebsmittel, die die Volkswirtschaften auch unter dem Eindruck des Ölpreisverfalls weiter voranbringen sollten.

So stützt sich das Wachstum vor allem auf die starke Binnennachfrage der wachsenden Mittelschicht. Der Handel mit verarbeitenden Gütern nimmt stetig zu und ruft nach Investitionen in den Auf- und Ausbau lokaler Wertschöpfungsketten. Zwar ist Afrika noch immer kaum in den globalen Handel mit Gütern und Dienstleistungen integriert; gleichwohl entwickelten sich in den vergangenen Jahren in Afrika erfolgreich regionale bzw. länderspezifische Zentren für einzelne Branchen und Produktionszweige.

Der Investitionsbedarf ist Segen und Fluch zugleich. Vor welchen gigantischen Aufgaben und Chancen Afrika bei seiner Aufholjagd steht, verdeutlicht insbesondere das Problem der Urbanisierung. Vom rasanten Bevölkerungswachstum begleitet, werden afrikanische Megacitys mit Bevölkerungen von 7 bis 20 Millionen Einwohnern entstehen, die enorme Wirtschaftsleistungen versprechen. Urbani­sierung setzt aber Investitionen in die soziale Infrastruktur (d.h. Wohnungsbau, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser etc.) voraus. Städtebauliche Grundbe­dürfnisse nach Nahverkehr, Stromnetz, Trink- und Abwasserversorgung oder Müllbeseitigung müssen befriedigt werden. Zukunftsfähige Transportnetze sind für den transkontinentalen Personen- und Güterverkehr zwischen den afrika­nischen Megacitys unerlässlich. Über allen hier genannten Teilaspekten thront zudem der wachsende Energiehunger der Afrikaner.

Nachholbedarf für Handel und Investitionen

Mit diesen glänzenden Wirtschaftsaussichten wird Afrika für die deutsche Exportwirtschaft immer interessanter. Gleichwohl agieren deutsche Firmen bei einem fraglichen Engagement in Afrika aufgrund der wahrgenommenen wirtschaftlichen und politischen Risiken noch immer vorsichtig. So hat das gesamte Handelsvolumen mit Afrika nach Angaben des DIHK von 2010 bis 2013 zwar um ca. 20% zugelegt, aber der Anteil am deutschen Gesamtaußenhandel stagniert insbesondere bei den Ländern der Subsahara-Region weiterhin auf einem niedrigen Niveau von ca. 1,3%.

Während andere Exportnationen schon stärker auf dem Kontinent aktiv sind, bleibt das Engagement deutscher Unternehmen in Afrika also noch ausbaufähig. Was sind entscheidende „Roadblocker“, die deutsche Exporteure und Investoren zögerlich agieren lassen? Nach Einschätzung des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft sind dies gemäß dem im Frühjahr 2014 im Rahmen des Positionspapiers „Wachstumsmarkt Afrika – Chancen für die deutsche Wirtschaft“ vorgestellten Forderungskatalog in erster Linie unzureichende Finanzierungsmöglichkeiten und Risikoabsicherungen.

Erweiterung der Deckungspolitik für staatliche Exportkreditgarantien

In der Vergangenheit sicherte der Bund in vielen Subsahara-Ländern lediglich Exportgeschäfte mit privaten Bestellern und zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen (d.h. bis zwölf Monate Laufzeit) ab. Doch der rasante Wandel in Afrika und die wachsende politische und wirtschaftliche Bedeutung des Kontinents bewirkten ein Umdenken: Dem in den afrikapolitischen Leitlinien festgehaltenen Ziel, die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung noch effizienter zu nutzen und auszubauen, ist die Bundesregierung nun gefolgt und hat die Möglichkeiten der Absicherung für Exportgeschäfte in sechs Staaten der Subsahara-Region (Äthiopien, Ghana, Kenia, Mosambik, Nigeria und Tansania) erweitert.

Der Bund sichert nunmehr in den genannten sechs Ländern Geschäfte mit kurzfristigen Zahlungsbedingungen uneingeschränkt sowie solche mit mittel- und langfristigen Zahlungsbedingungen sowohl für private als auch öffentliche Besteller ab. Daneben bestehen die Deckungsmöglichkeiten für Projektfinanzierungen und sonstige strukturierte Finanzierungen fort.

Die jüngste Erweiterung der Deckungsmöglichkeiten wird gemäß der offiziellen Beschlusslage nicht durch Plafonddimensionierungen oder sonstige Orientierungsgrößen eingeschränkt. Maßgeblich für die Förderungswürdigkeit und risikomäßige Vertretbarkeit sind u.a. Sicherheiten:

– Für Geschäfte mit dem privaten Sektor sind bei nicht ausreichender Bonität des Bestellers Banksicherheiten erforderlich; hierbei akzeptiert der Bund auch Garantien der lokalen African Export-Import Bank.

– Für Geschäfte mit dem öffentlichen Sektor sind in allen sechs Ländern Staatsgarantien erforderlich. Für Äthiopien, Ghana und Tansania gilt außerdem das Zusatzerfordernis projektbezogener Risikominimierungen. Dies sind nach Auskunft von Euler Hermes einzelfallabhängig u.a. Absicherungen durch eine „Political Risk Insurance“ (z.B. als Rückversicherung zugunsten des Deckungsgebers) oder zusätzliche Besicherungen, wie sie bei strukturierten Finanzierungen bekannt sind (z.B. Schuldendienstreservekonten).

Die Ausweitung der Deckungsmöglichkeiten geht nicht mit einer Verbesserung der Risikoeinstufung der sechs afrikanischen Länder einher. So verbleiben bis auf weiteres gemäß der aktuellen OECD-Beschlusslage Ghana und Nigeria in der Länderkategorie 5, Mosambik, Kenia und Tansania in der Länderkategorie 6 sowie Äthiopien in der Länderkategorie 7. Hinter der Risikoeinstufung steckt für die deutschen Exporteure ein knallharter Wettbewerb, bei dem nicht nur der Preis und die Qualität der Güter und Leistungen eine Rolle spielen, sondern auch die Entgelte für die mit dem Exportgeschäft verbundenen Deckungen.

Während die Einstufung eines Landes OECD-weit verbindlich festgelegt ist, kann gleichwohl die Deckungspolitik der Mitgliedsstaaten im Detail abweichen, wie z.B. bei der Höhe des Selbstbehaltes für Finanzkreditdeckungen. Der Subsahara-Beschluss der Bundesregierung sieht im Fall von Äthiopien, Ghana, Mosambik, Nigeria und Tansania eine Erhöhung des Selbstbehaltes von 5% auf 10% vor. Dieses Vorgehen dürfte die im Positionspapier des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft niedergelegten Wünsche, zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen positive Entwicklungen und Prognosen hinsichtlich afrikanischer Länder noch stärker und zügiger in die Risikobetrachtung einfließen zu lassen, nicht vollständig erfüllen.

Weitere Alternativen und Ergänzungen

Erste Schritte zur Verbesserung der Förderung von Auslandsvorhaben in einigen afrikanischen Wachstumsmärkten sind also unternommen. Einen Blankoscheck der Bundesregierung für die umfassende Absicherung der Afrika-Exporte wird es aber schon aus Gründen der risikomäßigen Vertretbarkeit nicht geben. Umso wichtiger erscheint es, bei der Finanzierung dieser Auslandsvorhaben von der Strukturierungsberatung und Erfahrung der im Auslandsgeschäft tätigen Banken und Spezialinstitute zu profitieren. Denn die zunehmende Komplexität der Exportgeschäfte mit vielschichtigen Liefer-, Investitions- und Finanzierungsstrukturen kann zu eigenen Zwecken genutzt werden:

– Die Internationalisierung von Unternehmen und deren globaler Wertschöpfungsketten mit ausländischen Tochter- und Kooperationsfirmen sowie Joint-Venture-Partnern bietet vielfältige Ansätze einer Optimierung der Mixtur von deutschen Lieferungen und Leistungen, internationalen Zulieferungen und Lokalanteilen. Diese Optimierung vervielfältigt die Möglichkeiten des Zugriffs auf geeignete staatliche Risikoabsicherungen.

– Die Einbeziehung regionaler Projektpartner kann den Zugang zu potentiellen Versicherern und weiteren Akteuren verbreitern. So kann sich insbesondere in der Subsahara-Region bei Projekten mit innerafrikanischem Handel eine Einbeziehung der südafrikanischen Export Credit Insurance Corporation (ECIC) empfehlen. Die multinationale African Trade Insurance Agency (ATI) bietet für Vorhaben in den Zielstaaten Political-Risk-Insurance-Produkte an. Darüber hinaus offeriert die African Development Bank mit dem Instrument der „Partial Risk Guarantee“ eine weitere geeignete Risikoabsicherung.

– Zusätzliche Möglichkeiten bietet die zielgerichtete Ausweitung von ECA-gedeckten Rahmenkreditvereinbarungen zwischen europäischen und geeigneten afrikanischen Finanzinstitutionen. Unter diesen Rahmenkrediten können Einzelprojekte schnell und standardisiert abgeschlossen werden.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen können in Zukunft Spezialbanken eine wichtige Rolle bei der Absicherung und Finanzierung von Exporten nach und Investments in Afrika übernehmen. Auslandsvorhaben und die Projektbeteiligten werden von den Produktkenntnissen dieser Spezialbanken mit dem Ziel profitieren, die vorhandenen Risikoabsicherungen möglichst effektiv und wo möglich in Kombinationen einzusetzen. Um solche innovativen und vorteilhaften Finanzierungen zu erarbeiten, ist es mehr als empfehlenswert, in einem frühen Stadium an diese erfahrenen Spezialbanken heranzutreten.

Kontakt: nadja.marschhausem[at]kfw.de

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