Die Hälfte der südosteuropäischen Länder ist EU-Mitglied. Kroatien hat als bislang letztes Land 2013 die Mitgliedschaft erlangt. Albanien, Mazedonien, Montenegro und Serbien sind Beitrittskandidaten. Wenn auch teilweise eine EU-kritische Haltung herrscht, sind das Streben nach einer Integration in die EU und der Teilnahme an diesem gewaltigen Markt stark ausgeprägt.

Südosteuropa besteht aus so unterschiedlichen Ländern wie Griechenland, Zypern, Rumänien, Bulgarien und Albanien. Hinzu kommen die Länder des früheren Jugoslawiens, also Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, das Kosovo, Montenegro und Mazedonien. Die Märkte sind offen und interessant. Risiken lassen sich absichern.

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Trotz der Heterogenität und unterschiedlichen historischen Entwicklungen zeigen die Länder Südosteuropas einige Gemeinsamkeiten. Die meisten Länder teilen die slawische Kultur und Sprache, lediglich Albanien (mit einem Teil des Kosovos) und das romanisch sprechende Rumänien haben starke eigene Wurzeln. Griechenland und der südliche Teil Zyperns haben eine gemeinsame Sprache und den gleichen kulturellen Hintergrund. Insgesamt leben in Südosteuropa ca. 65 Millionen Menschen, darunter 21 Millionen in Rumänien und 11 Millionen in Griechenland.

Gemeinsamkeiten in der Vielfalt

Der Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien in den 90er Jahren hat tiefe Spuren hinterlassen, die noch immer nicht ganz beseitigt sind. Mehrere Staaten der Region sind seit längerem NATO-Mitglieder: Rumänien, Griechenland, Bulgarien, Slowenien, Kroatien, Albanien und Montenegro. Bosnien-Herzegowina, bis heute das am meisten zerrissene Land der Region mit seinen zwei Teilrepubliken Bosnisch-kroatische Föderation und Republika Srpska, sowie Mazedonien sind Beitrittskandidaten.

Die Hälfte der hier genannten Länder ist EU-Mitglied. Kroatien hat als bislang letztes Land 2013 die Mitgliedschaft erlangt. Albanien, Mazedonien, Montenegro und Serbien sind Beitrittskandidaten. Wenn auch teilweise eine EU-kritische Haltung herrscht, sind das Streben nach einer Integration in die EU und der Teilnahme an diesem gewaltigen Markt stark ausgeprägt. Bei der Einführung des Euro lassen sich viele Länder Zeit, um sich eine stärkere Flexibilität zu bewahren. Neben Griechenland und Zypern hat lediglich Slowenien unter den südosteuropäischen Ländern den Euro eingeführt (2007). Montenegro ist ohnehin ein Sonderfall, das 2000 die D-Mark als lokale Währung einführte, nicht zuletzt als Vorbote zur Loslösung von Serbien, die nach einem Referendum mit äußerst knappem Ausgang 2006 erfolgte. Später wurde auf den Euro umgestellt.

Wirtschaftliche Lage

Im Außenhandel spielen viele dieser Länder eine eher untergeordnete Rolle angesichts geringer Größe und relativ niedriger Wirtschaftsleistung. Interessant ist, dass Zypern mit seinem starken Dienstleistungs- und Finanzsektor sowie Griechenland – über beide wurde in den vergangenen Jahren oft kritisch berichtet  – unter den hier genannten Ländern mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 32.000 Euro bzw. 24.000 Euro deutlich vor den anderen Ländern liegen, gefolgt von Slowenien, dem traditionell wohlhabendsten Land in Ex-Jugoslawien, mit 21.000 Euro. Das Schlusslicht bildet hier das von zahlreichen Ländern nicht als Staat anerkannte Kosovo mit 3.900 Euro, das mit 30% auch die höchste Arbeitslosenquote aufweist, gefolgt von Mazedonien (23%) und Griechenland (22%). Insgesamt ist aber in der Region ein abnehmender Trend bei der Arbeitslosigkeit zu erkennen.

Die größte Wirtschaft mit einem BIP von 188 Mrd EUR stellt Rumänien, das mit 5,3% die niedrigste Arbeitslosenquote hat und mit einer Staatsverschuldung von 37% des BIP einen günstigen Wert aufweist.  Rumänien profitiert von einem beträchtlichen Rohstoffreichtum (Öl, Holz, Kohle und Eisen) sowie von einer relativ starken Industrialisierung und Exportorientierung.

Griechenland stand im Rahmen der Finanz- und Schuldenkrise lange Zeit im Fokus des Interesses. Es gibt durchaus noch Probleme, wie man auch an der noch immer schwierigen Kreditlage der lokalen Banken sieht. Andererseits gibt es auch gute Nachrichten: Die Ratingagenturen haben ihre Einschätzungen für Griechenland in diesem Jahr angehoben (z. B. S&P auf B+, Moody’s auf B3). Im August 2017 kehrte Griechenland mit einer 5-jährigen Anleihe über 3 Mrd EUR auf den Kapitalmarkt zurück, und viele Wirtschaftsparameter zeigen eine positive Tendenz.

Ab 2010 hat Griechenland drei von der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds ge-schnürte Rettungspakete erhalten, von denen das letzte über 96 Mrd USD im August 2018 ausgelaufen ist. Trotzdem hat Griechenland immer noch eine Reihe von mit den Programmen verbundenen Auflagen zu erfüllen, und es bleibt abzuwarten, wie die Regierung unter Alexis Tsipras bei den nächsten Parlamentswahlen abschneiden wird. Viele Griechen sind mit der quasi notgedrungenen Sparpolitik der Regierung nicht einverstanden, und die finanzielle Lage vieler Griechen ist in der Tat äußerst schwierig, was auch Steuerumgehungen Vorschub leistet. Auffällig sind auch die weiterhin relativ geringen Auslandsinvestitionen.

Für viele Länder spielt der Tourismus eine bedeutende Rolle, insbesondere in Kroatien, Griechenland, Zypern, Bulgarien und Montenegro, zunehmend auch in Ländern wie Albanien und Slowenien. Sicherheitsbedenken in anderen traditionellen Urlaubsländern verstärken den Trend.

Stichwort Risikoabsicherung

Die Bankenlandschaft ist in Griechenland in den vergangenen Jahren stark bereinigt worden und inzwischen mit lediglich vier „Systemic Banks“ sehr transparent. Noch immer leiden diese Institute unter einem sehr hohen Anteil notleidender Kredite von ca. 48% (laut Bank of Greece) und reduzieren ihre Auslandsnetzwerke in benachbarten Ländern. In Zypern liegt der Anteil der Non-performing Loans etwas niedriger (40% laut Central Bank of Cyprus).

Die supranationale European Bank for Reconstruction and Development, die 1991 nach dem Fall des kommunistischen Regimes in Osteuropa zur Unterstützung dieser Region gegründet wurde, nimmt seit einigen Jahren auch Auslandsgeschäfte griechischer und zypriotischer Banken in Deckung und erleichtert damit das Akkreditiv- und Garantiegeschäft dieser Institute mit ihren Korrespondenzbanken.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Anzahl der von griechischen und zypriotischen Banken ausgestellten Akkreditive seit dem Beginn der Krisen in beiden Ländern deutlich abgenommen hat und das zwischenzeitlich ohnehin abgeschwächte Geschäft sehr stark auf Basis von An- und Vorauszahlungen abgewickelt wird. Insgesamt ist aber der Handelsverkehr mit Unterstützung aller Beteiligten immer aktiv geblieben.

Ansonsten wird die Bankenlandschaft in Südosteuropa von einem starken Engagement westlicher Bankkonzerne insbesondere aus Italien und Österreich geprägt. So findet seit vielen Jahren ein intensiver Know-how- und Kapitaltransfer statt, und die notleidenden Kredite halten sich meist in akzeptablem Rahmen mit deutlich rückläufiger Tendenz in den vergangenen Jahren. Deutsche Institute waren in der Zeit des Umbruchs in den ex-kommunistischen Ländern stark mit ihrer Positionierung in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung Deutschlands beschäftigt und sind in Südosteuropa weniger präsent.

Trotzdem ist die Deutsche Bank sehr intensiv in das Trade-Finance-Geschäft mit Südosteuropa eingebunden, das über Korrespondenzbanken in der Region abgewickelt wird. Für fast alle Länder Südosteuropas sind Deutschland, aber auch Italien und Österreich wichtige Handelspartner.

In einigen Ländern ist das Wissen der Firmen um die Absicherungsinstrumente im Außenhandel noch lückenhaft. So wird zum Beispiel in Albanien das Instrument des Akkreditivs (LC) äußerst selten genutzt, weil es die Firmen nicht gut genug kennen und den dokumentären Aufwand scheuen. Albanische Banken veranstalten hierzu regelrechte Seminare für ihre Kunden. Auch Bosnien nutzt das LC extrem wenig und arbeitet verstärkt mit Garantien, auch wenn damit Einzelgeschäfte abgesichert werden, für die sich das Akkreditiv an sich besser eignet.

Ausblick

Es hat sich vieles gebessert in den vergangenen Jahren, aber es gibt noch viel zu tun. Manche der Länder sind einfach sehr klein und haben es schwer, im internationalen Geschäft mitzumischen. Hier gilt es, Nischen zu finden und leistungsfähige Betriebe zu errichten. Verstärkte Investitionen aus dem Ausland und Unterstützung von Infrastrukturprojekten sind erforderlich. Dazu bedarf es einer stärkeren Rechtssicherheit und eines Eindämmens der Korruption, woran vielerorts schon erfolgreich gearbeitet wird.

Auch sind die jüngsten Trends beim Wirtschaftswachstum, bei der Höhe der Arbeitslosenquote und der Unternehmensbonität ermutigend. Bei der Steuergerechtigkeit sind weitere Anstrengungen erforderlich. So hat kürzlich der montenegrinische Finanzminister den Anteil der „Grey Economy“ an der lokalen Gesamtwirtschaftsleistung mit über 30% angegeben.

Sicherlich wird die EU mit ihren derzeitigen Problemen und widerstreitenden Meinungen nicht nur als Heilsbringer in Südosteuropa angesehen, aber es ist doch deutlich, dass letztlich alle Länder unter dieses Dach streben. Die politische Landschaft in Südosteuropa ist noch uneinheitlich und in fast allen Ländern kommt es hin und wieder zu Problemen mit den Regierungen und führenden Politikern wie z. B. in Rumänien und Mazedonien. Länder wie Bosnien-Herzegowina, das Kosovo und Zypern mit dem unter türkischer Administration stehenden Nordteil sind weiterhin konfliktbeladen. Auf der anderen Seite macht es Hoffnung, dass nun endlich der Namensstreit um Mazedonien beigelegt wurde und das Land künftig offiziell Nord-Mazedonien heißen soll, was nicht zuletzt den Beitritt zu EU und NATO erleichtern dürfte.

Wie anfangs gesagt, handelt es sich bei den hier betrachteten Ländern um eine sehr heterogene Region. Wir sollten weiterhin mit Interesse diese Länder als Geschäftspartner betrachten – es gibt Bedarf an Warenaustausch und Finanzierungen. Und auch wenn diese Region etwas weniger im Fokus stehen mag als große boomende Absatzmärkte, hat sie unsere Aufmerksamkeit wohl verdient – sie ist ein wichtiger Bestandteil Europas, und ein florierendes und friedliches Südosteuropa kommt uns allen zugute.

roland.wolffram@db.com

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