Wenn Exporteure Anlagen oder größere Maschinen exportieren, müssen sie bei den zugelieferten Komponenten wissen, ob diese gelistet sind und ob diese US-Komponenten beinhalten und, wenn ja, mit welchem Wertanteil. Wenn hierfür Lieferantenfragebögen eingesetzt werden, kann es sein, dass Lieferanten antworten, sie seien nicht zum Ausfüllen verpflichtet. Ist das richtig? Wie kann sich ein Lieferant bei Unklarheit über den späteren Verwendungszweck des gelieferten Gutes absichern?

Von PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte

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Ausgangsfall 1

D in Deutschland möchte eine Anlage an I im Iran liefern. Die Anlage als solche ist nicht gelistet, sie könnte aber dadurch zu einer gelisteten werden, dass gelistete Komponenten eingebaut werden, die als „wesentliche Bestandteile“ angesehen werden müssen. Um zusätzlich sicher zu sein, dass die Anlage eindeutig die 10%-Wertgrenze für gelistete US-Komponenten unterschreitet, will er praktisch allen Lieferanten einen Lieferantenfragebogen zusenden, um diese notwendigen güterbezogenen Exportangaben für seine Anlage zu erhalten. Was kann er tun, wenn sich Lieferanten weigern, diesen Fragebogen auszufüllen, weil sie nicht dazu verpflichtet seien, oder wenn sie gar eine Erstattung der Kosten für ihre Prüfungsaufwendungen verlangen?

Ausgangsfall 2

D in Deutschland beliefert den internationalen Konzern K mit seinen Gütern. Ds Policy besteht darin, bei jedem Export von seinen Kunden ein EUC (End-User Certificate) für eigene Zwecke zu verlangen. K antwortet: Er würde dies ja gerne tun, könne es aber nicht machen, weil er die Güter von D erst einmal auf ein Lager lege und erst später entscheide, wo und wie er dieses Gut nutzen wolle. Wie kann ohne ein EUC eine Absicherung erreicht werden?

Lösung Ausgangsfall 1

Gerade bei größeren Maschinen oder Anlagen, bei denen der Exporteur D von mehreren Lieferanten beliefert wird, ist der Lieferantenfragebogen unverzichtbar, um einen Teil der Exportrisiken auf die ­Lieferanten zu transferieren. Die Lieferanten sind verpflichtet, dem Exporteur D sämtliche güterbezogenen Angaben für die Exportkontrolle zu geben, welche der Ausführer benötigt, um seine eigene Exportkontrolle für die gesamte Anlage durchführen zu können. Dies bezieht sich vor allem auf die folgenden Angaben zu den zugelieferten Teilen an den Ausführer:

  • Zolltarifnummer,
  • Ursprung des Gutes,
  • Listung auf Ausfuhr- oder Embargolisten,
  • Beinhaltung von US-Komponenten und, wenn ja, mit welchem Wertanteil.

Sollten diese Angaben nicht gemacht werden oder falsch sein, wäre der Lieferant für einen daraus resultierenden Exportverstoß, den der Exporteur D (mangels detaillierter technischer Kenntnisse des zugelieferten Teils) nicht erkennen konnte, strafrechtlich mitverantwortlich wegen Beihilfe oder Mittäterschaft. Hinzu kann auch eine zivilrechtliche Haftung treten.

Es besteht inzwischen absoluter Konsens, dass der Zulieferer verpflichtet ist, diese güterbezogenen und wahrheitsgemäßen Angaben bzgl. seiner zugelieferten Teile an den Exporteur D zu schicken, um nicht selber zum Mittäter eines Exportverstoßes des Ausführers D zu werden. Dies kann auch gar nicht anders sein, weil der Ausführer D nur bzgl. der von ihm selbst hergestellten Güter solche Angaben machen kann, nicht aber für zugelieferte Güter. Wie soll er denn herausfinden, ob diese gelistet sind oder ob diese gelistete US-Komponenten beinhalten und, wenn ja, mit welchem Wertanteil? Dies geht nur über den Lieferantenfragebogen.

Wenn Ausführer D dann eine kurze Schlüssigkeitsprüfung durchführt, ob die erhaltenen Güterangaben Sinn machen, kann er auf diese Angaben im Lieferantenfragebogen vertrauen. Erst nach Erhalt sämtlicher güterbezogenen Angaben seiner Lieferanten kann er zu einer abschließenden Entscheidung kommen, ob die gesamte Anlage gelistet ist und ob sie (gelistete) US-Komponenten enthält und, wenn ja, ob dieser US-Wertanteil unter oder über der Geringfügigkeitsschwelle von 10% liegt.

Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass immer dann, wenn Firmen zum ersten Mal solche Fragebögen an ihre Lieferanten verschicken, es z. T. Abwehrreaktionen gibt. Diese reichen von der bloßen Weigerung, die Fragebögen auszufüllen, weil keine rechtliche Verpflichtung dazu bestünde, bis hin zur Forderung einer Kostenerstattung für diese Prüfungen. Andere werden schreiben, dass sie solche Angaben erst machen wollten, wenn sie zuvor genügend Angaben erhielten, für welche Zwecke genau die Anlage im Iran eingesetzt werden solle. Diese Einwände sind rechtlich irrelevant, weil die Lieferanten straf- und zivilrechtlich zum Ausfüllen verpflichtet sind. Sie müssen ab dem Inverkehrbringen dieser Güter jederzeit garantieren, dass ihre Güter gelistet sind oder nicht und ob sie US-Wertanteile enthalten, weil sie sonst einen Exportverstoß begehen, wenn sie auf Aufforderung keine bzw. eine falsche Angabe machen. Für Prüfungen, für die sie nach dem Gesetz verpflichtet sind, kann auch keine Kostenerstattung verlangt werden. Diese Angaben sind auch unabhängig davon, wie die Anlage später im Iran verwendet wird – das ist allein die exportrechtliche Verantwortung des Ausführers D.

Lösung Ausgangsfall 2

Mit dem EUC versichert der Kunde, dass er Händler oder Endverwender ist, was der endgültige Bestimmungsort und der genaue Verwendungszweck sein werden. Wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar ist, was der genaue Endverwendungszweck sein wird, kann K kein EUC ausstellen. Hier bietet sich eine vertragliche Lösung an, mit deren Hilfe K versichert, dass er die nachfolgenden sensitiven Verwendungen, die nach allen EUCs verboten sind, beachten wird, dass er keine gelisteten Personen beliefern wird und dass es bestimmte Grenzen für Reexporte gibt. Das sollte noch mit einer Schadensersatzpflicht verbunden sein, um die Verbindlichkeit zu erhöhen. Unsere Kanzlei nennt einen solchen Vertrag ein „EUC-Agreement“. Mit Hilfe dieses Vertrags erhält D die notwendige Sicherheit, dass K keine verbotenen sensitiven Nutzungen vornehmen wird.

Resümee

Die sichere Lieferkette verlangt, dass sich die Partner in einer Lieferkette gegenseitig über mögliche Exportrisiken informieren. Hierzu gehört, dass die Lieferanten für eine Anlage den Ausführer D über die güterbezogenen Angaben für die von ihnen zugelieferten Teile informieren. Nur hierdurch wird der Ausführer in die Lage versetzt, seiner Exportkontrollpflicht für die ganze Anlage nachzukommen.

Dieser Sicherheitspartnerschaft entsprechen auch eine straf- und zivilrechtliche Haftung für fehlende oder falsche Angaben sowie eine Pflicht, die Angaben zu einer Güterlistung auf allen Geschäftspapieren zu notieren (vgl. Art. 22 Abs. 10 Dual-Use-VO). Die Partner in der Lieferkette müssen sich also gegenseitig über mögliche Exportrisiken informieren.

Zur Absicherung von Exportrisiken taugen auch EUCs, die aber nur dann sinnvoll sind, wenn zum Zeitpunkt der Lieferung klar gesagt werden kann, was der exakte Verwendungszweck ist. Sollte dies nicht möglich sein, kann zur Absicherung ein Vertrag (z.B. das „EUC-Agreement“) ge-schlossen werden.

Die meisten Schwierigkeiten für solche notwendigen Absicherungen bestehen darin, dass man immer wieder auf Firmen stoßen wird, die nur unzureichend geprüft haben, ob die von ihnen hergestellten Güter gelistet sind und ob diese US-Komponenten enthalten. Dies wird dazu führen, dass sie mit Abwehr auf solche Anfragen reagieren.

Aber seien wir einmal ehrlich: Solche Firmen sind „tickende Zeitbomben“, weil sich jederzeit das Exportrisiko realisieren kann, was zu Straftaten und Schadensersatz führen wird. Indem Sie entsprechende Absicherungen nutzen, tragen Sie dazu bei, auch Ihre Partner dazu anzuhalten, Mitglieder einer sicheren Lieferkette zu werden. Hierfür lohnt es sich zu kämpfen!

Wegen aktueller Hinweise zum EU-Exportrecht vgl. auch HIER.

info@hohmann-rechtsanwaelte.com

 

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