Banken lehnen oft die Finanzierung von kleinvolumigen Exportgeschäften oder Projekten ab, weil sie zu arbeitsintensiv, ­margenarm oder riskant erscheinen. Doch durch eine gute Strukturierung des Projekts und die professionelle Aufarbeitung der erforder­lichen Projektunterlagen können Finanzierer überzeugt werden. Chiara-Felicitas Reiner, Executive Consultant, exfixon, erläutert, wie das geht und warum und wann eine externe Beratung für Unternehmen sinnvoll sein kann.

Interview mit Chiara-Felicitas Reiner, Executive Consultant, exficon

Frau Reiner, für kleine bis mittlere Unternehmen bzw. Projekte ist es oft schwierig, für das Exportgeschäft adäquate Finanzierungen bei Banken zu bekommen. Was sind die Gründe dafür?

Es liegt in der Natur der Dinge, dass kleine bzw. mittlere Unternehmen im Regelfall mit Projektvolumina an Finanzinstitute herantreten, die sich ebenfalls im kleinen bis mittleren Feld bewegen. Für eine Bank ist bei solchen Projekten oft der Strukturierungsaufwand, der bis zum Vertragsabschluss aufgebracht werden muss, im Verhältnis zum generierten Ertrag zu groß. Da sich die Gebühren der Banken prozentual am Finanzierungsvolumen bemessen, sind automatisch größere Projekte attraktiver.

Das ist ökonomisch durchaus nachvollziehbar, benachteiligt aber kleine bis mittelgroße Projekte, die genauso arbeits­intensiv wie Großprojekte sind und einer ebenso sorgfältigen Strukturierung be-dürfen – nur eben für ein kleineres Volumen. Das lohnt sich für viele Banken nicht, die Projekte fallen „durchs Raster“.

Wie stellt sich die Lage aus der Sicht der Importeure dar?

Es gibt viele kleine bis mittelgroße Exportprojekte, die von den im Ausland ansässigen Unternehmen (den Importeuren) auf dem lokalen Bankenmarkt meist zu hohen Konditionen finanziert werden müssen. Diese Unternehmen hätten unter Umständen auch Zugang zu Finanzierungen von europäischen Banken, wenn die Beträge z.B. durch eine Exportkreditversicherung gedeckt wären. Die ausländischen Unternehmen verfügen aber in der Regel weder über Kenntnisse bezüglich dieser Finanzierungsform noch über Kontakte zu Banken in Europa, die ihnen den Zugang zu diesen Finanzierungen verschaffen können. Und selbst wenn der Exporteur Hilfestellung leistet, gibt es immer noch eine sprachliche oder gewisse interkulturelle Hemmschwelle, die erst durchbrochen werden muss, bevor ein im Ausland ansässiger Importeur den Weg zu potentiellen Bankpartnern im Herkunftsland seiner bestellten Wirtschaftsgüter findet.

Können Sie Beispiele von Unternehmen oder Projekten nennen, die nicht in das Standardraster von Banken passen?

Das eine „Standardraster“ gibt es nicht. Jede Bank ist in ihrer Risikoeinschätzung unterschiedlich – gerade im Hinblick auf die Umstellung auf Basel III passen derzeit zahlreiche Banken ihren Kriterienkatalog und ihre Risikobereitschaft an. Generell lässt sich sagen, dass gut strukturierte Projekte mit einem angemessenen Sicherheitenpaket (z.B. einer Exportkreditversicherung) auf dem Finanzierungsmarkt einen Bankpartner finden werden – auch wenn sie vom Volumen her klein ausfallen.

Gibt es neben ökonomischen Gründen (kleine Finanzierungsvolumina) auch andere, z.B. formale Gründe, die den Erhalt von Finanzierungen erschweren?

Ökonomische Gründe sind für Finanzinstitute selbstverständlich nicht allein ausschlaggebend. Der Fokus liegt auf der Risikoeinschätzung – nur wenn das Risiko der vorgestellten Transaktion für die Bank akzeptabel scheint, werden weitere Kriterien (wie auch die ökonomische Komponente) geprüft.

Um das Risikoprofil für Finanzinstitute attraktiv zu gestalten, muss die Struktur für das Projekt gefunden werden, die die Risiken der Transaktion adäquat berücksichtigt. Schwieriger wird es beispielsweise dann, wenn staatliche Kreditversicherer nicht zur Abgabe einer Deckung bereit sind und auf dem privaten Versicherungsmarkt nur eine Deckung erhältlich ist, die vom Leistungsumfang her deutlich geringer ausfällt. Das höhere Risiko, das bei den Banken verbleibt, muss dann anderweitig kompensiert werden – zum Beispiel durch eine höhere Anzahlung, die vom Importeur zu leisten ist (und den Kreditbetrag reduziert) oder durch Garantien. Letztlich spiegelt sich das größere Risiko der Bank auch in einer höheren Zinsmarge wieder.

Welche Art von Informationen oder Unterlagen werden von Banken verlangt, die Unternehmen vor Schwierigkeiten stellen können?

Kleinere oder mittelgroße strukturierte Finanzierungen sind letztlich genauso arbeitsintensiv wie ein Großprojekt. Und Finanzinstitute verlangen eine Reihe von Dokumenten zur Projektprüfung: Machbarkeitsstudien, technische (Vor-)Studien, eventuell einen Masterplan etc. Und alle diese Unterlagen sollten in banküblicher Professionalität aufbereitet sein, um den Ansprechpartner von der Projektqualität zu überzeugen.

Genau an dieser professionellen Aufarbeitung der Unterlagen scheitern Projektentwickler oftmals, wenn sie sich an Finanzins­titute wenden. Das ist aber nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass zu den klassischen Projektentwicklern vorwiegend Ingenieurbüros gehören, die einen rein technischen Ausbildungshintergrund vorweisen und mit den formalen Anforderungen und der Sprache der Banken- und Finanzierungswelt nicht unbedingt vertraut sind.

Wenn die Projektentwicklung vom Vorstadium in die Umsetzungsphase übergeht und neben dem laufenden, technischen Projektfortschritt die Zusammenstellung der Finanzierung koordiniert werden muss, ist dann häufig die Grenze des Machbaren erreicht.

Können Sie Beispiele nennen?

Ein mir gut bekannter Projektentwickler, der in der Gesundheitsbranche tätig ist, wurde in einem Land, in dem er in den letzten Jahren mehrere Projekte erfolgreich umgesetzt hat, um die Begleitung eines Projekts gebeten, das für ihn eher branchenfremd war. Für dieses Projekt wurde ebenfalls eine Finanzierung gesucht, und das stellte den Projektentwickler vor die Herausforderung, mit Banken über Projektrisiken einer Transaktion diskutieren zu müssen, die er selbst nicht 100%ig abschätzen konnte, da ihm die potentiellen Stolpersteine dieser – ihm selbst fremden – Branche gar nicht bewusst waren. Die Konsequenz war, dass das von ihm vorgeschlagene Gesamtkonzept der Projektumsetzung bei den Finanzinstitutionen einfach nicht überzeugte. Da es sich um ein kleines Projekt handelte, bekam er von den angesprochenen Banken zwar freundlich gemeinte Hilfestellung, aber nicht die eigentlich notwendige Unterstützung, um das Projekt richtig aufzusetzen.

Was können Unternehmen tun, um diese Hürden zu überwinden?

In vielen Fällen kann ein „Übersetzer“ hilfreich sein, der die Unterlagen banküblich zusammenstellt und den Banken die im Rahmen der Strukturierung, Verhandlung und Abwicklung vor Vertragsabschluss aufkommenden Fragen so beantworten kann, wie sie es für ihre Bedürfnisse (z.B. die interne Genehmigung) brauchen. Dieser Übersetzer kann z.B. eine externe Beratung sein.

Gerade für Projektentwickler, die einen hohen Anteil an Projekten in ihrem Heimatmarkt (Deutschland) verbuchen, lohnt es sich nicht, einen festen Mitarbeiter anzustellen, der entsprechendes Spezialwissen für ausländische Projekte mitbringt, das dann nur selten gebraucht wird. In solchen Fällen bietet sich eine projektbezogene Begleitung durch eine Beratung an. Unternehmen, die im Ausland ansässig sind und eine Finanzierung für den Import von Wirtschaftsgütern aus Europa im Rahmen einer Exportfinanzierung suchen, haben meist nur durch Beratung Zugang zum erforderlichen Know-how.

Oft erfolgt diese Beratung auch durch die Finanzinstitute selbst – das aber im Regelfall nur, wenn das Projektvolumen eine Mindestgröße überschreitet. Bei kleinen Projekten ist das Unternehmen nicht selten auf sich selbst gestellt oder muss nach einer geeigneten Beratungsfirma suchen. Ist der Kontakt zu europäischen Finanzinstituten dann jedoch erst einmal hergestellt und ein Erstprojekt (z.B. nach erfolgter Akkreditierung durch eine Kreditversicherung) erfolgreich abgeschlossen, können Folgeprojekte auch zunehmend eigenständig abgewickelt werden.

Kontakt: chiara-felicitas.reiner[at]exficon.de

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