2016 wurde einmal mehr deutlich, welche enorm wichtige Rolle China für deutsche Unternehmen spielt. China ist auf die erste ­Position unter den Handelspartnern Deutschlands aufgerückt. Die chinesische Währung, der Renminbi, muss allerdings noch einen langen Weg zurücklegen, bis er sich im internationalen Währungsmix etablieren kann. Besonders deutlich kommen die Herausforderungen im traditionellen, also dokumentären Handelsgeschäft zum Vorschein.

Von Sebastian Rohloff,Senior Expert China/Renminbi, Deutsche Bank AG

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Im vergangenen Jahr des Feuer-Affen konnte die leichte Schwäche des Handelsvolumens zwischen China und Deutschland aus dem Jahr 2015 wieder ausgeglichen werden. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum Januar bis November 2016 haben die deutschen Einfuhren aus China um mehr als 1% zugelegt, bei den Ausfuhren nach China ging es um über 5% nach oben.

China wichtigster Handelspartner für Deutschland

Der wichtigste Treiber bei den deutschen Ausfuhren, mit einem Anteil von ca. 25%, bleibt die Automobilindustrie, die im vergangen Jahr unter anderem von den ­Initiativen des chinesischen Staates zur Förderung des Pkw-Absatzes profitiert hat und im Durchschnitt um mehr als 11% gewachsen ist.1)

Der deutsche Export von IT-Produkten, elektrischer Ausrüstung sowie von Gummi- und Kunststoffwaren nach China konnte 2016 nochmals zulegen und wuchs jeweils um 4% bis 5%. Das Wachstum bei den Metallerzeugnissen wurde etwas gedämpft und lag 2016 bei knapp 4%, nach 6% im Vorjahr. Diese Entwicklungen unterstreichen das zunehmende Interesse Chinas an der Hightechindustrie und an Konsumgütern.

Da das gesamte Wachstum des deutschen Handelsvolumens stagniert, zeigt diese Entwicklung einmal mehr die anhaltend hohe Relevanz Chinas für deutsche Unternehmen. Auf Basis der vorliegenden Zahlen ist China 2016 der größte Handelspartner Deutschlands, knapp vor Frankreich, und hat damit die Vereinigten Staaten sowie die Niederlande überholt.

Dass die Importe aus China nur um 1% zugelegt haben, verwundert etwas, ist doch der Kurs des chinesischen Renminbi auf Jahressicht gegenüber dem Euro im Jahr 2016 um 3,6% gefallen, in der Spitze noch deutlicher um fast 7%. Dies verbilligt Importe in der Landeswährung aus China. Insbesondere in der Zeit nach der Aufnahme des Renminbi in die Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds kam es zumindest zeitweise zu einer deutlichen Abwertung der chinesischen Währung.

Relevanz des Renminbi im Handelsgeschäft stagniert

Die höhere Unsicherheit bzgl. der Entwicklung des Renminbi hinterließ 2016 auch deutliche Spuren bei seiner internationalen Bedeutung als Handelswährung. Während 2015 noch knapp 30% des chinesischen Außenhandels in Renminbi abgewickelt wurden, waren es per November 2016 lediglich noch 22%. Damit hat das seit 2009 steigende Wachstum des Renminbi-Anteils am chinesischen Außenhandel erstmals einen deutlichen Dämpfer erhalten.

Im Dezember 2016 hatte der Renminbi laut SWIFT-Statistik einen Anteil von knapp 1,7% an den internationalen Zahlungen, das entspricht Platz 6 der globalen Währungen, ist aber ein ähnliches Level wie schon im Oktober 2014. Noch deutlicher sind die Auswirkungen im traditionellen Handelsgeschäft zu erkennen, also dem Geschäft, welches über Akkreditiv oder Inkasso abgewickelt wird. Hier hatte der Renminbi im Rahmen seiner Internationalisierung bereits global die Position 2 erreicht, mit einem Anteil von über 9% (Januar 2015), hinter dem US-Dollar. Dieser Anteil hat sich jedoch ohne merkliche Erholungseffekte seither halbiert und liegt derzeit bei nur noch 4,61%, auf Position 3, hinter dem Euro.2)

Es gibt gute Gründe, die für den Einsatz des Renminbi als Handelswährung zwischen China und Deutschland sprechen. Durch die Umstellung der Rechnungswährung auf Renminbi, gegebenenfalls verbunden mit der Absicherung des Währungsrisikos, können deutsche Unternehmen Vorteile erzielen. Konkret erhalten beispielsweise importierende Unternehmen neue Möglichkeiten für die Preisgestaltung im Einkauf bei chinesischen Lieferanten, umgekehrt können Exporteure die Basis ihrer Geschäftspartner verbreitern und erhalten einen größeren Verhandlungsspielraum, vor allem wenn der Verkauf der Endprodukte auch in Renminbi erfolgt. Dies trifft für Deutschland, dank der in China nachgefragten Qualität „made in Germany“, besonders zu.

Größte Herausforderungen im dokumentären Handelsgeschäft

Jedoch werden im traditionellen Handelsgeschäft die oft mittelfristigen Zahlungsziele für Finanzierungen der zugrundeliegenden Geschäfte genutzt, beispielsweise durch den Verkauf einer Forderung aus einem Exportakkreditiv (Forfaitierung). Auch wenn dies dank der Liberalisierungsfortschritte der chinesischen Währung schon seit langem für Exporteure aus Deutschland möglich ist, ist die Nachfrage nach solchen oder ähnlichen Renminbi-Handelsfinanzierungen in Deutschland bisher begrenzt.

Dies dürfte vor allem daran liegen, dass die Zinssätze für Renminbi im Offshoremarkt deutlich über denen von Euro oder US-Dollar liegen und gleichzeitig enorm volatil sind. So schwankte beispielsweise der dreimonatige Offshorereferenzzins „HIBOR CNH“ 2016 zwischen 2,5% und 10,4%; für kurzfristigere Laufzeiten waren die Schwankungen sogar noch größer. Solch eine Volatilität macht Verträge mit Finanzierungsbestandteil – insbesondere wegen der teilweise langwierigen Vertragsverhandlungen – für Unternehmen so gut wie unkalkulierbar.

Ein Grund für die Volatilität liegt u.a. in der geringen Liquidität der Offshoremärkte. Dort werden Renminbi, die außerhalb von Festlandchina bei Banken – insbesondere in Hongkong – gehalten werden, gehandelt. Seit 2014 ist diese Liquidität rückläufig und allein 2016 um über 12% gefallen. Zum einen wurde durch die Einführung zahlreicher Renminbi-Hubs die Offshoreliquidität deutlich frag­mentiert. Zum anderen macht die anhaltende Abwertung des Renminbi ein Halten der Währung unattraktiv.3) Gerade in Zeiten von Unsicherheiten oder längeren Feiertagsperioden, beispielsweise anlässlich des chinesischen Neujahrsfests, kann das mangelnde Angebot leicht zu den oben beschriebenen Marktverwerfungen führen.

Es wird sich also zunächst zeigen müssen, wie China im Umfeld des globalen politischen und ökonomischen Wandels sowie im gleichzeitigen Bestreben nach der Öffnung des eigenen Marktes voranschreiten und wie insbesondere der Offshoremarkt vor solch massiven Volatilitäten geschützt wird. Erst dann kann der Renminbi langfristig eine führende Rolle im traditionellen Handelsgeschäft spielen und eine Relevanz bei Handelsfinanzierungen bekommen. Ohne eine nachhaltige und glaubhafte Öffnung des Renminbi-Marktes wird die chinesische Währung bei den Handelsfinanzierungen nicht über das bisherige Nischendasein in Deutschland hinauskommen.

1) Bloomberg, 8 September 2016; https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-09-08/china-auto-sales-rise-24-5-on-rush-to-beat-expiring-tax-cut.

2) SWIFT, 23. November 2016; https://www.swift.com/news-events/press-releases/euro-surpasses-rmb-in-traditional-trade-finance.

3) Larry Hu, 28 November 2016; https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-11-28/pboc-s-yi-says-china-s-reserves-are-very-adequate-yuan-stable.

Kontakt: sebastian.rohloff@db.com

 

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