Seit dem EU-Aktionsplan für Proliferationspolitik geraten Dienstleister immer mehr in den Fokus. Exportverstöße werden nicht nur bei Exporteuren verfolgt, sondern zunehmend auch bei ihren Dienstleistern wie Spediteuren/Frachtführern, Brokern und Finanzdienstleistern/Banken. Es fragt sich, welche Prüfpflichten die Banken in den USA und der EG haben, um nicht selber strafbar zu ­werden. Welche Finanzdienstleister sind hiervon noch betroffen?

Von Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann & Partner Rechtsanwälte

Die in Deutschland ansässige Bank B bestätigt ein Akkreditiv für den Export des deutschen Exporteurs D an den Kunden I im Iran. Nehmen wir an, B sieht sofort, dass D weder die Identität des iranischen Kunden I geprüft hat, noch, ob dieser auf einer Sanktionsliste gelistet ist. Variante: B sieht sofort, dass dieser Export einer Genehmigungspflicht unterfällt und dass eine Exportgenehmigung des BAFA fehlt. Macht sich B strafbar, wenn sie D gewähren lässt, ohne ihn auf diese fehlenden Prüfungsschritte anzusprechen? Wenn ja: Welche Prüfungen muss B auf jeden Fall durchführen?

Nach den Terroranschlägen von 2001 wurde die Sicherheitsrat-Resolution 1540 (2004) verabschiedet, in der alle UN-Mitgliedsstaaten verpflichtet wurden, nationale Kontrollen zur Verhinderung der Proliferation zu ergreifen. Diese Kontrollen sollen auch alle Dienstleistungen bei Export/Transit der Massenvernichtungswaffen umfassen, wie etwa: „eine Finanzierung und ein Transport, der zu dieser Proliferation beitragen würde, und die Anwendung von Endverwender-Kontrollen und von Sanktionen für die Verletzung von Exportverstößen“. Zur Konkretisierung der Rechtspflichten bzgl. Geldwäsche und Terrorfinanzierung (inzwischen gibt es eine rechtspolitische Verständigung, dies auch für die Proliferations­finanzierung anzuwenden) hat das von 33 OECD-Staaten geschaffene Gremium FATF (Financial Action Task Force) 40 Empfehlungen für Finanzdienstleister verabschiedet. Diese stellen „Soft Law“ dar, also nicht unmittelbar erzwingbares Recht, das aber im Rahmen der Auslegung nationalen Rechts berücksichtigt werden muss.

Nach diesen FATF-Empfehlungen gelten solche Prüfpflichten für alle an der Finanzierung internationaler Geschäfte beteiligten Dienstleister wie Kredit- oder Finanzinstitute, die Geldüberweisungen tätigen, Banken oder Exportkreditagenturen, die bei Exportkrediten involviert sind, sowie Versicherungen, die einige der Risiken aus diesen internationalen Geschäften ab­decken. Entsprechendes soll auch gelten für Broker, die solche internationalen Geschäfte aushandeln. Möglicherweise sollen sie z. T. – wie es jetzt auch das deutsche GwG (Geldwäschegesetz) verlangt – für einige der folgenden Dienstleister gelten: Trusts, Kasinos, Grundstücksmakler, Schmuckverkäufer oder Anwälte, sofern sie in solche internationalen Geschäfte erheblich involviert sind.

Auf EG-Ebene ist vor allem die 3. Geldwäsche-Richtlinie 2005/60 zu berücksichtigen, die durch das GwG und einige Bestimmungen des KWG (Kreditwesen­gesetz) und des VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) umgesetzt wurde, sowie die EG-Verordnung 1781/2006. Diese be-kämpfen neben der Geldwäsche auch die Terrorismusfinanzierung, zu der neuerdings auch die Proliferationsfinanzierung gerechnet werden kann.

In die gleiche Richtung – weitgehend parallele Bekämpfung von Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung (mit Übernahme von Geldwäscheansätzen) – tendieren einzelne Normen des deutschen Exportrechts, wie die Meldepflichten für Auslandszahlungen ab einer Höhe von 12.500 Euro (vgl. §§ 59, 60 AWV), die Strafbarkeit wegen leichtfertigen Förderns des Erwerbs von ABC-Waffen (nach Kriegswaffenkontrollgesetz KWKG) und insbesondere einige Vorschriften des EG-Iran-Embargos: Hierzu gehören das Verbot bzw. die Genehmigungspflicht für Finanzierungen von Iran-Exporten bzgl. im Iran verbotener Güter bzw. im Iran geneh­migungspflichtiger Güter (nach Ver­ordnung 423/2007 und DUV, Dual-Use-Verordnung) sowie die Wachsamkeits­verpflichtungen europäischer Banken gegenüber den in Anhang VI genannten iranischen Banken, ob es hier zu Geld-wäsche, Terrorismus- oder Proliferations­finanzierung kommen kann.

In den USA ergeben sich solche Prüfpflichten außer aus den Geldwäsche-Regelungen vor allem aus den Embargoregelungen des OFAC (Office of Foreign Assets Controls), welche primär „US Persons“ alle Dienstleistungen verbieten, welche zu einem Embargoverstoß beitragen würden. Dass aber auch europäische Banken hiergegen verstoßen können, etwa wenn Überweisungen aus den USA getätigt werden, zeigt das „Settlement Agreement“ der Lloyds TSB Bank (Dezember 2009), durch welche sich diese britische Bank zu einer Zahlung von 350 Mio US$ verpflichtete, weil sie Iran- und Sudan-Investitionen anonymisiert und somit erleichtert hatte.

Nach US-Exportrecht drohen bei Missachtung der Prüfpflicht der Banken sehr hohe Sanktionen. Maximal möglich sind bei Missachtung des US-Iran-Embargos Freiheitsstrafen von bis zu 20 Jahren oder Geldstrafen von bis zu 1 Mio US$ je Verstoß oder – bei fahrlässiger Begehung – Geldbußen von bis zu 250.000 US$ je Verstoß. Der Fall Lloyds zeigt, dass solche Sanktionen realistisch sind. Auch in Deutschland kann der Embargoverstoß mit Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten, bei Fahrlässigkeit mit hohen Geldstrafen sanktioniert werden. Sofern es allein um Geld­wäsche geht, kann dies mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Die Prüfpflichten der Finanzdienstleister müssen nach den 40 Empfehlungen der FATF folgende Punkte betreffen:

  • umfassende Verhinderung von Geldwäsche (Empfehlungen 1-4 und 15)
  • Sorgfaltspflichten bzgl. Kunden, vor allem deren Identifizierung (KYC: Know Your Customer) und Überprüfung (CDD, Customer Due Diligence) (Empfehlung 5)
  • besondere Sorgfaltspflichten gegenüber PEP (Politically Exposed Persons) und gegenüber Korrespondenzbanken in internationalen Transaktionen (Empfehlungen 6 und 7)
  • Aufbewahrungspflicht dieser Unterlagen von mindestens fünf Jahren, um kriminelle Aktivitäten noch aufdecken zu können (Empfehlung 10),
  • besondere Sorgfaltsverpflichtungen bei „komplexen, unüblich großen oder sonstwie ungewöhnlichen Transaktionen“ durch schriftliches Dokumentieren der eigenen Prüfungen (Empfehlung 11),
  • Verpflichtung zu Verdachtsanzeigen (STR, Suspicious Transaction Reports) an eine FIU (Financial Intelligence Unit) – in Deutschland ist dies die Zentralstelle für Verdachtsanzeigen beim BKA – (Empfehlung 13)
  • Verpflichtung zur Meldung von Geldzahlungen ab einer bestimmten Höhe an eine zentrale Einrichtung (Empfehlung 19)

Im Ausgangsfall hatte B nach FATF-Empfehlung 5 die Verpflichtung, sowohl seinen Kunden D als auch (zumindest bei „Red Flags“) den Begünstigten I zu überprüfen, bevor er diese Geschäftsaktivität beginnt: B muss hierzu aus unabhängigen Quellen (wie etwa Internet) die Angaben zu D und I und zu ihrer geplanten Geschäftstätigkeit überprüfen und sich von D zusätzlich einen Ausweis vorlegen lassen. Weiter muss B sicher sein, dass D und I nicht auf EG-Sanktionslisten gelistet sind, weil dann die Übernahme der Finanzierung durch B verboten ist. Dies folgt zwingend aus den Antiterrorverordnungen EG-VO 2580/2001 und 881/2002, während § 4 Abs.5 GwG hier etwas vage bleibt. Gegen diese Verpflichtung hat B verstoßen. Sollte I gelistet sein und dennoch beliefert werden, hat D die Straftat des Embargoverstoßes begangen, zu der B im Zweifel Beihilfe geleistet hat. Zur Fallvariante

Wenn B sofort sieht, dass dieser Export einer Genehmigungspflicht unterfällt und dass eine Exportgenehmigung des BAFA fehlt – wegen des Massengeschäfts für B dürfte dies aber wenig wahrscheinlich sein –, wird es sich um eine „un­gewöhnliche Transaktion“ im Sinne der Empfehlung 11 handeln, weil hier verschiedene „Red Flags“ eingreifen.

Dies dürfte nach den FATF–Empfehlungen im Zweifel zu einer Verpflichtung führen, notfalls – zumindest bei Terrorfinanzierung – eine Verdachtsanzeige an das BKA zu schicken. Es stellt sich aber die Frage, ob die Bank (ihre exportrechtlichen Prüfpflichten sind nur subsidiär) nicht auch verpflichtet sein kann, selber zu prüfen, ob es sich um ein gelistetes und somit genehmigungspflichtiges Gut handelt.

Aus den jüngsten FATF-Dokumenten ­ergibt sich, dass eine grundsätzliche Verpflichtung der Finanzdienstleister zur Überprüfung von Gütern anhand von Exportlisten eher abgelehnt wird mangels vorhandener Expertise. Es stellt sich aber die Frage, ob nicht doch eine Prüfpflicht besteht, wenn der Bankkunde exportrechtlich unerfahren ist (ähnlich wie beim Spediteur).

Im vorliegenden Fall gilt allerdings die Be­sonderheit, dass die Bank für einen Exportkredit in den Iran eine spezial­gesetzliche Prüfpflicht trifft, ob sich die Finanzierung auf ein Gut bezieht, dessen Export in den Iran verboten (nach An­hängen I, I A der EG-VO 423/2007) oder genehmigungspflichtig (nach Anhang II der EG-VO 423/2007) ist, weil dann auch die Finanzierung verboten bzw. geneh­migungspflichtig ist (vgl. Art.5 EG-VO 423/2007).

Demnach ist die Bank verpflichtet, zu­mindest eine solche Güterlistung nach der Iran-Embargo-VO – wohl im Gegensatz zu einer solchen nach der DUV – zu überprüfen, um durch die Finanzierung eines verbotenen bzw. genehmigungspflichtigen Iran-Exportes nicht selber einen Embargoverstoß zu begehen. Dieser Fall zeigt, wie weit die exportrecht­lichen Prüfpflichten der Banken gehen können, obwohl diese nur subsidiär zu Exportprüfungen verpflichtet sind.

Für Finanzdienstleister empfiehlt sich, eine Organisationsanweisung zur einheitlichen Bekämpfung von Geldwäsche, ­Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung zu haben, diese durch Inhouse-Seminare einzuführen und später hierzu Audits durchzuführen.

Kontakt: harald.hohmann[at]hohmann-partner.com

21 replies on “Finanzdienstleister müssen Exportrecht beachten”

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