Exporteure mussten in der zurückliegenden Finanzkrise ihre Risikoeinschätzungen überdenken und sich von den Standardlösungen Akkreditiv und Vorauskasse lösen. Die Finanzierungsanfragen für Exporte nahmen zu und erforderten neue Lösungsansätze. ­Insbesondere mittelständischen Unternehmen des Maschinenbaus steht Dr. Susanne Engelbach als Finanzierungsspezialistin im VDMA hilfreich zur Seite. Auch den Redakteuren des ExportManagers gab sie gerne Auskunft.

Interview mit Dr. Susanne Engelbach, Referentin Exportfinanzierung, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau hat das Jahr 2011 mit einem guten Exportergebnis abgeschlossen – die Exporte stiegen bis November um 14,5% – und die Finanzkrise damit hinter sich gelassen. Wie haben sich die Finanzierungsmöglichkeiten und -instrumente seit dem Krisenjahr 2009 entwickelt?

Kurz vor der Finanzkrise haben wir eine Untersuchung durchgeführt, bei der herauskam, dass mittel- und langfristige Exportfinanzierungen insbesondere vom Anlagenbau genutzt wurden. Viele Maschinenbaufirmen agierten vor der Krise 2009 mit kurzfristigen Zahlungszielen, die sie mit Akkreditiven absicherten oder selbst einräumten.

2009 bedeutete eine Zäsur, bei der sich der Fokus von Standardlösungen wie dem Akkreditiv oder der Vorauskasse hin zu einer stärkeren Risikowahrnehmung verschoben hat. Die Finanzierungsanfragen von Kunden nahmen zu. Das bedeutet, dass die Investitionsgüterindustrie stärker die Notwendigkeit der Exportfinanzierung wahrnimmt.

Aber auch die Strategie der Banken wandelt sich. Diese bevorzugen in den letzten Jahren, was Hermes-gedeckte Finanzierungen angeht, noch stärker große Auftragswerte (im zweistelligen Millionenbereich). Das bedeutet, dass die Vorteile der Exportfinanzierung, Projekte realisierbar zu machen, stark an den Auftragswert gekoppelt sind.

Stehen also zur Finanzierung kleinerer Geschäfte keine ausreichenden Angebote zur Verfügung?

Das Problem ist, dass die Risikobetrachtung von Hermes wie auch von vielen Banken kaum zwischen Anlagen oder Einzelmaschinen unterscheidet. Da sind häufig die gleichen komplexen Prüfungen erforderlich. Reformen der Hermesdeckung haben an sich die Finanzierungsoptionen für Lieferantenkredite verbessert. Mit dem verringerten Selbstbehalt hat man eine langjährige Forderung des VDMA aufgenommen. Gleichzeitig stellt sich die Begleitung durch die Banken für kleinere Auftragswerte als Engpass für unsere Branche heraus.

Heißt das, es werden stärker alternative Finanzierungsangebote genutzt?

Ich sehe für Maschinenbauer mit kleineren Auftragswerten die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit lokalen Leasingunternehmen, ein Weg, der im Grund nur für Serienmaschinen passt. Eine andere Variante ist, dass die Firmen die Exporte aus ihrem Eigenkapital selber finanzieren, aber dies ist natürlich nicht allen Unternehmen möglich und ist auch nicht wirklich wünschenswert.

Gibt es andere Entwicklungen, die Sie bei ihren Mitgliedsunternehmen bemerken?

Bei der Finanzierung gibt es zwei Treiber: Auf der einen Seite den Exporteur und auf der anderen Seite den Kunden in einem Schwellenland oder in Europa. Im Moment ist festzustellen, dass die deutschen Banken direkt bei den ausländischen Kunden akquirieren. Sie bieten dem Importeur Hermes-gedeckte Finanzierungen (ECA-Finanzierungen), so dass die Frage nach dem Lieferanten erst im zweiten Schritt geklärt wird. Es wäre aus meiner Sicht zu wünschen, dass sich die Maschinenbauer auch aktiver in dieses Private-Public-Partnership-Modell einbringen.

Im Moment passiert nämlich häufig Folgendes: Das Geschäft ist auf Basis eines Akkreditivs technisch ausgehandelt und dann kommt zu einem sehr späten Zeitpunkt der Kunde, z.B. aus der Türkei, und verweist auf ein Finanzierungsangebot einer Bank, für das er ganz schnell die Mitwirkung des Exporteurs an der Hermesdeckung brauche. Das heißt, es werden im Moment Geschäfte mit Hermesdeckung gängig gemacht, ohne dass der Exporteur eine steuernde Rolle einnimmt.

Welche Nachteile hat der Exporteur bei der Umstellung von einem Akkreditiv auf eine Hermesfinanzierung?

Eine Finanzierung ist an sich kein Nachteil, denn der Maschinenbauer will seinen Kunden unterstützen, auch bei der Erschließung von Finanzierungsquellen. Das Problem ist die nachträgliche Umstellung. Für diese Umstellung auf einen Hermes-gedeckten Bestellerkredit muss der Exporteuer viele inhaltliche Abstimmungen leisten, die dann ex post noch mal mit dem Kunden zu verhandeln sind. Gegenüber Hermes ist eine Verpflichtungserklärung erforderlich, zu der unsere Mitglieder viele Fragen haben, u.a. den Haftungsausschluß für Teillieferungen, die sie gar nicht betreffen.

Das ist ein Konflikt, den wir im Moment sehr stark beobachten. Mit Hilfe der isolierten Finanzkreditdeckung werden Geschäfte auf einen Bestellerkredit umgestellt und der dadurch erforderliche Kommunikationsprozess zwischen unseren Exporteuren und den Banken ist häufig nicht so konstruktiv und transparent, wie wir uns das wünschen.

Kommen wir noch einmal zu den Treibern der ECA-gedeckten Finanzierung. Warum ist die Hermesdeckung im Moment so wichtig?

Die Hermesdeckung als Grundlage für Bestellerkredite wird für die Banken immer interessanter. Die Banken gehen von einer Verknappung der im Akkreditivgeschäft üblichen Interbankenkredite aus. Dann erwarten sie Engpässe auf den wichtigen Abnehmermärkten (insbesondere Süd- und Osteuropa) des Maschinenbaus. Die Mitgliedsunternehmen wissen oft nicht, inwieweit ihre Kunden von verteuerten Kreditmitteln betroffen sind. Das bedeutet, dass der Exporteur manchmal erst sehr spät den Bedarf durch eine Finanzierungsanfrage mitbekommt.

Es gibt eine ganze Reihe von Maschinen- und Anlagenbauern, die gleich aktiv einen Besteller- oder Lieferantenkredit anbieten, viele haben dafür aber nicht die erforderliche Fachkapazität. Kommunikation über Finanzierung ist generell nicht einfach. Von dieser Finanzierungsnachfrage ist das Thema „Basel III“ zu trennen, das gegenwärtig nur bei sehr langen Laufzeiten schon spürbar wird. Noch ist eine ECA-gesicherte Finanzierung von der Eigenkapitalanrechnung für Banken sehr attraktiv.

Die KfW IPEX-Bank bietet in Zusammenarbeit mit Northstar Europe kleinere Exportkredite an, um das Angebot der deutschen Geschäftsbanken zu ergänzen. Bedarf es dieser Unterstützung, oder reichen die bestehenden Angebote aus?

Ich halte das für einen sehr wichtigen Ansatz, um das Thema Small Ticket voran zu bringen. Es ist aber anzumerken, dass dieser Ansatz gerade deshalb funktioniert, weil hier mit ausländischer Bankkapazität, nämlich aus Luxemburg und Kanada heraus, gearbeitet wird. Auch deutsche Banken stellen Refinanzierungen Hermes-gedeckter Lieferantenkredite zur Verfügung, einige Häuser haben aber prinzipielle Bedenken bei diesem Geschäftsmodell. Derzeit klagen viele Unternehmen über Schwierigkeiten, Refinanzierungspartner zu finden.

Das kann eigentlich noch nicht das Ende der Diskussion sein. Die staatliche Hermesdeckung zeigt sich sehr engagiert, als Risikopartner für alle Exportgeschäfte zur Verfügung zu stehen. Wichtig ist daher, dass auch Banken am Standort Deutschland diese Geschäfte finanzieren. Hermes selbst bietet für Banken eine beschleunigte Abwicklung (FKD Express) an, wir sehen aber Handlungsbedarf die Komplexität weiter zu verringern.

Wir werden als VDMA dieses Jahr das Thema Finanzierungslösungen für Ge-schäfte zwischen 500.000 und 5 Mio EUR erneut angehen. Nach wie vor finden wir den Ansatz, kleinere Auftragswerte bei einer Bank zu bündeln, und sie ggf. zu einem Risikoportfolio zu vereinen, sehr sinnvoll. Ebenfalls hilfreich wäre es, die rechtliche Seite der Hermesdeckung von Unsicherheiten für den Exporteur zu befreien. Der Ansatz, nur die Banken von Risiken weiter zu entlasten, greift zu kurz, wie das Beispiel der isolierten Finanzkreditdeckung zeigt. Auch die durch Basel III erscheinenden Probleme für die Exportfinanzierung lassen die Frage nach einer Verbindung von Absicherung und Bank in einer Institution („Hermes-Bank“) wieder aktuell erscheinen.

Kontakt: susanne.engelbach[at]vdm.org

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