Der Staat hat in vielen Ländern die Möglichkeiten der Exportkreditversicherung erweitert, um einem Rückzug privater Anbieter ­entgegenzuwirken oder an deren Stelle Absicherungen anzubieten. So kann die staatliche Hermesdeckung in Deutschland auch für Exporte in OECD-Länder gewährt werden, die bislang den privaten Anbietern vorbehalten waren. Über Sinn und Wirkung dieser staatlichen Hilfe diskutierten auf dem Kongress Länderrisiken 2010 Fachleute aus Politik, Industrie und Versicherungswirtschaft.

Von Gunther Schilling, Redaktionsleiter ExportManager, F.A.Z.-Institut

Mit jährlich rund 500 Teilnehmern hat sich der Kongress Länderrisken seit 2007 zu einem festen Termin für die deutsche Außenwirtschaft entwickelt. Er wird veranstaltet von Coface Deutschland in Zusammenarbeit mit Dow Jones News und dem F.A.Z.-Institut.

In seiner Keynote wies der CEO von Coface, Jérôme Cazes, auf die starke Bedeutung der Exportkreditversicherung in Deutschland hin. Staatliche Hilfen wurden in diesem Bereich viel stärker in Anspruch genommen als das auf das Inland be­zogene Top-up-Cover. Dagegen sei die staatliche Unterstützung in Frankreich vor allem im Inlandsgeschäft genutzt worden.

Dr. Andreas Möhlenkamp, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung, führte dies in der anschließenden Diskussion auf die inländische Alternative des Eigentumsvorbehalts zurück, die in Frankreich nicht bestehe. Im Eigentumsvorbehalt sah auch Cazes einen klaren Vorteil des deutschen Rechtssystems.

Möhlenkamp kritisierte die negativen Effekte von Limitkürzungen für zentrale Abnehmer seiner Branche. So hätten die Zahlungsschwierigkeiten namentlich der Schäffler-Gruppe zu einer Kaskade von Limitkürzungen der davon betroffenen Zulieferer geführt. Hohe Reserven aus den guten Vorjahren hätten dazu geführt, dass die meisten Unternehmen die Krise bislang durchgestanden hätten. Doch nun würde jede weitere Einschränkung der Finanzierungs- und Absicherungsmöglichkeiten Existenzen gefährden.

Robert Händler, Geschäftsführer der Stoll Financial Services GmbH, der Absatzfinanzierungstochter des Flachstrickmaschinenherstellers H. Stoll GmbH & Co. KG, berichtete von positiven Erfahrungen mit Coface und Hermes. Das langjährige Vertrauensverhältnis, aber auch die Konzentration auf Asien (90% des Umsatzes werden in Hongkong und China erzielt) habe sich bewährt, alle Finanzierungen hätten dargestellt werden können. Man habe 2009 sogar noch zugelegt. Eine individuelle Police mit Coface und eine positive Entwicklung des Zahlungsverhaltens in den vergangenen acht Jahren hätten eine Anpassungen der Limite 2009 verhindert.

Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär im BMWi, wies darauf hin, dass die EU-Kommission zur Vermeidung von Abdeckungslücken bis Ende 2010 die Flexibilität für die staatliche Kreditversicherung erhöht habe. 2009 seien 8% höhere Exportkreditversicherungen als im Vorjahr ausgereicht worden (zusätzlich 22,4 Mrd Euro). 2010 dürfte eine ähnliche Größenordnung erreicht werden, für 2011 müsse noch mit der EU-Kommission verhandelt werden. Ziel sei es, die Exportdeckung für OECD-Länder in das Jahr 2011 hinein zu verlängern. Dies dürfe allerdings keine Dauerlösung werden, eine Exitstrategie müsse vorbereitet werden. Eine Konkurrenz für die Kreditversicherer sei die staatliche Hilfe nicht, da die Prämien der staatlichen Zusatzdeckung höher als die privaten Prämien seien. Ohne Unterstützung wären einige Abdeckungen bzw. Geschäfte zudem nicht zustande gekommen. Die Regelungen zu Selbstbehalten (Kürzung auf 5%) und Akkreditiven (Bestätigungsdeckung) sollen ebenfalls bis in das Jahr 2011 weitergeführt werden. Auch langfristig sei eine staat­liche Abdeckung in geringem Umfang nötig, wie im Falle von großen Volumina mit geringer Prämie, die kein privater Anbieter übernehmen würde.

Kontakt: g.schilling[at]faz-institut.de

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