Um ihren Warenexport sicher, risikoarm und effizient abwickeln zu können, müssen Exporteure in Software und Programme investieren – dies ist ein Ergebnis der aktuellen Umfrage, die der Systemanbieter Amber Road in sechs europäischen Ländern bei insgesamt 450 KMU und multinationalen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen durchführte. Auch kleinere Unternehmen sollten die Automatisierung der globalen Trade-Compliance in allen 4.0-Strategien berücksichtigen, rät Amber Road.

Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA, und Jana Braun, Redaktion ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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Innerhalb der nächsten drei Jahre wird es umfassende globale Veränderungen geben. Die europäische Exportwirtschaft wird die Auswirkungen der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA ebenso spüren wie die des Brexits. Dann heißt es, die unterschiedlichen Compliance-Anforderungen in der gesamten Wertschöpfungskette des Warenhandels zu beachten, um nicht Ziel von Strafmaßnahmen zu werden.

Komplexe Herausforderungen

Um einen Eindruck von den Vorbereitungen der europäischen Unternehmen auf die Herausforderungen im Bereich ExportCompliance zu erhalten, befragte Amber Road Manager, die für Trade-Compliance, Logistik, Berichterstattung, legalen und internationalen Handel, Zoll und Vertrieb verantwortlich sind.

Die Befragten äußerten sich zu den Themen Trade-Compliance-Management, Umfang des betriebsinternen Trade-Compliance-Programms, Stand der Automatisierung sowie Digitalisierung der Produktklassifizierung, von Zoll und AEO-Zertifikaten. Somit ist ein Überblick über die Automatisierung der globalen Trade-Compliance innerhalb wichtiger europäischer Exportnationen möglich.

Die Regeln und Vorschriften des globalen Handels werden immer komplexer, während die Entwicklung der GTM-Techno­logie durch den anspruchsvollen Charakter der internationalen Lieferketten beschleunigt wird. Dabei geben viele Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offenbar nicht das nötige IT-Werkzeug an die Hand, um den hohen Sicherheitsanforderungen und dem ­Handelsvolumen gerecht zu werden. Die Unternehmen in Deutschland scheinen schon einige Fortschritte gemacht zu haben, denn sie führen die Rangliste bezüglich der Nutzung eines automatisierten Trade-Compliance-Managements an.

Deutschland führend beim AEO

Aktuell sind 56% der deutschen Firmen AEO-zertifiziert, weitere 10% planen, bald ein Zertifikat zu beantragen. Somit sind in Deutschland doppelt so viele Firmen AEO-zertifiziert wie in Frankreich; in Großbritannien sind es noch weniger als in Frankreich. Dieser hohe Wert unterstreicht das Awareness-Level in Deutschland und das große Interesse an Sicherheit.

In den untersuchten Ländern verbringen Spezialisten viel Zeit damit, Produkte zu klassifizieren, Importe und Exporte zu dokumentieren und Ursprungszertifikate zu erstellen. In den Beneluxstaaten sind zwar 53% der Unternehmen AEO-zertifiziert, doch nur 50% haben einen dokumentierten Prozess für Export-Compliance und kaum passende Software, obwohl diese durchaus gewünscht wird. Die Automatisierung ist im Bereich der Produktklassifizierung zu 5,6% erfolgt, beim FTA-Management zu 7% und beim Restricted-Party-Screening (RPS) zu 48%.

In Frankreich ist die manuelle Abwicklung von Trade-Compliance noch weitverbreitet: Insgesamt gaben nur 30% der Befragten an, mit einem Softwareprogramm zu arbeiten. Die anderen 70% arbeiten manuell oder nichtformell. Produktklassifikation und FTA-Management werden je zur Hälfte manuell abgewickelt. Insgesamt gibt es hier zu viel Raum für Improvisation, so dass 15% trotz Warnung oder gar Strafe ihre Arbeitsprozesse nicht überprüfen.

Großbritannien mit Nachholbedarf

Die Automatisierung ist in Großbritannien im Vergleich zu anderen Staaten kaum verbreitet. Beim FTA-Management sind es lediglich 6%, bei der Produktklassifizierung 21% und beim Restricted-Party-Screening immerhin 25,5% der Befragten. Ein Viertel der Befragten ist sich der Wichtigkeit der Automatisierung bewusst und plant daher diesbezüglich größere Investitionen. 22,5% der britischen Unternehmen haben ein AEO-Zertifikat.

In Irland machen 90% der Firmen RPS auf einer regulären Basis, 17% nutzen Softwaretools zur Produktklassifizierung. Ein Fünftel der irischen Unternehmen ist AEO-zertifiziert. In der Schweiz verfügen die meisten der befragten Unternehmen über ein umfangreiches Trade-Compliance-Management-System, und 48% gaben an, Investitionen in Trade-Compliance-Software zu planen. Das FTA-Management sowie die Produktklassifizierung sind bislang zu 21% automatisiert, das Restricted-Party-Screening sogar zu 45%.

Insgesamt bietet die GTM-Technologie noch ungenutzte Potentiale, unter anderem eine gut funktionierende, zentralisierte Trade-Compliance-Funktion. Diese wird laut Amber Road von westeuropäischen Managern noch nicht genug geschätzt.

Außerdem warnt Amber Road davor, die Kosten für die Nichteinhaltung der Compliance-Regeln zu unterschätzen und am falschen Ende zu sparen; auch die finanziellen Risiken würden oft unterbewertet. Ein automatisiertes Restricted-Party-Screening sei normalerweise der erste Schritt zu einer kompletten Trade-Compliance-Automatisierung, und durch eine Automatisierung ließen sich noch mehr Zeit und Kosten sparen.

gunther.schilling@frankfurt-bm.com

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