Kolumbien, Peru und Ecuador haben mit Inkrafttreten der Freihandelsabkommen die Einfuhrzölle für viele EU-Waren auf null gesenkt. Für zahlreiche sensible Produkte bestehen jedoch weiterhin Zoll- und Quotenbarrieren. Eine Herausforderung, die vor allem in der Optimierung der Anwendung liegt, da die präferenziellen Ursprungsnachweise und die Zolltarife genau ermittelt werden müssen.

Von Arne Mielken, BA (Hons) MA MIEx (Grad), Senior Trade Specialist, Content (European Union), Amber Road

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Für den Export von Produkten und Dienstleistungen müssen Unternehmen die Marktgegebenheiten im Zielland kennen. Dazu zählen auch die Zollbestimmungen. Diese bringen für Exporteure gewisse Herausforderungen mit sich.

Seit Inkrafttreten des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den Andenstaaten (Kolumbien, Peru, Ecuador) hat die EU die Importzölle für rund 95% der Ursprungserzeugnisse aus den drei Ländern auf null gesetzt.  Bei Waren ab Kapitel 25 des Harmonisierten Systems (HS) gibt es einige Ausnahmen, insbesondere in den Kapiteln 29, 33, 35 und 38. Auch für zahlreiche landwirtschaftliche Erzeugnisse wurden die Zollabgaben gesenkt. Es gibt aber hier, wie üblich, deutlich mehr Einschränkungen.

Schrittweiser Zollabbau

Im Gegenzug haben Kolumbien (seit 1. August 2013), Peru (seit 1. März 2013) und seit 1. Januar 2017 auch Ecuador die Einfuhrzölle für eine Vielzahl gewerblicher und landwirtschaftlicher Waren mit Ursprung in der EU auf null reduziert. Im Fall von Ecuador betrifft dies rund 60% der EU-Importe.

Vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der EU, aber auch Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen haben jetzt einen besseren Marktzugang. Außerdem sind circa 100 geographische Angaben der EU (z.B. bei Parmaschinken, Champagner, Edamer) nun auch in Ecuador geschützt.

Für zahlreiche sensible Produkte gibt es aber nur einen schrittweisen Abbau der Zölle. In Einzelfällen sind hierfür zehn (Kolumbien) oder 15 Jahre (Peru, Ecuador) vorgesehen. Daneben bestehen, insbesondere für landwirtschaftlicher Erzeugnisse, auch Quotenregeln und andere Einschränkungen. In Kolumbien gibt es beispielsweise für Pharmazeutika, Kosmetika und Chemikalien spezielle Registrierungs-, Etikettierungs- und Verpackungsvorschriften. Tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen sowie Alkohol muss ein Gesundheitszeugnis beigelegt werden, das vom deutschen Konsulat in Kolumbien gegengezeichnet werden muss.

In Ecuador braucht es für einige Waren eine Importgenehmigung (z.B. für Fette und Öle – Genehmigung durch das Landwirtschaftsministerium). Pharmazeutische Artikel sowie Pflanzenschutzmittel müssen registriert sein. Kosmetika und Medikamente benötigen ein Freiverkaufszertifikat.  Bei Zellwolltextilien oder Zellwolle/Kunstseide wird ein Inspektionszeugnis verlangt. Parfüm, Glücksspielgeräte und Tabak dürfen überhaupt nicht importiert werden. In Peru gilt ein Importverbot für Parfüm, Medikamente (in Pulver), gebrauchte Autoteile und gebrauchte Kleidung.

Einzelheiten zum Zollabbau Kolumbiens sind in Anhang I Anlage 1 Abschnitt A („Tariff Elimination Schedules of Colombia for goods originating in UE“) zu finden. Die Angaben zum Zollabbau in Peru sind in Anhang I Anlage 1 Abschnitt C („Tariff Elimination Schedules of Peru for goods originating in UE“) enthalten. Die Angaben zum Zollabbau Ecuadors finden sich in Anhang V ab Seite 753 des Amtsblatts (EU) Nr. L 356 vom 24. Dezember 2016.

Die Freihandelsabkommen der EU mit den Andenstaaten enthalten darüber hinaus Regelungen zum Austausch von Dienstleistungen und Rahmenbedingungen für die Gründung von Niederlassungen, E-Commerce, Kapitalverkehr, öffentlichem Beschaffungswesen, geistigem Eigentum und Wettbewerb.

Komplexer Ursprung

Die zwischen den Vertragsparteien ausgehandelten Ursprungsregelungen (je-weils Anhang II der Abkommen) entsprechen vom Aufbau her den bekannten Standardprotokollen. Als förmlicher Ur-sprungsnachweis ist die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vorgesehen. Daneben gibt es die Ursprungserklärung auf der Rechnung (bis 6.000 EUR ohne weitere Formalitäten, ohne Wertbeschränkung nur als Ermächtigter Ausführer).

Unter bestimmten, festgelegten Bedingungen sind weitreichende regionale Kumulationsmöglichkeiten mit sechs zentralamerikanischen Staaten (Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Panama), anderen Andenstaaten (Bolivien und Venezuela) sowie den karibischen Staaten (Cariforum) und Mexiko möglich. Dies betrifft vor allem Vormaterialien aus diesen Ländern. Sobald die Be-/Verarbeitung in den Andenstaaten mehr als eine Minimalbehandlung ist, gelten die unter Verwendung von Vormaterialien aus den o.g. Ländern hergestellten Produkte als Ursprungswaren des jeweiligen Andenlandes.

Ungewisser Ausblick

Durch die Erweiterung der Präferenzzone um Ecuador ist die Vereinfachung des Handels mit den Andenstaaten einen wesentlichen Schritt vorangekommen. Jetzt steht noch der Beitritt Boliviens aus. Die Verhandlungen laufen. Der Abschlusstermin ist aber zurzeit völlig offen.

Die Präferenzabkommen sollen zur Steigerung des Überseehandels zwischen der EU und den Andenstaaten sowie zu einer stärkeren regionalen Integration der Andenländer und mehr Warenverkehr in der Region beitragen.

Hilfreiche Cloudlösungen

Viele KMUs tun sich schwer, die Vorteile von Freihandelsabkommen im Überseeverkehr zu nutzen, da die Ursprungs- und Kumulationsregeln sehr anspruchsvoll und die Zolltarife immer wieder Änderungen unterworfen sind. Die Risiken sind groß. Falsche oder nicht gerechtfertigte Ursprungsangaben auf präferenziellen Ursprungsnachweisen können wirtschaftliche Einbußen zur Folge haben, aber auch strafrechtliche Zollverfahren für den Exporteur und den Empfänger auslösen.

Mit IT-Unterstützung lassen sich diese Komplexitäten jedoch kosteneffizient handhaben und allfällige Risiken minimieren. Zahlreiche Unternehmen bieten heute kostengünstige Cloudlösungen für das Managen von Freihandelsabkommen an. Diese rechnen sich auch für KMUs und können in bestehende ERP-Systeme integriert werden.

Optimierte Anwendung

Obwohl Freihandelsabkommen Handelsunternehmen finanzielle Vorteile bringen, steht aus Sicht vieler Unternehmen der Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zum Gewinn. Der Grund sind die erforderlichen Prüfprozesse, die meist noch manuell durchgeführt werden und so sehr zeitaufwendig sein können.

Die Ursprungsregeln können in den Abkommen nachgelesen oder im Präferenzportal der Zollverwaltung recherchiert werden. Der Exporteur muss den Ursprung seiner Waren abklären und seinem Abnehmer im Bestimmungsland Ursprungserklärungen zur Verfügung stellen. Dazu müssen z.T. hochkomplexe Stücklisten (BOMs) mit den Anforde­rungen des jeweiligen Handelsabkommens abgeglichen werden. Diese Quali­fizierung bildet die Grundlage für die Ursprungszeugnisse und für präferenzielle Zölle.

Softwarelösungen vereinfachen den Export durch die Automatisierung von Ursprungsmanagement, Produktqualifizierung und Management der Lieferantenerklärungen. Gleichzeitig schaffen Sie Transparenz entlang der gesamten Supply-Chain. Sie sind ein wichtiger Teil jeder Digitalisierungsstrategie in exportierenden Handels- und Produktionsunternehmen.

Fazit

Mit Hilfe von Softwarelösungen lassen sich präferenzielle Ursprungsnachweise für Exporte in die Andenstaaten und Lieferantenerklärungen zum Produktursprung für Rohstoff- und Halbwarenimporte für die Produktion in Deutschland schneller und kosteneffizient erstellen. Die Einführung einer Software hat zudem den Nebeneffekt, dass Produktions- und Handelsprozesse analysiert, hinterfragt und optimiert werden In vielen Fällen steigt die Wertschöpfung und bringt „Quick Wins“.

Ausführliche Informationen zum Freihandelsabkommen mit Japan (ein Beitrag dazu erschien im ExportManager 07/2017 HIER) bietet das kostenlose, englischsprachige Webinar „EU-Japan-EPA – Why it Matters to Your Business“ am 19. Oktober um 11 Uhr. Anmeldungen sind über folgenden LINK möglich.

ArneMielken@AmberRoad.com

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