China setzt seinen Weg zur führenden Weltwirtschaftsmacht konsequent fort: Seit Juli 2010 erlaubt das „RMB Trade Settlement Scheme“, Handelsgeschäfte grenzüberschreitend in Renminbi (CNY) mit allen Ländern weltweit abzuwickeln – ein Meilenstein für die Internationalisierung der Landeswährung, der nicht nur den chinesischen Exporteuren und Importeuren, sondern auch ­deutschen, im China-Geschäft tätigen Unternehmen entscheidende Vorteile bringt.

Von Angela Koll, Specialist Sales Strategy International Business, Commerzbank AG

Der Renminbi (offizielle Währungsbezeichnung „CNY“) ist zwar nach wie vor nicht frei konvertierbar, und bei Handelsgeschäften mit der Landeswährung gilt es, bestimmte Regularien zu beachten (z.B. sind Spekulations- und Investitionsgeschäfte in Renminbi nicht zugelassen). Aber nun ist ein grenzüberschreitender Handel in Renminbi mit allen Ländern weltweit möglich, und zwar für chinesische Unternehmen mit Sitz in nunmehr 20 Provinzen, Städten und autonomen Regionen Chinas: In diesen Gebieten sitzen 95% der im Außenhandel tätigen chinesischen Unternehmen, die nun auch im Ausland Renminbi-Konten halten können.

In den von der chinesischen Regierung benannten Provinzen, Städten und autonomen Regionen müssen sich exportierende Unternehmen als „Mainland Designated Enter­prise“ (MDE) registrieren lassen, um am RMB Trade Settlement Scheme teilnehmen zu können: Die Anzahl der MDEs stieg zuletzt immens auf inzwischen über 70.000. Dies verdeutlicht das große Interesse chinesischer Unternehmen, durch die neue Vereinbarung nun Handelsgeschäfte in Renminbi zu tätigen und das damit verbundene Währungsrisiko bei Handelsgeschäften ins Ausland zu verlagern. Für Importgeschäfte ist eine Registrierung als MDE im Rahmen des RMB Trade Settlement Scheme nicht notwendig.

Auch für deutsche Unternehmen eröffnen sich sehr interessante Perspektiven, bei ihren Handelsbeziehungen auf dem florierenden chinesischen Markt mit Unterstützung international agierender Finanzinstitute vom RMB Trade Settlement Scheme zu profitieren. Die Vorteile der neuen Bestimmungen sind äußerst vielfältig: Neben der Fakturierung für Import- und Exportgeschäfte in CNY sind nun Festpreisvereinbarungen in CNY möglich. Damit ergeben sich weitaus weniger Nachverhandlungen aufgrund von Kursveränderungen und Preisanpassungen mit dem chinesischen Partner. Das deutsche Unternehmen hat durch die Übernahme des Währungsrisikos und durch eine mögliche Nutzung von Preisvorteilen eine bessere Verhandlungsposition, da die Kosten für eine Absicherung des Kurses nicht mehr in die Preiskalkulation des Verkäufers einfließen. Bei großen Unternehmen kann das Währungsrisiko jetzt zentral in Deutschland gesteuert und kontrolliert werden, möglich ist auch eine Rechnungstellung in Renminbi zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft. In enger Begleitung des zugrundeliegenden Warengeschäfts lässt sich sogar eine Kursabsicherung von Renminbi gegen andere Währungen abschließen.

Wichtig für deutsche Unternehmen ist dabei stets die enge Partnerschaft mit einem auf dem chinesischen Markt er­fahrenen Finanzinstitut: Sowohl in den deutschen Filialen der Commerzbank als auch in den Filialen Shanghai, Peking und Hongkong können deutsche bzw. gebietsfremde Firmenkunden Konten eröffnen. Neben der Möglichkeit, Import- und Exportzahlungen in Renminbi ausführen zu lassen, bietet die Commerzbank für die Handelsgeschäfte bewährte Zahlungs- und Sicherungsinstrumente wie Dokumentenakkreditive, Inkassi und Bankgarantien. Eine breite Vernetzung der Commerzbank mit 130 chinesischen Korrespondenzbanken reduziert mögliche zeitliche Verzögerungen bei Geschäftsabwicklungen, da Akkreditivdokumente erfahrungsgemäß von chinesischen Banken mit besonderer Sorgfalt geprüft werden.

Um eine zeitnahe Zahlung konformer Akkreditivdokumente zu gewährleisten, bietet die Commerzbank ihren Kunden den Service an, die einzureichenden Dokumente eines Akkreditivs zu erstellen.

Unter dem Strich hat das RMB Trade Settlement Scheme für deutsche Unter­nehmen folgende Bedeutung: Aufgrund des verstärkten Interesses chinesischer Unternehmen, Import- oder Export­geschäfte in Renminbi abzuschließen, können sie ihre Marktposition stärken bzw. ausbauen.

Durch die Liberalisierung des Renminbi ergibt sich ein weiterer Ausbau der ohnehin schon prosperierenden Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China: Nach Einschätzung von Experten steigt China in diesem Jahr zum zweitgrößten Absatzmarkt (nach Frankreich) für die deutsche Wirtschaft auf. Danach exportieren deutsche Firmen 2011 Waren im Wert von 66 Mrd Euro nach China und damit fast doppelt so viel wie 2009. Erstmals würde China damit starke Handelspartner wie die USA, Großbritannien und die Niederlande überholen. Bis zum Jahr 2030 prognostizieren Experten einen Ausbau der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China auf ein Volumen von rund 140 Mrd Euro.

Für im China-Geschäft tätige deutsche Unternehmen stellen die hohen wirtschaftlichen Zuwachsraten einen weiteren potentiellen Erfolgsfaktor dar: Denn damit steigt auch die Zahl kaufkräftiger Konsumenten in China. Heute gehören bereits 200 Millionen Menschen in China der Mittelschicht an. Schätzungen gehen dahin, dass es bis zum Jahr 2020 rund 680 Millionen Chinesen sein werden.

Diese Entwicklung basiert nicht zuletzt auf rapide steigenden Löhnen im verarbeitenden Gewerbe: In der jüngsten Vergangenheit wurde beispielsweise der Mindestlohn in Peking innerhalb von sechs Monaten zweimal angehoben, beide Male um mehr als 20%. Die damit verbundenen landesinternen Probleme der Inflation versucht die People’s Bank of China (PBoC) mit verschiedenen Maßnahmen in den Griff zu bekommen – für deutsche Unternehmen mit Ziel China bedeuten höhere Mindestlöhne und damit verbunden ebenso steigende Gehälter der Mittel- und Oberklasse aber eine weitere Stärkung der Kaufkraft und ein größeres Interesse an westlichen Konsumgütern: Mit rund 128.000 Pkw wurden im ersten Halbjahr 2010 mehr deutsche Autos nach China exportiert als im gesamten Jahr 2009.

Dazu weist China einen hohen Investitionsbedarf im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, der Energieerzeugung, der Bergbausicherheit, der Umweltschutztechnik und des Gesundheitswesens auf. Deutsche Unternehmen bringen nach Ansicht von Wirtschaftsexperten die Voraussetzungen mit, um die Modernisierung der chinesischen Volkswirtschaft mit Produkten, Verfahren und Know-how zu unterstützen und an der Vergabe entsprechender Aufträge teilzuhaben.

Durch die Ausweitung des RMB Trade Settlement Scheme erhalten diese Investitionen in China zusätzlichen Rückenwind. Im März 2010 betrug das Handelsvolumen für Geschäfte im Rahmen des Trade Settlement noch 18,35 Mrd CNY, zwölf Monate später bereits 360,32 Mrd CNY (kumuliert). Dabei lag im März dieses Jahres das Volumen für Exporte aus China bei 20,23 Mrd CNY, für Importe bei 320,5 Mrd CNY. Zum Vergleich: Im März 2010 lagen die Handelszahlen für Exporte bei vergleichsweise bescheidenen 1,03 Mrd CNY und bei Importen nur bei 16,32 Mrd CNY.

Alle genannten Faktoren führten dazu, dass China auf der Basis aktueller Marktpreise inzwischen hinter die USA auf den zweiten Platz der größten Volkswirtschaften der Welt rückte und damit Japan überholte. Experten des Internationalen Währungsfonds erwarten, dass die Wirtschaft in China in den nächsten fünf Jahren absolut, in laufenden US-Dollar gemessen, stärker wächst als in den USA. Bis zur Etablierung der chinesischen Währung als wichtige internationale Handelswährung ist es allerdings noch ein weiter Weg. Der chinesische Präsident Hu Jintao bezeichnete im Januar dieses Jahres das globale, auf dem US-Dollar basierende Wirtschaftssystem zwar als „a thing of the past“, seinen Worten müssen aber noch weitere Taten folgen: Aufgrund der Wirtschaftsentwicklungen vermuten Experten, dass sich der Renminbi in fünf bis acht Jahren als internationale Leitwährung etablieren und somit frei konvertierbar und handelbar sein wird.

Hongkong spielt auf diesem Weg als „Pionier“ eine wichtige Rolle: Zu Beginn dieses Jahres erklärte die chinesische Regierung Hongkong als „Offshore Renminbi Center“, inzwischen entwickelte sich dort ein Interbankenmarkt für die „künstliche“ Währung CNH (Offshore ­Renminbi). Der CNH wird in Hongkong frei gehandelt und unterliegt nicht den Bestimmungen des CNY. Unternehmen haben die Möglichkeit, Devisen- und Geldanlagegeschäfte in CNH zu tätigen. Gewissermaßen wurde in Hongkong ein Szenario etabliert, das in den kommenden Jahren von Mainland China übernommen werden könnte, um den Renminbi als zukünftige Leitwährung in den internationalen Markt einzuführen.

Kontakt: angela.koll[at]commerzbank.com

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