Wie gelingt der Markteinstieg in Brasilien? Wie findet man den richtigen Geschäftspartner? Welches sind die Besonderheiten, die auf diesem komplexen Markt zu beachten sind? Fünf Referenten äußerten sich zu diesen Fragen im gut besuchten Länderworkshop Brasilien im Rahmen des 7. IHK-Außenwirtschaftstags NRW, der am 13. September über 800 Besucher in die Westfalenhallen nach Dortmund zog. Wertvolle praktische Tipps lieferte u.a. Franz Stegner, Mitinhaber der Firma Stechert Stahlrohrmöbel GmbH.

Von Sylvia Röhrig, Redakteurin ExportManager, F.A.Z.-Institut

Die Firma Stechert Stahlrohrmöbel GmbH habe den Markteinstieg in Brasilien erfolgreich gemeistert, so Franz Stegner, Mitinhaber des fränkischen Traditionsunternehmens. Der Marktführer bei der Herstellung von Stadionstühlen, der bereits fünf Fußballstadien in Südafrika ausstattete, habe auch in Brasilien den Zuschlag für die Bestuhlung von einem Fußballstadion, das für die Weltmeisterschaft 2014 vorgesehen ist, erhalten. Und es besteht die Aussicht, dass Stechert noch weitere Stadien bestuhlen wird. Stegner erläuterte sein Erfolgsrezept. Erstens: gute Überzeugungsarbeit bei den Brasilianern leisten. Zweitens: den richtigen Partner finden, und drittens: vor Ort produzieren lassen.

Bei der Partnersuche käme es zunächst darauf an, die faulen Eier zu erkennen. Mit dem Lizenzpartner Kango Brasil Ltda., einem erfolgreichen Unternehmen aus Südbrasilien, sei es ihm gelungen, die Rosine aus den potentiellen Partnern herauszupicken. Die lokale Fertigung sei in Brasilien meistens die beste Wahl, denn so könne man die hohen Anforderungen hinsichtlich des „Local Content“ am besten erfüllen bzw. die bürokratischen Hürden beim Import umgehen.

Angesichts des erfolgreichen Markt­einstiegs und der guten Wachstumsaussichten plane Stechert nun, weitere Objekte in Brasilien, z.B. Hörsäle und Hotels, mit Stühlen einzurichten. Hiermit würde das Unternehmen eine Marktlücke schließen.

Wegen der Komplexität des brasilianischen Marktes sei die Zusammenarbeit mit einem guten und verlässlichen brasilianischen Partner einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Deshalb habe die IHK zu Essen mit dem Pilotprojekt „NRW goes to Brazil Plus“ ein neues Förderinstrument für mittelständische Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen entwickelt. Unternehmen erhielten in diesem Rahmen die Möglichkeit, projektorientiert den brasilianischen Markt zu erschließen, erläuterte Veronika Lühl, Leiterin des Geschäfts­bereiches International der IHK zu Essen, die den Workshop moderierte. „NRW goes to Brazil Plus“ böte eine Plattform, in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen aus dem Bundesland ein Netzwerk aufzubauen, um konkrete Projekte gemeinsam zu verfolgen und den Kontakt zu brasilianischen Unternehmen aufzunehmen. Zielgruppe seien insbesondere Unternehmen aus den Bereichen Umwelt, Energie, Sicherheitswirtschaft und Infrastruktur.

Brasilien werde die gegenwärtige Wachstumsschwäche bald überwinden. Darüber waren sich alle Referenten einig. Das Marktpotential sei enorm. Die bevorstehenden Sportereignisse – Fußballweltmeisterschaft 2014 und Olympiade 2016 – sowie die Ausbeutung riesiger Ölvorkommen seien nur zwei von vielen Faktoren, die in den nächsten Jahren für ein hohes Wachstum sorgen würden.

Die Zunahme der deutschen Lieferungen nach Brasilien bekäme Coface längst über eine wachsende Nachfrage der Kunden nach Kreditversicherungen zu spüren, bestätigte Jochen Böhm, Bereichsleiter Creditline, Coface Deutschland. Coface- Kunden belieferten vor allem die Öl- und Gas- sowie die Automobilindustrie. Doch auch andere expandierende Branchen wie z.B. das Agrobusiness und die Lebensmittelindustrie sowie der Infrastrukturausbau trieben die Nachfrage nach deutscher Technik an. Brasilien gehöre zu den Top-Ten-Märkten der Coface-Gruppe. Auch das innerbrasilianische Geschäft von Coface expandiere kräftig.

Das Zahlungsverhalten brasilianischer Unternehmen sei in den vergangenen Jahren sehr gut gewesen – während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sei es sogar besser gewesen als in Deutschland, merkte Böhm weiter an. Derzeit stiegen die Zahlungsausfälle in Brasilien allerdings wieder leicht. Angesichts der guten Informationslage bzgl. brasilianischer Unternehmen könne man jedoch mit einem klugen Risikomanagement verlässliche Geschäfte aufbauen.

Hanno Erwes, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer in Rio de Janeiro, wies auf das Deutschlandjahr hin, das im Mai 2013 in Brasilien beginne. Die Vorbereitungen dafür liefen bereits. Im Rahmen des Deutschlandjahrs würde die gesamte Bandbreite der deutsch-brasilianischen Beziehungen präsentiert. Unternehmen sollten dieses Ereignis für die Entwicklung neuer Kooperationen nutzen.

Weitere Informationen zum Deutschlandjahr sowie zum Projektkatalog unter dem Link: www.alemanha-e-brasil.org/de.

Textkasten: Deutsche Exporte nach Brasilien ­wachsen weiterhin zweistellig

Die deutschen Ausfuhren nach Brasilien wachsen seit drei Jahren mit zweistelligen Zuwachsraten. 2011 legten sie um gut 11% auf 11,7 Mrd EUR zu. Im Zeitraum Januar bis Juli 2012 blieb der Zuwachs mit einem Plus von 10,4% hoch. Maschinen machen gut 27% der deutschen Exporte ins Amazonasland aus, gefolgt von chemischen Erzeugnissen (16,9%), Kraftwagen und Kraftwagenteilen (13,7%) sowie Elektronik und elektrischen Ausrüstungen (13,8%). Bei den deutschen Importen aus Brasilien (2011: 11,2 Mrd EUR) dominieren Erze (28%), landwirtschaftliche Erzeugnisse (21%) sowie Nahrungs- und Futtermittel (13%).

Kontakt: s.roehrig[at]faz-institut.de

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