Bangladesch weist seit einigen Jahren ein konstantes Wirtschaftswachstum von rund 6% auf und verfügt über das Potential, diese Dynamik in den nächsten Jahren noch weiter zu steigern. Die Regierung setzt auf eine Diversifikation der heimischen Industrie und der Exporte. Da umfangreiche Investitionen in neue Produktionsstätten und moderne Maschinen notwendig sind, bieten sich für deutsche Unternehmer auch außerhalb der Textilindustrie lohnende Geschäftsmöglichkeiten.

Von Arjuna Johannes Menon, Relationship Manager, Strukturierte Außenhandelsfinanzierung, BHF-BANK

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Mit circa 160 Millionen Einwohnern auf rund 144.000 qkm gehört das Land am indischen Ozean zu den am dichtesten bevölkerten Staaten der Welt. Der Südwestmonsun sorgt für sehr starke Niederschläge mit Überschwemmungen. Diese hohe Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen schwächt das Land und seine Bewohner immer wieder. Rund die Hälfte der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, circa ein Drittel der Bangladescher leben unterhalb der Armutsgrenze. Nur etwa jeder Zweite hat Zugang zu sanitären Einrichtungen.

Dennoch ist Bangladesch die drittgrößte Volkswirtschaft Südasiens, nach Indien und Pakistan, und ein stabiler Motor für das Wachstum in der Region. In den vergangenen Jahren lag das reale Plus der Wirtschaftsleistung bei rund 6% pro Jahr. Die Handelsbilanz des Landes ist jedoch defizitär. Vor allem aus China, Indien und Japan führt Bangladesch deutlich mehr Waren ein, als es dahin ausführt.

Relativ stabile politische Situation

Bangladesch blickt auf eine eher wechselvolle Geschichte zurück: Bis 1947 war es Teil Britisch-Indiens, nach dessen Teilung in einen mehrheitlich hinduistischen Staat (Indien) und einen muslimischen Staat (Pakistan) wurde das heutige Bangladesch Pakistan zugeordnet. Die Landesbezeichnung „Ost-Pakistan“ entstand. Seit 1971 schließlich ist Bangladesch unabhängig. Nach dem Ende der Militärdiktatur ist das Land dabei, sich immer stärker zu demokratisieren – seit 1991 ist es eine parlamentarische Demokratie. Seither wechseln sich zwei große Parteien gegenseitig an der Macht ab, die Awami League (AL) und die Bangladesh National Party (BNP).

Derzeit regiert die AL mit Ministerpräsidentin Sheikh Hasina das Land. Nachdem die BNP 2014 nicht zur Wahl angetreten war und seitdem Neuwahlen fordert, kommt es, wie so oft in Bangladesch, immer wieder zu Streiks und Ausschreitungen. Dies scheint jedoch keine negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum zu haben. Gerade in den vergangenen Jahren war die wirtschaftliche Entwicklung Bangladeschs sehr gut.

Enge Handelsbeziehungen mit Indien und China

Wirtschaftliche Beziehungen zum Ausland sind für Bangladesch sehr wichtig, denn das Land ist auf verlässliche Exporterlöse angewiesen. Schon allein aufgrund der geographischen Lage des Landes ergeben sich enge wirtschaftliche Beziehungen zu Indien, aber auch China ist zum wichtigen Außenhandelspartner Bangladeschs geworden. Zudem werden im Bereich Infrastruktur viele Baumaßnahmen von chinesischen Bauunternehmen durchgeführt und mit Krediten aus China finanziert.

Seit 2012 gewährt der Internationale Währungsfonds dem Land einen Kredit in Höhe von knapp 1 Mrd USD, der zur Umsetzung weiterer Reformen genutzt wird. Dieses Geld sowie die Auslandsüberweisungen (zuletzt rund 14 Mrd USD) der etwa 9 Millionen Bangladescher, die in den Golfstaaten als Gastarbeiter tätig sind, tragen dazu bei, dass die Leitungsbilanz des Landes positiv ist. Neben den Exporterlösen sind diese Auslandsüberweisungen die wichtigste Devisenquelle des Landes.

Wirtschaft wird vielfältiger ­aufgestellt

Neben der Landwirtschaft und der Fischerei – in denen knapp die Hälfte der Bevölkerung beschäftigt ist, die aber nur circa 16% zur Wirtschaftsleistung des Landes beitragen – spielt die Textil- und Bekleidungsindustrie in Bangladesch traditionell eine sehr bedeutende Rolle. Schon während der britischen Kolonialzeit war die Weberei einer der wichtigsten Produktionszweige. Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1971 stellte die damalige Regierung auf moderne Kleidungsproduktion um. Heute ist Bangladesch nach China der zweitgrößte Exporteur von Textilien und Bekleidung weltweit. Der Industriezweig trägt etwa 17% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Darüber hinaus zählt die Textilbranche zu den wichtigsten Arbeitgebern des Landes. Dennoch muss das Land seit einiger Zeit auf neue Industriezweige setzen, denn die Konkurrenz mit anderen Produktionsländern wie Myanmar oder Kambodscha nimmt stetig zu. Die Regierung ist deshalb bestrebt, die Abhängigkeit des Landes von der Textilindustrie zu verringern.

Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmer

Die Pharmaindustrie und der Gesundheitssektor gewinnen in Bangladesch zunehmend an Bedeutung. Bediente die Pharmaindustrie zunächst nur den inländischen Markt, so werden inzwischen Generika ins Ausland exportiert, auch in stark regulierte Märkte wie die Europäische Union. Damit ist die Pharmaindustrie zum zweitwichtigsten Exportzweig für Bangladesch geworden und birgt gerade für deutsche Unternehmen enormes Potential, denn hochwertige und zuverlässige Maschinen und Anlagen zur Ausstattung der Produktionsstätten werden dringend benötigt.

Auch im Gesundheitssektor hat sich in letzter Zeit viel getan. Der steigende Bedarf an privaten Krankenhäusern in Bangladesch bringt eine vermehrte Nachfrage nach hochwertiger Ausrüstung, zum Beispiel für Intensivstationen, und Diagnosegeräten, wie MRTs, mit sich. Neben den bekannten Weltmarktführern in diesem Segment bieten sich hier auch für mittelständische Unternehmen gute Geschäftsmöglichkeiten, denn der Gesundheitsmarkt in Bangladesch wird auch in den nächsten Jahren weiter wachsen.

Darüber hinaus sollten deutsche Unternehmer den Energiesektor Bangladeschs im Blick behalten. Die staatliche Energieversorgung ist an ihre Grenzen gelangt, und private Stromerzeuger sind unabdingbar geworden, um die Energieversorgung im Land sicherzustellen. Momentan setzt man vorwiegend auf Techniken, bei denen Gas, Kohle oder Schweröl als Primärenergiequellen genutzt werden sollen. Hier haben deutsche Unternehmen die Chance, ihre Produkte zu platzieren.

Besserer Zugang zu internationalen Finanzierungen

Entschließt sich ein deutscher Unternehmer, Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen vor Ort aufzunehmen, so funktioniert die Zusammenarbeit in der Regel gut. Trotzdem sollten deutsche Unternehmer für Geschäftstätigkeiten in Bangladesch eine Bank an ihrer Seite haben, die erfahren ist und gute Beziehungen zu Unternehmen und Banken im Land pflegt. Die BHF-BANK beispielsweise ist in der Finanzierung für Privatunternehmen aktiv und schloss im vergangenen Jahr eine große Transaktion mit einem bangladeschischen Pharmaunternehmen erfolgreich ab. Das Besondere hierbei war, dass dies die erste Hermes-gedeckte Finanzierung mit einem lokalen Unternehmen als Kreditnehmer in Bangladesch war.

Bangladesch hat seit Jahren einen kontinuierlichen Wachstumspfad eingeschlagen. Auch Finanzierungen aus dem Ausland in Bangladesch sind deutlich attraktiver und einfacher geworden. Die staatlichen Kreditversicherer sehen das Land mittlerweile auf einem verbesserten Risikoniveau. Damit haben sich die Versicherungsprämie und folglich auch die Finanzierungskosten insgesamt verringert. Durch weitere geplante Reformen versucht die Regierung Bangladeschs, lokalen Firmen den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten zu erleichtern – ein wichtiger Schritt im Hinblick auf eine internationale Positionierung.

Ausblick

Bangladesch hat sich viel vorgenommen: In der „Vision 2021“ setzt sich die Regierung das Ziel, das Plus bei der Wirtschaftsleistung bis zum Jahr 2021 auf rund 10% zu steigern und die Kategorie mittlerer Einkommen zu erreichen. Die bereits erfolgreich begonnene Diversifikation der Wirtschaft könnte dabei helfen, diese Ziele zu erreichen und das Land weiter auf Wachstumskurs zu halten.

Kontakt: arjuna.menon@bhf-bank.com

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