Das Dokumentenakkreditiv zählt zu den sichersten Zahlungsformen im internationalen Handel, doch das Instrument hat auch seine Schwächen und Tücken, und es erfordert eine sehr gute Handhabung der Dokumente. Um dies zu fördern, richten die Interna-tionale Handelskammer (ICC) Deutschland und die BHF-BANK gemeinsam jedes Jahr in Frankfurt am Main eine Veranstaltung aus, in der Praktiker aus Industrie und Banken auf den neuesten Stand der Entwicklungen im Akkreditivgeschäft gebracht werden.

Von Sylvia Röhrig, Redakteurin ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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„Das Dokumentenakkreditiv ist und bleibt ein wichtiges Zahlungs- und Sicherungsinstrument im internationalen Handel. Es hat sich weltweit etabliert und ist schwierig zu ersetzen“, sagte Hans-Günter Wiesenack, Leiter Trade and Commodity Finance der BHF-BANK, am 2.12.2014 bei der Begrüßung der 87 Teilnehmer im hauseigenen Tagungssaal. Gleichwohl bliebe die Fehlerquote in den Dokumenten hoch, zu viele formale Unstimmigkeiten führten immer noch zur Ablehnung von Dokumenten in Milliardenhöhe durch die Banken, gab Edith Babuscio, die Hauptreferentin der Veranstaltung, zu bedenken. Über 90% der Dokumente würden bei erster Vorlage bei den Banken als nicht konform betrachtet, sagte die renommierte Expertin, die viele Jahre das Dokumentengeschäft der BHF-BANK leitete und in der Banking Commission der International Chamber of Commerce (ICC) mitwirkt.

Berücksichtigung der ICC-Richtlinien

Viele Probleme, die in der Phase der Dokumentenprüfung auftreten, ließen sich vermeiden oder könnten durch eine rechtzeitige Änderung des Akkreditivs gelöst werden. Dies setze voraus, dass Auftraggeber, Banken und Begünstigte gute Kenntnisse der ICC-Richtlinien (ERA 600) und der International Standard Banking Practice for the Examination of Documentary Credits (ISBP 745) hätten. Letztgenannter Ratgeber, der zuletzt im Jahr 2013 revidiert wurde und dazu beitragen soll, eine weltweit einheitliche Auslegung der ERA zu erreichen, liege nun zur Unterstützung der Akkreditivsachbearbeiter erstmals in deutscher Sprache vor, sagte Oliver Wieck, Generalsekretär der ICC Germany. Die ISBP habe sich in den vergangenen Jahren zu einer wertvollen Unterstützung für Banken, Unternehmen, Logistiker und Versicherer auf der ganzen Welt entwickelt. Die Beachtung der ISBP werde mit Sicherheit wieder für einen Rückgang der Ablehnungsrate von Dokumenten sorgen.

Lösung von zwanzig Praxisfällen

Die Lösung von zwanzig Fällen aus der Praxis, die sich auf die neuesten Entscheidungen der ICC Banking Commission bezogen und teilweise von den Teilnehmern eingereicht wurden, stand im Mittelpunkt des Seminars. Anhand unterschiedlichster Form- und Formulierungsfehler in den Dokumenten wurde diskutiert, ob diese jeweils eine Ablehnung des Akkreditivs durch die Bank begründeten. Babuscio wies darauf hin, dass der neue Standard internationaler Bankpraxis im Einklang mit den ERA 600 und den ICC Opinions and Decisions stehe. Er solle nicht isoliert, sondern stets im Zusammenhang mit diesen Publikationen gelesen und angewendet werden.

Schwächen des Akkreditivs

Nicht nur die hohe Fehlerquote, auch die immer noch vorherrschende Abwicklung auf Papierbasis (die elektronische Abwicklung scheitere oft an der mangelnden Kompatibilität der Systeme in den jeweiligen Ländern) schwächten das Instrument, das sich nicht wirklich weiterentwickelt habe, räumte Babuscio kritisch ein. Die Datenanalyse der ICC im „Global Survey on Trade Finance 2014“ bestätige, dass Unternehmen die offene Rechnung als Zahlungsform vorzögen – oft auch in Verbindung mit einer Kreditversicherung, um die hohen Risiken zu reduzieren.
Löwenanteil des Akkreditivgeschäfts wird in Asien abgewickelt
Besonders verbreitet sei die Nutzung des Akkreditivs in der Region Asien-Pazifik, wo 2013 rund 68% der Importakkreditive und 75% der Exportakkreditive weltweit abgewickelt worden seien. An zweiter Stelle folge die Euro-Zone (jeweils 8% und 10%), was auf die besonderen Risiken in Verbindung mit der Euro-Krise zurückzuführen sei. Das Akkreditiv bewähre sich insbesondere bei großvolumigen riskanten Geschäften. So sei der Durchschnittsbetrag eines Akkreditivs 2013 von 616.000 auf 653.000 USD gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Während der US-Dollar mit einem Anteil von 81% die wichtigste Akkreditivwährung sei, hätte der Renminbi 2013 mit einem Anteil von 8,7% den Euro (6,6%) überholt.

Andere Finanzierungsinstrumente auf dem Vormarsch

Der „ICC Global Survey“ habe auch herausgestellt, dass das Factoring als interna­tionales Finanzierungsinstrument an Bedeutung gewinne. Auch die Bank Payment Obligation (BPO, ein Regelwerk der ICC) sei eine weitere Finanzierungsform mit Zukunft, so die Einschätzung von Babuscio. Die Stärke der BPO sei, dass sie mit Hilfe des Abgleichs der Handelsdaten auf einer elektronischen Plattform (Transaction Matching Application) Flexibilität und Sicherheit kombiniere. Die BPO befinde sich allerdings noch in der Einführungsphase. 45 Corporates und 16 Bankengruppen arbeiteten derzeit weltweit mit der BPO. Der Schwerpunkt der Transaktionen liege eindeutig zurzeit noch in Asien. In Europa seien Deutschland und Belgien mit ersten Projekten der Commerzbank und der UniCredit die Vorreiter.

Kontakt: sylvia.roehrig[at]frankfurt-bm.com

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