Afrika zeigt sich insgesamt recht gut gerüstet für den Abschwung in den Industrieländern. 2012 wird das regionale Wirtschaftswachstum nach Einschätzung des Kreditversicherers Coface ähnlich wie im Vorjahr um 4,3% zulegen. Insbesondere die Rohstoff­länder verbuchen nach wie vor hohe Wachstumsraten. Allerdings scheint es ihnen nur begrenzt zu gelingen, die Erlöse aus der ­Rohstoffgewinnung sinnvoll für die Entwicklung des Landes zu nutzen.

Von Dr. Dirk Bröckelmann, Referent Unternehmenskommunikation, Coface Deutschland AG

Die schwächere Nachfrage aus den westlichen Industrieländern kann teilweise durch asiatische Importe – insbesondere chinesische – kompensiert werden, mit der Folge, dass asiatische Schwellenländer weiter sukzessive ihren Einfluss in Afrika erhöhen. Das Wachstum wird zudem durch Investitionen in die Infrastruktur, in Transportwege und die Energieversorgung gestützt. Vor diesem Hintergrund hat Coface im April 2012 die Länderbewertung von drei Ländern (Südafrika, Ghana und Sierra Leone) angehoben. Ein erhöhtes Risiko wird dagegen in Mosambik und Mali gesehen.

In Südafrika wird sich das Wachstum 2012 voraussichtlich verlangsamen. Der private Verbrauch ist rege angesichts niedriger Zinsen und steigender Löhne, obwohl die Haushalte stark verschuldet sind und die Arbeitslosigkeit (23%) hoch ist. Die privaten Investitionen erholen sich allmählich, fließen allerdings vor allem in Modernisierungsmaßnahmen. Die Regierung setzt auf eine expansive Geld- und Fiskalpolitik. Positiv bewertet wird, dass sie kräftig in den Ausbau der Infrastruktur, in Bildung und Sicherheit investiert. Angesichts einer moderaten Staatsverschuldung (37% des BIP) kann sie sich eine Neuverschuldung in Höhe von 5% des BIP leisten.

Die internationale Finanzkrise und die Erwartung sinkender Rohstoffpreise haben zu einem Abzug von ausländischem Kapital geführt, mit der Folge einer Abwertung des südafrikanischen Rand. Die Industrie kann die Vorteile der Abwertung für die Exporte nur bedingt nutzen, weil die Auslandsnachfrage schwächer ist und die mangelhafte Infrastruktur, Stromausfälle und höhere Lohnstückkosten an ihrer Wettbewerbsfähigkeit nagen. Die Einfuhren steigen deutlich stärker als die Ausfuhren. Grund ist die kräftige südafrikanische Nachfrage nach Maschinen, Fahrzeugen und Konsumgütern. Das wachsende Leistungsbilanzdefizit macht Südafrika zunehmend abhängig von volatilem Auslandskapital.

Präsident Zuma verbuchte bislang wenig Erfolge im Kampf gegen Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit und büßte an Popularität ein. Nun steht er vor der Herausforderung, den wirtschaftsfreundlichen rechten Flügel des ANC mit dem linken Flügel zu versöhnen, der für eine Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen eintritt, um diese verstärkt für die Entwicklung des Landes zu nutzen.

Die Wirtschaft von Mosambik wächst weiter dynamisch. 2012 beschleunigt sich das BIP-Wachstum voraussichtlich auf 8%. Hauptantriebskräfte sind ausländische Direktinvestitionen im Bergbausektor und in die Infrastruktur. Die Modernisierung der kommerziellen Landwirtschaft dürfte mit der Unterstützung aus China, Brasilien und Japan Fortschritte erzielen. Doch viele strukturelle Defizite überschatten den Aufschwung und begründen die erhöhte Risikoeinschätzung.

Der Ausbau der Infrastruktur und der Stromversorgung geht nur schleppend voran. Beim Abbau der Rohstoffe kann es zu Engpässen kommen. Das Leistungsbilanzdefizit ist beträchtlich, was auf die hohe Einfuhr von Ausrüstungsgütern und Dienstleistungen zurückzuführen ist. Die Wirtschaft ist zu wenig diversifiziert, die Abhängigkeit des Landes von Aluminium, Kohle und internationaler Entwicklungshilfe (40% der Haushaltsmittel) ist groß. Armut, eine niedrige Produktivität der Landwirtschaft und Nahrungsmittelknappheit führen zu Revolten.

Demokratiefortschritte sowie eine höhere Zuverlässigkeit der Unternehmensdaten veranlassten Coface 2011 zu einer Aufwertung des Geschäftsumfelds von D auf C. Erfolge bleiben dagegen aus, was die Bekämpfung der Korruption und die Erhöhung der Effizienz in Verwaltung und Justiz betrifft. Zudem wächst die politische Unsicherheit, denn 2014 endet die Amtszeit von Präsident Guebuza, der nicht mehr gewählt werden kann.

Die jüngste Heraufstufung der Länderbewertung Ghanas auf B wird mit verschiedenen Faktoren begründet. Der Reichtum an natürlichen Ressourcen und insbesondere die Erschließung der Ölvorkommen (z. B. Jubilee-Ölfeld) bescheren der Wirtschaft ein starkes Wachstum. Die Goldproduktion gewinnt an Bedeutung, die Agrarproduktion (Cash Crop) wird ausgebaut, und es wird kräftig in die Infrastruktur investiert. So dürfte Ghanas BIP 2012 um 8,5% zulegen, nachdem es bereits im Vorjahr ein Plus von 13,5% verzeichnete.

Auch das Geschäftsumfeld in Ghana hat sich verbessert; Coface stufte die Bewertung bereits 2011 von C auf B herauf. Das Land profitiert von demokratischen Verhältnissen, und die Korruption wurde zurückgedrängt. Ghanaische Unternehmen machen ihre Bilanzen zugänglich, und diese sind meist vertrauenswürdig. Das Handelsbilanzdefizit beträgt nur 2% des BIP, doch das Leistungsbilanzdefizit ist hoch. Mit der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen fallen hohe Dienstleistungsimporte und Dividendenzahlungen an das Ausland an. Allerdings wird das Leistungsbilanzdefizit durch ausländische Direktinvestitionen gedeckt. Auch die öffentlichen Finanzen sind verbesserungswürdig. Im Vorfeld der Wahlen, die für Ende 2012 geplant sind und die ein Kopf-an-Kopf-Rennen des Amtsinhabers John Atta Mills mit Oppositionsführer Nan Akufo Addo werden dürften, sind keine Konsolidierungsbemühungen zu erwarten. Ghana wird rechtliche Reformen in Angriff nehmen müssen, um die Rohstofffirmen stärker zur Kasse zu bitten.

Die Länderbewertung von Sierra Leone wurde von D auf C heraufgestuft. Das Land verfügt über sehr umfangreiche natürliche Ressourcen, die teilweise neu entdeckt wurden. Durch die Inbetriebnahme von zwei großen Eisenerzminen wird die Wertschöpfung 2012 voraussichtlich um 50% zulegen. Weitere Impulse für die Wirtschaft sind vom Ausbau des Straßen- und Schienennetzes und der Hafeninfrastruktur sowie durch den Bau von Kraftwerken zu erwarten.

Durch die hohen Eisenerzexporte wird sich das enorme Leistungsbilanzdefizit ab 2012 spürbar reduzieren. Dieses hatte 2011 über 50% des BIP erreicht, weil für den Rohstoffabbau gewaltige Importe von Maschinen und Transportgütern notwendig waren. Dennoch wird die Einfuhr von Investitionsgütern und Erdölprodukten die Leistungsbilanz weiter belasten, und der Staatshaushalt bleibt in den roten Zahlen. Die Konzessionen der Bergbaugesellschaften und die Zollabgaben auf die Importe von Ausrüstungsgütern sind äußerst gering angesetzt. Die Steuereinnahmen aus dem Bergbaugeschäft machen nur 2% des BIP aus. Allerdings ist mit den neuen Bergbaugesetzen eine Überarbeitung der Konditionen für den Rohstoffabbau zu erwarten.

Das politische System weist Demokratiefortschritte auf. Für November 2012 sind Parlamentswahlen angesetzt. Die größten Herausforderungen liegen in der Verbesserung der Governance und der Transparenz sowie im wirtschaftlich sinnvollen Umgang mit den Bodenschätzen.

Die Herabstufung der Länderbewertung Malis von C auf D ist vorwiegend auf die politische Entwicklung zurückzuführen. Nachdem sich die Sicherheitslage im Norden des Landes im Januar zunächst durch den Vormarsch der Tuareg-Rebellen und die Rückkehr der Söldner aus Libyen zuspitzte, kam es im März in der Hauptstadt Bamako zu einem Militärputsch. Die Lage ist unübersichtlich mit negativen wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen wie z.B. Bankenschließungen, Versorgungsengpässe und einer Aussetzung der internationalen Entwicklungshilfe.

Kontakt: dirk.broeckelmann[at]coface.de

17 replies on “Afrika: Rohstoffrausch mit Risiken”

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