Man verbindet Afrika nicht unbedingt gleich mit einem geeigneten, vielleicht sogar vielversprechenden Erdteil für Private Sector Investments bis hin zu Public Private Partnerships (PPPs). Eine falsche Sichtweise, wie Daten und Fakten internationaler und multilateraler Finanzinstitutionen belegen. Öffentlich-private Kooperationen im Infrastrukturbereich sind, vorausgesetzt sie werden angemessen strukturiert, durchaus „bankable“.

Von Henrich C. Heggemann, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen

Wie überwältigend die Infrastrukturlücke in Afrika ist, wird gerne an folgendem illustrativen Beispiel aufgezeigt: Die Energieerzeugungskapazität der 48 Länder der Subsahararegion mit einer Bevölkerung von ca. 800 Millionen Menschen ist ungefähr so groß wie die Spaniens mit einer Bevölkerung von 45 Millionen Menschen. Die Straßendichte ist in den BRIC-Staaten fünfmal so hoch, die Logistikkosten sind dagegen nur halb so hoch wie in Afrika.

Afrika ist einer der am schnellsten sich entwickelnden Wachstumsmärkte mit beeindruckenden Steigerungen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und des inländischen Investments in Infrastruktur sowie einem ansehnlichen Track-Record an erfolgreichen Projekten sogar in Zeiten der letzten Finanzkrise. Dies zeigt beeindruckend, dass Afrika als Investitionsziel weit weniger riskant ist als allgemein angenommen.

Gespeist wird dieses Wachstum durch den stetig steigenden regionalen Handelsverkehr zwischen den Ländern in Subsaharaafrika und die stärkere Einbindung dieser Länder in den globalen Welthandel mit Waren und Rohstoffen. Die Grundlagen für dieses Wachstum waren die weitgehende Beendigung von bewaffneten Konflikten und Bürgerkriegen, die Verringerung der Inflationsrate von 22% in den 90er Jahren auf 8% nach dem Jahr 2000 sowie die Schaffung von Marktanreizen einschließlich der Privatisierung von Staatsbetrieben und Steuerreformen. Bis 2009 flossen 38,4 Mrd US$ an Hilfen in Infrastrukturmaßnahmen.

Die Finanzkrise führte zu einer 20%igen Verringerung der Privatsektorinvestitionen im Jahr 2009 mit der Folge, dass die Infrastrukturlücke und der unbefriedigte Bedarf sich ausweiteten. Eine Weltbankstudie ergab, dass in Afrika, um zu anderen sich entwickelnden Regionen aufzuschließen, eine jährliche Gesamtinvestition in die Infrastruktur von mehr als 90 Mrd US$ – das entspricht 15% des regionalen BIP – notwendig wäre. Derzeit werden in der Region jährlich insgesamt jedoch nur 45 Mrd US$ für Infrastruktur ausgegeben.

Afrikas BIP wuchs zwischen 2000 und 2008 jährlich um 5%, erreichte 2008 die Marke von 1,56 Bill US$ (gleichauf mit China und Brasilien) und sank, verursacht durch die Finanzkrise, auf 1,40 Bill US$ 2009. Ostafrika verzeichnete hierbei das schnellste Wachstum und zeigte sich ziemlich resistent in der Finanzkrise.

Experten u.a. der African Development Bank (AfDB) gehen von einer tiefen Fundierung dieses Wachstums aus und rechnen nicht mit einer Umkehrung. Für 2011 wird wieder mit Steigerungsraten von 5% gerechnet. Zusammengefasst: Dass Afrika die Finanzkrise relativ gut weggesteckt hat, ist Beweis für die Nachhaltigkeit des Wachstums dieses Kontinents.
Gefahren und Chancen

Dieses Wachstum bleibt fragil, solange die Infrastrukturlücke nicht geschlossen wird. Die afrikanischen Staaten haben dies nicht nur erkannt, sondern unternehmen – weitreichend unterstützt von den Geberländern und supranationalen International Finance Institutions (IFIs) – erhebliche Anstrengungen, um die Lücke zu schließen. Finanziell sind sie dazu aus eigener Kraft und allein mit Unterstützung der IFIs jedoch nicht in der Lage. Die Eigeninvestitionen in die Infrastruktur betragen durchschnittlich 1,5% des BIP und 6 bis 8% der öffentlichen Haushalte.

Dies erscheint die richtige Zeit für private Investitionen, was auch bereits vielfach erkannt worden ist. Der Privatsektor ist seit Ende der 90er Jahre der zweitgrößte Geldgeber für Infrastruktur in Afrika. In den Jahren 1990 bis 2009 haben 381 Projekte mit privater Beteiligung das Financial Closing erreicht mit einer Gesamtinvestitionssumme von 13,5 Mrd US$. 35 dieser Projekte sind fehlgeschlagen oder notleidend, die Misserfolge machen allerdings nur 3% der Gesamtinvestitionen aus.

Jedoch ist der Bedarf so groß, dass weitere Investitionen in immensem Umfang dringend notwendig sind, die privaten Investoren, Unternehmen und Finanzierungsinstituten ein überdurchschnittlich erfolgreiches Engagement ermöglichen. Experten rechnen mit Return-on-Investment-Raten von bis zu 30%.

Chancen bestehen hier nicht nur für Großunternehmen und Finanzierungs­institute, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen. Für deutsche Unternehmen dürfte es insbesondere in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau und in der Bauwirtschaft ausreichend Gelegenheiten geben, von den derzeit geplanten Infrastrukturprojekten zu profitieren.

  • Energie – stellt den bedürftigsten Sektor dar, der bereits der zweitgrößte Empfänger privater Investitionen in Afrika ist. Die afrikanischen Länder geben für Investitionen in diesem Bereich nur ein Viertel des tatsächlichen Bedarfs aus mit entsprechend negativen Auswirkungen auf ihre Ökonomien. Die Lücke wird bereits teilweise gefüllt von großen globalen Energieunternehmen und institutionellen Privatinvestoren. Es bleiben jedoch genügend weitere Gelegenheiten für Privatinvestoren und Unternehmen, insbesondere auch im Bereich der erneuerbaren Energien, die zunehmend auch in Afrika populär werden.
  • Transport – insbesondere Häfen und Straßen. Die bestehenden Häfen haben ihre Kapazitäten bereits ausgeschöpft und halten mit dem steigenden Bedarf nicht mehr mit. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang ist die mangelnde Anbindung der Häfen an ein ohnehin unzusammenhängendes Straßennetz. Im Straßenbau geht es im Wesentlichen um Rehabilitierung und die Schaffung von Korridoren, die die Regionen miteinander verknüpfen und die Hafenanbindung sicherstellen. Ein wesentliches Problem in Afrika ist die chronische und kostspielige Vernachlässigung der Straßeninstandhaltung. Nach einer OECD-Studie haben viele afrikanische Länder infolge mangelnder Instandhaltung mehr als die Hälfte ihres Straßennetzes in den letzten 40 Jahren verloren. Hier ist ein wesentlicher Ansatzpunkt für PPP-Projekte, insbesondere im Rahmen eines Build- Operate-Transfer-Konzepts (BOT). Von besonderer Bedeutung ist dabei die wachsende politische Akzeptanz von Nutzergebühren.
  • Wasser – gehört zu den schwierigsten Sektoren für Privatinvestitionen wegen der politischen/gesellschaftlichen Implikationen. In jedem Fall erfordern Wasserprojekte, um sie „bankable“ zu machen, eine erhebliche Unterstützung der jeweiligen Regierungen.
  • Telekommunikation – die Mobiltelefonie ist die größte Erfolgsstory für private Investoren. 76% aller Investitionen in Subsaharaafrika gingen zwischen 2000 und 2009 angeblich in diesen Bereich. Überwindung von Hindernissen

Bei allem Bedarf und den entsprechenden Chancen kann nicht übersehen werden, dass vielfältige Hindernisse für private Investitionen bestehen, und das bei weitem größte ist der Mangel an institutionellen Reformen in den afrikanischen Ländern. Dies gilt vor allem für eine sogenannte Enabling Legislation, d.h. die Schaffung geeigneter und ausreichender gesetzlicher Rahmenbedingungen sowie die Errichtung seriöser und politikunabhängiger Regulierungsbehörden bzw. -agenturen.

Die gute Nachricht ist, dass diese Reformen in vielen Ländern auf den Weg gebracht werden bzw. bereits weitgehend abgeschlossen sind. Viele afrikanische Staaten haben erkannt, dass sie private Investitionen nur dann erschließen können, wenn sie die dafür notwendigen Grundlagen schaffen.

Tansania und Kenia sind gute Beispiele. Beide Länder haben die gesetzlichen Grundlagen und Agenturen geschaffen, die private Investitionen ermöglichen, angefangen beim Straßenbau bis hin zu Windfarmen.

Eine weitere Herausforderung sind die regionale Integration und die Schaffung eines regulatorischen Rahmens dafür. Viele afrikanische Ökonomien sind nicht stark genug, die für sie notwendigen Infrastrukturinvestitionen zu unterstützen. Durch ein Pooling ihrer Ressourcen jedoch können sie zu einem attraktiven Investitionsziel werden. Das wahrscheinlich erfolgreichste Beispiel regionaler Integration ist die East African Community (EAC), bestehend aus Burundi, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda mit einer Bevölkerung von 133 Millionen Menschen und einem BIP von 80 Mrd US$ 2010. Die EAC unterhält eine Zollunion sowie einen gemeinsamen Elektrizitätsmarkt. Geplant ist der freie Austausch von Arbeitskräften, Kapital und Dienstleistun-gen.

Die Geberländer haben erkannt, dass Afrika ihrer Unterstützung im Rahmen dieses Reformprozesses bedarf, und stellen im Rahmen ihrer eigenen IFIs und multilateraler IFIs die entsprechenden Instrumente zur Verfügung.

Die wahre Herausforderung ist es, interessierten privaten Investoren einen praktischen Zugang zum afrikanischen Markt zu ebnen.

Insbesondere die Weltbank und die AfDB, aber auch andere multilaterale Institutionen wie die EIB und nationale Entwicklungshilfeinstitutionen wie die DEG haben die dringende Notwendigkeit privater Investitionen in die Infrastruktur Afrikas seit langem erkannt und stellen mittlerweile vielfältige Instrumente zu ihrer Förderung bereit.

Die Geberländer und IFIs haben erkannt, dass ein systematischer Ansatz zur Förde-rung und Sicherstellung privater Investitionen notwendig ist, der auf einer Zusammenarbeit der IFIs mit dem Privatsektor basiert. Die IFIs können und müssen eine wesentliche Rolle spielen im Rahmen der notwendigen Risikominimierung und aktiven Begleitung der privaten Beteiligung an öffentlichen Aufgaben.

Generell werden Programme zur Förderung der privaten und öffentlichen Zusammenarbeit aufgelegt. Hier ist zu nennen das Program for Infrastructure Development in Africa (PIDA). Bis Ende dieses Jahres will PIDA einen strategischen Rahmen für regionale und kontinentale Infrastruktur entwickeln als Teil eines kurz-, mittel- und langfristigen Investmentprogramms bis 2040.

Der G8-Gipfel in Gleneagles 2005 gründete das Infrastructure Consortium for Africa (ICA) für die Verbesserung des ökonomischen Wohlstands der afrikanischen Völker durch eine Erweiterung des Investments in die afrikanische Infrastruktur. Es ist ein Konsortium aus bilateralen und multilateralen Entwicklungshilfeorganisationen und afrikanischen Institutionen, Letztere geführt durch die AfDB und die Development Bank of South Africa. Multilaterale Institutionen wie die Weltbank, die Europäische Kommission und die EIB sind ebenfalls Mitglieder, ebenso die G8-Staaten.

IFIs können im Rahmen der Entwicklung und Durchführung der einzelnen Projekte ein ganzes Arsenal von unterstützenden Instrumenten zur Verfügung stellen einschließlich Anschubfinanzierung z.B. für Studien, vorrangiger Darlehen, Risikoinstrumenten wie nachrangigen Darlehen, Kapital, Quasikapital, Zinsbegünstigungen, Garantien und indirekten Investitionen über Fonds. Die Infrastructure Advisory Group der International Finance Cooperation (IFC) wiederum begleitet und unterstützt interessierte afrikanische Regierungen bei der Entwicklung von öffentlich-privaten Projekten, angefangen mit einem sogenannten Options Report, der Financial Modelling and Structuring einschließt, bis hin zur konkreten Finanzierungsunterstützung für das jeweilige Projekt.

Auch für kleine und mittlere Unternehmen, die über das erforderliche technische Know-how verfügen, dürfte es sich lohnen, über die einschlägigen Internetplattformen, z.B. der Weltbank, der AfDB und der DEG, Informationen zu sammeln und ggf. mit den jeweiligen Instituten Kontakt aufzunehmen. Der Verfasser dieses Artikels weiß aufgrund seiner Erfahrungen mit der Weltbank und anderen Instituten, dass die Förderung von sogenannten SMEs (Small and Medium-sized Enterprises) ein besonderes Anliegen der IFIs ist und auch in den hier dargestellten Bereichen dafür unmittelbare Beratung angeboten wird.

Die IFIs fördern in zunehmendem und erheblichem Maße PPP-Transaktionen. Zwar muss zugestanden werden, dass bei vielen afrikanischen Regierungen noch ein erheblicher Lernprozess stattfinden muss im Hinblick auf die notwendige finanzielle und Risikobeteiligung des öffentlichen Sektors. PPPs kommen nicht umsonst für die beteiligte Regierung. Aber über die Finanzierung hinaus ermöglichen PPPs durch die Elemente des Betriebs und der Instandhaltung eine erhebliche Qualitäts- und Nachhaltigkeitssteigerung. Es wird demnach nicht nur das Kapital, sondern ebenfalls die Effizienz gehoben mit der Folge, dass Investitionen mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren (z.B. im Rahmen einer Konzession) ermöglicht werden und werthaltig bleiben. Folgendes ist im Hinblick auf afrikanische PPPs erwähnenswert:

  • PPPs haben sich noch nicht weiträumig durchgesetzt (siehe oben – noch nicht abgeschlossener Lernprozess, mangelnde gesetzliche Grundlagen und fehlende regulatorische Agenturen) und sind hinter den Erwartungen der IFIs zurückgeblieben.
  • Die IFIs, allen voran die Weltbank einschließlich der IFC, die AfDB und die EIB fördern ausdrücklich die Durchführung von geeigneten Infrastrukturprojekten als PPP. Konkret beteiligen sie sich von den Anfängen des Projekts durch technische Unterstützung, sogenannte Early-Stage Grants, und im Rahmen der Entwicklung und Durchführung der Projekte mit konkreter Finanzierungsunterstützung. Insgesamt sehen sich die IFIs als Katalysatoren für die Finanzierung solcher Projekte.
  • Für den Erfolg einer PPP-Transaktion auch in Afrika kommt es auf die angemessene Strukturierung eines Projekts mit einer ausgewogenen Risikoverteilung zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor entscheidend an. Ist dies gewährleistet, ist eine private Projektfinanzierung ohne weiteres durchführbar.

Ein klassisches PPP-Projekt ist in Kenia entwickelt worden und hat 2009 das Commercial Closing erreicht, als erstes PPP-Straßenprojekt in Ostafrika. Der Verfasser dieses Artikels ist als Partner der Rechtsanwaltskanzlei Graf von Westphalen der Legal Advisor des Sponsorenkonsortiums für das Projekt. Das Projekt beinhaltet den Neu- und Ausbau sowie den Betrieb und die Instandhaltung von insgesamt ca. 106 km Mautautobahn im Rahmen einer Konzession für die Dauer von 30 Jahren mit dem Ziel, die unerträglichen Verkehrsstaus in diesem Bereich zu beseitigen oder wenigstens erheblich zu verringern und die Qualität der Straßen zu verbessern. Das Finanzierungsvolumen beträgt ca. 1 Mrd US$. Die Finanzierung wird u.a. von der Weltbank und dem IFC unterstützt durch unmittelbare Kredite, Kapital und Garantien, einschließlich dem Schutz vor politischen Risiken.

Das Projekt zeigt, dass in Afrika auch echte Mautprojekte (d.h. mit Einnahmeunterstützung durch die Nutzer) möglich und „bankable“ sind. Neben der Weltbank und der AfDB haben auch andere nationale und multinationale IFIs Interesse an dem Projekt angemeldet, um die Unterstützung der privaten Investitionen durch die Sponsoren und Geschäftsbanken zu unterstützen.

Kontakt: h.heggemann[at]gvw.com

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