Die 12. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 19. Dezember 2018 – BAnz AT 28.12.2018 V1 – enthält einige für Exporteure wichtige Neuerungen bzw. Klarstellungen.

Mit Wirkung zum 29. Dezember 2018 ist die 12. Änderungsverordnung der Außenwirtschaftsverordnung in Kraft getreten. Die Änderungen greifen die teilweise kollidierenden, internationalen Sanktionsinteressen auf und spiegeln die zunehmende Zurückhaltung der Bundesregierung in Bezug auf ausländische Investitionen in sensiblen Bereichen, insbesondere bei kritischen Infrastrukturen, wider.

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Die 12. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 19. Dezember 2018 – BAnz AT 28.12.2018 V1 – enthält einige für Exporteure wichtige Neuerungen bzw. Klarstellungen.

Einschränkung des Boykottverbots

§ 7 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), dem bislang nur zu entnehmen war, dass die Erklärung der „Beteiligung an einem Boykott“ untersagt ist, wurde um einen Satz 2 ergänzt. Nunmehr ist klargestellt, dass keine verbotene Boykotterklärung vorliegt, wenn die Vereinten Nationen, die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland ihrerseits Sanktionen gegen den betroffenen Staat verhängt haben.

Was zunächst als erhebliche Beschneidung des Anwendungsbereichs von § 7 AWV erscheint, ist im Ergebnis nur eine Konkretisierung. Bislang wurde der Anwendungsbereich durch ein „ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ bestimmt; ein Verstoß gegen § 7 AWV lag jedenfalls dann nicht vor, wenn sich die Bundesrepublik Deutschland bereits ihrerseits an Sanktionsmaßnahmen beteiligt hatte. Unklar war in der Praxis aber die Reichweite dieser Einschränkung, insbesondere wurde diskutiert, ob und inwieweit die von der Bundesrepublik verhängten Sanktionen inhaltlich deckungsgleich mit dem in Frage stehenden „Boykott“ sein mussten:

§ 7 AWV wurde im Jahr 1992 als Reaktion auf den Israel-Boykott der Arabischen Liga auf nationaler Ebene eingeführt. Inhalt und Reichweite des Boykottverbots wurden nicht in der AWV selbst, sondern durch Runderlasse des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) konkretisiert (siehe Runderlass Außenwirtschaft Nr. 27/92 und Nr. 31/92 sowie aktuell Nr. 3/2018). Die Verwaltung forderte in den Runderlassen aus dem Jahr 1992 eine weite Auslegung der nach § 7 AWV untersagten Handlungen, um die Ziele der Regelung zu fördern. Diese soll dazu beitragen, eine „durch einen Boykott hervorgerufene erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland“ zu den Staaten, die von den Boykottmaßnahmen betroffen sind, zu vermeiden.

Der nunmehr eingeführte § 7 Satz 2 AWV konkretisiert, wann nicht von einer solchen erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik ausgegangen werden kann: Wenn nämlich die Vereinten Nationen, die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland ihrerseits Sanktionen gegen einen bestimmten Staat verhängt haben, ist bereits eine erhebliche Störung dieser Beziehungen eingetreten. Diese Störung kann dann durch Erklärungen einzelner Wirtschaftsbeteiligter nicht wesentlich verstärkt oder vertieft werden, selbst wenn die verschiedenen Sanktionsprogramme unterschiedlich ausgestaltet sind. Es kommt daher nicht auf eine Deckungsgleichheit der von den Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland verhängten und der ausländischen Sanktionen an. Ausreichend ist ein örtlicher Bezug zu dem sanktionierten Staat.

Lediglich rein personenbezogene Sank­tionen, die von der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Union oder den Vereinten Nationen angesichts der Lage in einem bestimmten Gebiet oder Staat verhängt wurden, sind keine „wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen“ im Sinne von § 7 Satz 2 AWV und daher nicht von der Einschränkung erfasst.

Diese Konkretisierung des Boykottverbots war aus Sicht der Beratung überfällig, um insbesondere die Diskrepanz zwischen dem Geltungsanspruch sogenannter „Sekundärsanktionen“ der USA und der nationalen Rechtslage abzufedern. Das BMWi begründet die Kodifizierung der Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 7 AWV daher auch ausdrücklich mit Verweis auf die seit 7. August 2018 in der aktuellen Fassung geltende EU-Blocking-Regulation [Verordnung (EG) Nr. 2271/96] und auf die von ihr erfassten extraterritorialen Rechtsakte. § 7 AWV werde nach der Änderung nun nicht mehr als „Symbol gegen US-Sanktionen“ benötigt.

Erweiterte Investitionsprüfung

Eine weitere Änderung betrifft die Regelungen über die branchenunabhängige sowie die sektorspezifische Investitionskontrolle in §§ 55 ff. und §§ 60 ff. AWV. Diese Vorschriften bezwecken unter anderem den Schutz deutschen Know-hows vor ausländischen Investoren; zuletzt waren im Jahr 2017 die Meldepflichten für bestimmte Unternehmenserwerbe erweitert worden. Die Bundesregierung sieht hier einen erhöhten Prüfbedarf und will sicherstellen, dass solche Transaktionen mit den wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik vereinbar sind.

Die Prüfeintrittsschwelle für Investitionsprüfungen wird in bestimmten Fällen von 25% auf 10% gesenkt. Hintergrund dieser Absenkung ist die Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Geschäftsführung auch bei geringerer Beteiligung als der grundsätzlichen Sperrminorität von 25%. Die 10%-Schwelle wird von der Benchmarkdefinition der OECD (2008) übernommen, nach der bereits bei Investitionen in Höhe von 10% eine durch langfristiges Interesse und durch Kontrollanspruch des Investors geprägte Investition vorliegt.

Die Absenkung der Schwelle für die sektorübergreifende Investitionskontrolle gilt nur für Unternehmenskäufe in den in § 55 Abs. 1 Satz 2 AWV genannten Bereichen, wie etwa kritische Infrastrukturen, also sicherheitsrelevante zivile Infrastrukturen oder Telekommunikationsüberwachung.

Neu aufgenommen in den Kreis wurden aber auch Unternehmen der Medienwirtschaft, die sich „durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnen“. Dies zeigt, dass sich die Bundesregierung der Bedeutung solcher Unternehmen für die öffentliche Meinungsbildung und ihrer möglichen Einflussnahme bewusst ist. Ohne staatliche Prüfungen und Kontrollen werden hier Einflussnahmen in Form von Desinformation und eine Beschränkung der Pluralität der Medien befürchtet.

Mit der Absenkung der Prüfschwelle geht auch eine Ausweitung der Meldepflicht für die betroffenen Unternehmenserwerbe einher.

In der Beratungspraxis lässt sich eine deutlich gesteigerte Sensibilität der deutschen Behörden für mögliche ausländische Einflussnahmen, insbesondere aus China, feststellen. Eine Absenkung der Schwellenwerte ermöglicht den deutschen Behörden ein höheres Maß an Kontrolle, nicht zuletzt durch die Gewinnung von mehr Informationen und Daten. Die Erkenntnisse könnten auch dazu genutzt werden, die Beziehung zu bestimmten Drittstaaten und damit etwa auch die Genehmigungspraxis der deutschen Behörden neu zu definieren. Es steht zu erwarten, dass das erhöhte Prüfbedürfnis der Bundesregierung die Investitionsbereitschaft drittländischer Investoren in Deutschland dämpfen wird.

Sonstige Änderungen

Durch die 12. ÄndVO wurden außerdem die zuvor bestehenden Ausnahmen vom Waffenembargo angesichts der Lage im Südsudan geändert. Darüber hinaus wurden die restriktiven Maßnahmen gegen Myanmar/Birma verschärft und Änderungen des Wassenaar-Arrangements für konventionelle Rüstungsgüter in nationales Außenwirtschaftsrecht in der Ausfuhrliste umgesetzt. Schließlich enthält die AWV nun auch eine Ausfuhrgenehmigungspflicht für Herstellungstechnologie für gelistete unbemannte Flugkörper (UAV – Unmanned Aerial Vehicle), unabhängig von deren Größe und Reichweite.

f.zegula@gvw.com

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