Die Volksrepublik China zählt unbestritten zu den wirtschaftlichen Schwergewichten weltweit. Gemessen in Kaufkraftparitäten, ist das Reich der Mitte im globalen Vergleich inzwischen sogar die größte Volkswirtschaft. Entsprechend hat das asiatische Land als Wirtschaftspartner deutscher Unternehmen eine große Bedeutung. Angesichts der gestiegenen Verschuldung, eines überhitzten Immobilienmarktes und hoher Überkapazitäten besteht jedoch durchaus Konsolidierungsbedarf für die wachstumsstarke Wirtschaft.

Beitrag in der Gesamtausgabe

Staatliche Eingriffe bestimmen Wirtschaftsgeschehen

Für Deutschland hat China eine enorme Bedeutung als Handelspartner. Im Jahr 2016 war die Volksrepublik sogar erstmals der größte Handelspartner Deutschlands, gemessen an der Summe aus Importen und Exporten. Als Zielland für deutsche Exporte lag China auf Rang 5. Die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft hat somit auch eine hohe Relevanz für deutsche Unternehmen.

Im vergangenen Jahr ging der von Chinas Regierung vorgesehene Plan wieder auf: Die chinesische Wirtschaftsleistung stieg um 6,9% und lag damit am oberen Rand des offiziellen Wachstumsziels. Der Staat spielt aber auch eine entsprechend große Rolle beim Zustandekommen des Wirtschaftswachstums. Nach wie vor greift er stark steuernd in den Wirtschaftsprozess des Landes ein und beeinflusst vor allem durch seine Investitionstätigkeit die konjunkturelle Entwicklung Chinas. Der Anteil der staatlichen Investitionen am BIP stieg seit Beginn der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2007 im Trend kontinuierlich an. Durch Großprojekte wie die „Neue Seidenstraße“ dürfte Chinas Regierung auch in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle für das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft spielen. Darüber hinaus werden erhebliche Mittel in die Förderung technologiebasierten Wachstums investiert.

Auch wenn die staatlichen Eingriffe sozusagen eine „Wachstumsgarantie“ bieten, sieht sich die chinesische Volkswirtschaft mit einigen Problemen konfrontiert. So resultierte aus den seit 2009 staatlich verordneten Investitionen zur Stützung der Konjunktur eine beträchtliche Verschuldung der Staatsunternehmen. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die den Bankensektor dominierenden staatlichen Banken den betroffenen Betrieben den Geldhahn zudrehen werden. Die notwendige Sanierung dieser Unternehmen dürfte aber dennoch die Konjunktur belasten. Auf den Staat selbst könnten zudem erhebliche Kosten zukommen, wenn er für Schulden „seiner“ Staatsbetriebe und Abschreibungen aufgrund der notleidenden Kredite bei den unzureichend kapitalisierten kleineren Staatsbanken haften muss.

Steigende Verschuldung privater Haushalte

Bedenklich stimmt zudem der deutliche Anstieg des Verschuldungsgrades privater Haushalte in Relation zum BIP in den vergangenen Jahren. Mit rund 46% des BIP liegt die Verschuldung der privaten Haushalte aber nach wie vor deutlich unter dem entsprechenden Wert für die USA von 80%. Risiken birgt somit weniger das Niveau der Verschuldung als vielmehr das derzeitige Tempo des Anstieges. Dass die Verschuldung der privaten Haushalte in China bald das US-Niveau erreicht, ist aber dennoch eher unwahrscheinlich. Denn auch die Ersparnisse in China sind außergewöhnlich hoch. Die private Sparquote liegt derzeit bei rund 40% des verfügbaren Einkommens. Für die US-amerikanischen Privathaushalte beträgt die Sparquote dagegen sogar weniger als 5%. Stellt man der Verschuldung somit die immensen Ersparnisse gegenüber, können die chinesischen Privathaushalte als Gesamtsektor kaum als überschuldet bezeichnet werden.

Die sehr hohen Spareinlagen der privaten Haushalte bei den chinesischen Banken sichern zudem die Refinanzierung der chinesischen Banken. Diese stützen sich bei ihrer Refinanzierung nur wenig auf den noch sehr unterentwickelten Kapitalmarkt, sondern vor allem auf eben die immensen Einlagen der Sparer. Die Spareinlagen bei chinesischen Banken liegen derzeit bei sehr hohen 320% des BIP mit eher ansteigender Tendenz. Da Spareinlagen wenig volatil sind, dürfte das stark abgeschottete Finanzsystem nur wenig dem Risiko eines plötzlichen Versiegens der Finanzierungsquellen ausgesetzt sein.

Überhitzter Immobilienmarkt

Anlagealternativen zu den niedrig verzinsten Bankeinlagen sind für chinesische Privatanleger spärlich gesät. Neben dem engen und sehr volatilen inländischen Aktienmarkt bleibt oft nur der Immobilienmarkt. Dies trug zu einer Überhitzung des Immobilienmarktes in China bei. Die „spekulative“ Nachfrage nach Immobilien ist also eher dem Problem „Wohin mit meinen Ersparnissen?“ geschuldet denn Folge einer stark kreditfinanzierten Spekulationsblase. Die Verluste für die Investoren im Fall eines starken Einbruchs der Immobilienpreise könnten sehr hoch ausfallen, würden aber vor allem das Eigenkapital der spekulierenden Haushalte betreffen. Dies dürfte negative Rückwirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zur Folge haben. Auch die Regierung hat das Problem erkannt und versucht bereits gegenzusteuern. So sollen höhere Zinsen sowie die Verschärfung der Auflagen beim Immobilienerwerb die Lage entschärfen. Neben dem beunruhigend starken Immobilienpreisanstieg weisen auch einige Sektoren, die eng mit der Baubranche verbunden sind, hohe Überkapazitäten auf. Genannt seien hier beispielsweise die Stahl- oder Zementbranche. Zwar steuert auch hier die Regierung z.B. durch Infrastrukturprogramme gegen, um einen kontrollierten Abbau der Überkapazitäten zu ermöglichen. Die Notwendigkeit einer Konsolidierung besteht aber nach wie vor. Die chinesische Wirtschaft muss somit einige Probleme meistern, was wachstumsdämpfend wirken dürfte. Da aber auf die staatlichen Hilfen Verlass ist, gehen wir davon aus, dass das BIP im laufenden Jahr mit knapp über 6% wieder durchaus stattlich wachsen wird.

katja.mueller@lbbw.de

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