Geschäfte mit Iran-Bezug sind und werden auf absehbare Zeit eine Herausforderung bleiben. Eine sorgfältige (rechtliche) Prüfung ist bei allen diesen Geschäften unumgänglich. Im Folgenden sollen aber zwei Einzelaspekte beleuchtet werden, die bei der Entscheidung für die Durchführung eines Exports in den Iran helfen können. Zum einen ist das eine genaue Analyse des Snap-back-Risikos, zum anderen die Absicherungsmöglichkeit politischer und wirtschaftlicher Risiken durch Exportkreditgarantien des Bundes.

Von Horst Hartwig, Rechtsanwalt, PwC ­PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, und Marian Niestedt, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen

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Seit dem Implementation Day (16. Januar 2016), mit dem die Lockerung von Sanktionen gegenüber dem Iran eingeleitet wurde, sind zahlreiche Publikationen veröffentlicht worden, die die Änderungen des (US-)Sanktionsrechts im Hinblick auf den Iran beschreiben. Anfangs waren diese oft noch euphorisch und vermuteten eine schnelle Wiederaufnahme des Handels mit dem Iran. Später wurden diese Prognosen relativiert, und regelmäßig wird auf das Snap-back-Risiko verwiesen, das eine zügige Geschäftsaufnahme verhindere und das häufig mit einem Hinweis auf die massiven Strafzahlungen von (europäischen) Banken an die US-(Strafverfolgungs-)Behörden illustriert wird. Die Erwartungen, dass das Iran-Geschäft schnell boomen würde, haben sich bislang nicht erfüllt. Zwar stiegen laut Statistischem Bundesamt die Exporte 2016 im Schnitt um über ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr. Das Potential ist allerdings um ein Vielfaches höher. Das zeigen die Handelsvolumina mit dem Iran vor Inkrafttreten der Sanktionen.

Snap-back-Risiko

Unter dem Snap-back-Risiko versteht man das Risiko, dass – nach dem erfolglosen Durchführen des im Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) im Fall von etwaigen Vertragsverletzungen vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismus – die seit dem Implementation Day aufgehobenen Sanktionen wieder eingeführt werden. Diese könnten dann Auswirkungen auf bis dahin abgeschlossene Geschäfte und Finanzierungen haben.

Sollte festgestellt werden, dass der Iran seine Verpflichtungen aus dem JCPOA nicht eingehalten hat und können die Zweifel an der Vertragsverletzung nicht innerhalb von 30 Tagen ausgeräumt werden, können die Sanktionen wieder eingesetzt werden, ohne dass der Sicherheitsrat einen neuen Beschluss darüber fassen muss. Vielmehr treten die UN-Sanktionen automatisch wieder in Kraft, ohne dass eines der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (insbesondere Russland oder China) dies durch die Einlegung eines Vetos verhindern könnte.

Die UN-Sanktionen treten dann nicht automatisch wieder in Kraft, wenn der UN-Sicherheitsrat ihre weitere Aussetzung beschließt. Dies jedoch kann seitens eines ständigen Mitglieds des UN-Sicherheitsrats (z.B. der USA) durch die Einlegung eines Vetos verhindert werden. Bislang hält sich der Iran an seine Verpflichtungen aus dem JCPOA.

Notwendige Verlängerung von Waivern

Es können nicht nur Verstöße des Iran gegen den JCPOA den Streitschlichtungsmechanismus und letztlich den Snap-back auslösen. Es gibt darüber hinaus auch unter dem JCPOA weitere Szenarien, wie US-Sanktionen wieder Anwendung finden. Die Exekutive in den USA hat gemäß den Verpflichtungen im JCPOA zu verschiedenen Sanktionsrechtsakten, den Iran betreffend, sogenannte „Waiver“ erlassen (unter dem Iran Freedom and Counterproliferation Act, dem National Defense of Nation Act for Fiscal Year 2012, dem Iran Threat Reduction and Syria Human Rights Act of 2012 und dem Iran Sanctions Act). Diese müssen in unterschiedlichen Abständen (zwischen 120 Tagen und sechs Monaten) erneuert werden. Wenn die Waiver nicht verlängert werden, sind die obengenannten Rechtsakte gegebenenfalls wieder voll anwendbar, was der Iran wiederum als Verletzung des JCPOA ansehen könnte, weshalb er sich selbst möglicherweise nicht mehr an die Übereinkunft gebunden fühlen würde (vgl. Abs. 26 des JCPOA a.E.). Die nächsten Waiver stehen im Mai 2017 zur Verlängerung an.

Was passiert im Fall eines Snap-backs?

Im Falle des Snap-backs würden die UN- und US-Sanktionen weitestgehend automatisch wiederaufleben, die Sanktionen der EU müssten durch einen Rechtsakt der EU wieder in Kraft gesetzt werden. Abs. 37 des JCPOA regelt allgemein, dass die wiedereingeführten Sanktionen für alle Verträge, die in der Zwischenzeit geschlossen wurden, nicht rückwirkend gelten. Der Erwägungsgrund 7 der EU-Verordnung 2015/1862 führt dazu aus, dass im Fall der Wiedereinführung von restriktiven Maßnahmen der EU für einen angemessenen Schutz der Ausführung der (nach dem Implementation Day) geschlossenen Verträge gesorgt werde. Das erfolge im Einklang mit früheren, zum Zeitpunkt der ursprünglichen Verhängung der Sanktionen geltenden Bestimmungen.

Ähnlich beschreibt auch die „Information Note zum JCPOA“ des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) vom 16. Januar 2016 die Haltung der EU. Dabei handelt es sich um keine rechtlich verbindlichen Normen, sondern nur um eine Absichtserklärung. Unklar ist beispielsweise auch, ob von einem etwaigen Vertrauensschutz auch die Ausführung von Rahmenverträgen umfasst wäre. Es spricht jedoch viel dafür, dass die EU im Fall einer etwaigen Wiedereinführung von Sanktionen im Rahmen des Snap-back-Mechanismus Altvertragsklauseln vorsehen würde.

Die Haltung der USA

Anders als das EU-Recht sieht das US-Recht regelmäßig keinen Bestandsschutz für vor (Wieder-)Einführung von Sanktionen geschlossene Verträge vor. Allerdings wird in den vom Office of Foreign Assets Control (OFAC) zum JCPOA herausgegebenen und zuletzt am 15. Dezember 2016 ergänzten FAQs ausgeführt, dass im Fall eines Snap-backs die Auswirkungen für Unternehmen aus Drittstaaten möglichst gering gehalten werden sollen.

Im Snap-back-Fall würden ausweislich der FAQs zumindest Abwicklungsfristen von 180 Tagen für Verträge zur Verfügung stehen bis hin zur Möglichkeit, die nach dem Vertrag erbrachte Leistung vollständig zu bezahlen. Somit würde de facto ein Bestandsschutz für die Rückzahlung noch laufender Kredite für bereits vor dem Snap-back abgewickelte Exportgeschäfte bestehen. Auch die FAQs haben keinen Gesetzescharakter, allerdings ist nicht ersichtlich, warum im Snap-back-Fall von den darin beschriebenen Grundsätzen abgewichen werden sollte. Hierfür spricht zumindest die bisherige Praxis.

Strafzahlungsfälle in der Vergangenheit

Die in der Vergangenheit in den USA verhängten Strafzahlungen wurden nicht aufgrund fahrlässiger Verstöße gegen sog. US-Secondary Sanctions (Sanktionen, die sich in erster Linie gegen Entitäten aus Drittstaaten, also z.B. gegen EU-Tochterunternehmen einer US-Mutter richten) verhängt. In der Regel lagen absichtliche Verstöße gegen sog US-Primary Sanctions (Sanktionen, die sich in erster Linie an US-Amerikaner richten) zugrunde, oder der Verstoß gegen US-Recht wurde bewusst in Kauf genommen.

Die Verstöße lagen beispielsweise häufig in manipulierten Überweisungsträgern oder gezielten Falschangaben, um nicht-US-sanktionskonforme Zahlungen über das US-Finanzsystem abzuwickeln. In einem anderen Fall wurde die hausinterne Geldwäschecompliance so manipuliert, dass Finanztransaktionen, mit denen mexikanisches Drogengeld gewaschen wurde, nicht auffielen. Die angeführten Beispiele sollen lediglich aufzeigen, dass den massiven Strafzahlungen in der Regel auch massive und vorsätzliche Sanktionsverstöße zugrunde lagen, die mit der Situation im Fall eines Snap-backs nicht unbedingt vergleichbar sind und dementsprechend eine andere Behandlung nahelegen.

Mögliche Risikobegrenzung

Zur Vorbeugung etwaiger Verstöße kann auch auf Vorabgenehmigungs- und Klärungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden. Auf US-Seite sei hier beispielsweise die General Licence H für europäische Tochterunternehmen US-amerikanischer Unternehmen genannt. Daneben sind aber – was weniger bekannt ist – auch Einzelfallklärungen mit der OFAC möglich. Das Risiko der Wiedereinführung von Sanktionen gegen den Iran lässt sich für Exporteure und Banken zudem teilweise durch Vertragsklauseln z.B. in einem Kreditvertrag absichern. Allerdings müssen solche Klauseln nicht zuletzt wegen der Antiboykottvorschriften (Stichwort § 7 AWV) gesetzeskonform formuliert werden. Aufgrund des in den US-FAQs de facto formulierten Gleichlaufs mit der Rückzahlung von Krediten nach EU-Sanktionsrecht dürften sich spezifische Regelungen für diesen Fall ggf. ohnehin erübrigen. Bei Geschäften mit Iran-Bezug müssen also Chancen und Risiken noch umfassender analysiert werden als bei Transaktionen in andere Länder. Allerdings lohnt es sich, auch in diesem Zusammenhang die Analyse auf der Basis der gegebenen (rechtlichen) Fakten durchzuführen und die Risiken präzise zu bestimmen.

Absicherung von Risiken durch Exportkreditgarantien des Bundes

Mit den verschiedenen Produkten, die im Rahmen der Exportkreditgarantien angeboten werden (sog. „Hermesdeckungen“), sichert der Bund wirtschaftliche und politische Risiken im Zusammenhang mit einem Exportgeschäft ab. Nachdem der Iran seine Altschulden aus früheren hermesgedeckten Geschäften am 20. Juni 2016 getilgt hat, werden grundsätzlich wieder Garantien für Geschäfte mit Iran-Bezug übernommen. Die ersten Anträge für 22 Exportgeschäfte mit einem Gesamtvolumen in Höhe von ca. 427 Mio EUR wurden bereits positiv entschieden. Über 20 weitere Anträge mit einem Deckungsvolumen von ca. 2,3 Mrd EUR sind gestellt und werden derzeit geprüft. Bislang wurden vor allem Geschäfte mit kurzfristigen Zahlungsbedingungen gedeckt. Unter den zu prüfenden Anträgen finden sich allerdings auch Geschäfte zu Kreditbedingungen.

Das Snap-back-Risiko wird seitens des Bundes im Schadensfall wie das Risiko der Neueinführung von Sanktionen behandelt.

Ausblick

Gerade im Hinblick auf die regulatorischen Bedingungen (z.B. Standards zur Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung, Bilanzen, Ratings) haben die iranischen Banken bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Neben der Europäisch-Iranischen Handelsbank gibt es auch weitere Banken, die bereits Iran-Geschäfte finanzieren. Auch verschiedene – bislang eher kleine – deutsche Banken sind im Iran-Geschäft tätig. Trotz gewisser Unsicherheiten hinsichtlich der Politik der neuen US-Administration lohnt die genaue Prüfung der Risiken, aber auch der Möglichkeiten in Bezug auf zukünftige Iran-Geschäfte. Selbst das US-Recht verhindert bei sorgfältiger Ausgestaltung der Transaktion keineswegs das Iran-Geschäft von EU-Tochterunternehmen von US-Gesellschaften, und auch die Finanzierung ist – entgegen häufig geäußerter Befürchtungen – sowohl rechtlich als auch praktisch möglich.

Kontakt: horst.hartwig@de.pwc.com, m.niestedt@gvw.com

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