Die Weltwirtschaft durchläuft eine Phase schwachen Wachstums, und die Rohstoffexporteure Afrikas leiden weiterhin unter ­niedrigen Preisen. Nun drohen nach Einschätzung der Volkswirte von Atradius zusätzliche Risiken aus China und der Euro-Zone sowie von einer Verschärfung der US-Geldpolitik und der internationalen Kreditvergabe. Doch es gibt nicht nur schlechte Nachrichten aus dem südlichen Afrika.

Von Andreas Tesch, Chief Market Officer, Atradius Kreditversicherung

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2016 sinkt das durchschnittliche Wirtschaftswachstum Afrikas voraussichtlich von 3,4% im Vorjahr auf 3,0%. Die Konjunkturschwäche geht insbesondere auf die niedrigen Rohstoffpreise und die strengeren Finanzierungskonditionen zurück. Vor allem bei den afrikanischen Rohstoffexporteuren belasten die gesunkenen Weltmarktpreise die Staatseinnahmen und die Exporterlöse. In der Folge haben sich die Staatshaushalte, die Leistungsbilanzen und die Devisenreserven vieler Länder verschlechtert.

Finanzielle Belastungen gestiegen

Im Zuge der höheren Risikobewertung haben die Landeswährungen einiger Länder stark an Wert verloren. Dadurch steigen die Kosten für den Schuldendienst für die in den Jahren hoher Investitionsbereitschaft gewachsenen Verbindlichkeiten. Im vergangenen Jahr nahmen die afrikanischen Länder (ohne Südafrika) noch über 6,75 Mrd USD auf, nach einem Rekordwert von 7,0 Mrd USD im Jahr 2014. Auch wenn die Ausleihungen 2015 noch recht hoch waren, sind die Risikoaufschläge gestiegen. Im Oktober 2015 legte Ghana eine Anleihe, die zum Teil von der Weltbank garantiert wird, mit einer Rendite von 10,75% auf. Auch Angola, Kamerun und Sambia bezahlen mehr als 9%. Im Vergleich dazu lag die Anleihenrendite Sambias in der Vergangenheit beispielsweise im Jahr 2012 bei 5,375%.

Ölexportierende Länder wie Nigeria und Angola haben Kapitalverkehrsbeschränkungen eingeführt, um die Abwertung ihrer Landeswährungen zu verhindern. Auch wenn diese Beschränkungen den Rückgang der Devisenreserven verlangsamen, führen sie doch auch zu einer Behinderung der Wirtschaftstätigkeit. Die Aussicht auf eine längere Periode niedriger Ölpreise erhöht in diesen Ländern den Druck, die Haushalte zu konsolidieren und die Diversifikation der Wirtschaft voranzutreiben. Dies ist allerdings ein langfristiger Prozess, und die geringeren Öleinnahmen verzögern dringende Investitionen in Infrastruktur und Energieversorgung. Doch es gibt nicht nur schlechte Nachrichten aus dem südlichen Afrika: Investitionen in die Infrastruktur und zunehmender Konsum stimulieren das Wirtschaftswachstum in Ländern wie der Elfenbeinküste und Kenia.

Nigeria durchläuft harte Anpassung

Die nigerianische Wirtschaft wurde vom Rückgang der Ölpreise hart getroffen, er erhöhte die Anfälligkeit und die Risiken. Sowohl der Staatshaushalt als auch die Leistungsbilanz sind stark abhängig von den Einnahmen aus dem Ölexport, daher weisen beide derzeit hohe Fehlbeträge aus. Das Haushaltsdefizit dürfte 2016 auf 4,7% des BIP steigen, das Leistungsbilanzdefizit wird auf 2,8% des BIP geschätzt.

Die Unsicherheit über die weiteren wirtschaftspolitischen Maßnahmen und die abnehmende Zuversicht in die Wirtschaftsentwicklung haben zu einem Abfluss ausländischen Kapitals geführt. Zusammen mit dem Leistungsbilanzdefizit führte dies zu einem Rückgang der Devisenreserven. Die Zentralbank führte daraufhin sogenannte unorthodoxe Beschränkungen des Kapitalverkehrs ein, um die Devisenreserven zu schützen und die Anbindung der Landeswährung Naira an den US-Dollar aufrechtzuerhalten. Dieser Anbindung fehlt jedoch die Nachhaltigkeit, was die Wechselkursrisiken stark erhöht. Das nigerianische Wirtschaftswachstum wird 2016 auf 2,3% sinken, nach 2,7% im Vorjahr. Es fehlt an ausländischen Devisen, und das geringere Wirtschaftswachstums schwächt die Bilanzen der Unternehmen und verschlechtert die Lage des Bankensektors.

Kontakt: andreas.tesch@atradius.com

 

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