Insbesondere bei kleinvolumigen Exportgeschäften gibt es nur ein überschaubares Angebot für mittel- und langfristige (Hermes-)gedeckte Bestellerkredite. Immer mehr Finanzinstitute haben sich aus diesem Bereich zurückgezogen. Doch es gibt Lösungsmöglichkeiten, die auch mittelständischen Exporteuren offenstehen. Sie setzen auf eine engere Zusammenarbeit der Beteiligten.

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Es sind mehrere Faktoren, die zu dieser für die Exporteure höchst unbefriedigenden Situation führen. Zum einen erlauben die immer höher werdenden Auflagen der Regulatorik bei kleinvolumigeren Finanzierungen keine Erleichterungen beim Aufwand zur Erstellung des Ratings und der Prüfung der Identität des Bestellers. Insbesondere der letzte Punkt ist durch zunehmende Complianceprüfungen in der Vergangenheit immer komplexer und aufwendiger geworden. Zum anderen lässt es sich in der Exportfinanzierung aufgrund der verschiedenen Jurisdiktionen und der unterschiedlichen Interessen der Besteller nur noch in den seltensten Fällen mit einer standardisierten Kreditvertragsdokumentation arbeiten. Ebenso müssen die Umwelt- und Sozialstandards des Bestellers genauer unter die Lupe genommen werden. In der Summe führen diese Effekte zu einem substantiellen Fixkostenblock, der sich in den Kreditkonditionen für den Besteller niederschlägt. Bei kleinen Volumina führt die Konstellation zu einem inakzeptablen Finanzierungsangebot.

Gemeinsam mehr erreichen

Für größere Besteller mit akzeptabler Bonität bietet sich die Bündelung von Exportgeschäften an, für die (Hermes-)gedeckte mittel- und langfristige Bestellerkredite zur Verfügung gestellt werden können. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen profitieren davon, dass mehrere Exportgeschäfte in einem Rahmenvertrag zusammengefasst werden können. Viele Exporteure würden andernfalls vermutlich keinen Zugang zu einer langfristigen Finanzierungslösung erhalten.

Die (Hermes-)gedeckten Rahmenfinanzierungen lenken den Einkauf der Besteller gezielt nach Deutschland, da die Rahmenbedingungen inklusive der Kostenstruktur für die gesamte Finanzierung dem Besteller frühzeitig bekannt sind und dies die Beschaffung der Investitionsgüter in Deutschland attraktiver macht. Die üblichen Vorteile eines Bestellerkredits kommen dabei zum Tragen. Durch Konsortialstrukturen sind auch hohe Volumina darstellbar. Die KfW IPEX-Bank hat diese besondere Ausprägung des Bestellerkredits als sogenannte Shopping-Line aufgesetzt und ist als Konsortialführerin für die verwendeten Konsortialstrukturen aktiv.

Der bankinterne Bearbeitungsaufwand ist zwar hoch und bindet substantielle Kapazitäten, im Vergleich zu einer direkten Finanzierung mehrerer einzelner kleinvolumiger Exportgeschäfte gibt es jedoch spürbare Synergieeffekte durch die Konzentration auf einen Besteller. Der verbleibende hohe Aufwand dieser Struktur wird unter anderem durch die Prüfung der einzelnen Exportgeschäfte verursacht, da Hermes und dem Bund weiterhin jedes Exportgeschäft zur Entscheidung vorgestellt werden muss, jedoch im Vergleich zum klassischen Bestellerkredit zu einem späteren Zeitpunkt.

Koordinierende Unternehmen oder engere Vernetzung

Warum lassen sich bisher nicht mehr Exportgeschäfte bündeln – in einem Land, das so stark von den Exporten abhängig ist? Es gibt mehrere Gründe: In Deutschland gibt es immer weniger Unternehmen, die aus einer Hand und in Gesamtverantwortung die Detailplanung und Kontrolle, das Beschaffungswesen sowie die Ausführung der Bau- und Montagearbeiten anbieten möchten. Im Englischen wird dieses Angebotsspektrum als Engineering, Procurement and Construction, kurz EPC, bezeichnet. Eine Bündelung findet hier bereits automatisch auf Ebene des deutschen Exporteurs statt, der deutsche und ausländische Sublieferanten bei seinem Auftrag berücksichtigen kann. Dabei werden in der Regel auch diverse Bestellungen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen getätigt.

Eine Alternative dazu wäre eine engere Vernetzung der deutschen Industrie für einen gemeinsamen fokussierten Auftritt, insbesondere auch unter Einbindung von Dienstleistungsangeboten und der Ein­beziehung von digitalen Lösungen. Mit einem gemeinsamen Engagement und Kooperationen lassen sich starke Angebote auf die Beine stellen.

In vielen Bereichen haben sich deutsche Unternehmen jedoch zu Spezialanbietern entwickelt, die perfekte Lösungen in der jeweiligen Nische offerieren. Immer häufiger sind daher auch deutsche Lieferungen als Sublieferungen, insbesondere in asiatischen Angebotspaketen, zu finden. In diesem Fall findet kein eigener Marktauftritt statt, je nach Ausgestaltung seiner Ausschreibung weiß der Besteller häufig gar nicht, dass er deutsche Komponenten in seiner Anlage hat. Deutsche Pumpen, Stellmotoren oder Ventile finden sich beispielsweise regelmäßig in Anlagen, die von Global Playern aus Asien verkauft werden.

Eine spürbar engere branchenübergreifende Vernetzung, wie sie beispielsweise in Skandinavien zu beobachten ist, könnte dazu beitragen, einen eigenen Weg im harten internationalen Wettbewerb zu gehen. Hier sind Verbände, die Außenhandelskammern und natürlich die Unternehmen gefragt, um entsprechende Plattformen für den Dialog zu schaffen bzw. zu optimieren und sie noch besser zu nutzen. Warum sollte der Besteller einer deutschen Produktionsanlage nicht auch deutsche Armaturen und Sanitärobjekte in seinen Sozialräumen installieren?

Branchenlösungen als Vorbild

Ein erster positiver Ansatz, der auch von der KfW IPEX-Bank als Finanzierungspartner aktiv begleitet und unterstützt wird, ist die GeMaX-Initiative von Zulieferern und Exporteuren der deutschen maritimen Industrie. Hier haben sich zahlreiche deutsche Unternehmen zusammengeschlossen, um gemeinsam ihre Produkte und Dienstleistungen international  zu vermarkten. Zwar handelt es sich auch hier um einen branchenfokussierten Ansatz, es ist jedoch ein Schritt in die richtige Richtung.

Eine weitere bestehende Alternative zum Bündeln von Exportgeschäften ist die Einschaltung eines deutschen Exporteurs, der sich auf die Bündelung von Exportgeschäften spezialisiert hat und teilweise branchenübergreifend zur Übernahme von EPC-Aufgaben bereit ist. In dieser Nische existiert ein überschaubares Angebot in Deutschland. In einem solchen Fall ist dann im Idealfall auch ein klassischer Hermes-gedeckter Bestellerkredit denkbar.

Standardisierung würde helfen

Welche weiteren Handlungsoptionen kämen neben einer Bündelung in Frage? Die eingangs erwähnten Rahmenbedingungen der Finanzinstitute für kleinvolumige mittel- und langfristige Exportfinanzierungen lassen sich kaum verändern. Ein spürbarer Beitrag könnte jedoch durch eine Modifizierung des Hermes-Deckungsinstrumentariums geleistet werden. Für die sogenannten Small Tickets wäre eine Standardisierung in Antragstellung, Deckungsparametern und Dokumentation ein wichtiger Schritt, um den Finanzinstituten und letztendlich vor allem dem deutschen Mittelstand ein passendes Werkzeug an die Hand zu geben. Es gibt noch viel zu tun, ein gemeinsamer Beitrag von allen Beteiligten könnte aber vieles in Bewegung setzen.

Michael.Waitz@kfw.de

 

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