Geldwäsche und Dual-Use-Verordnung sind zusätzliche Herausforderungen vor allem für grenzüberschreitende Handelsgeschäfte. Die Überprüfung von Geschäftspartnern kann vor hohen Strafen schützen. Was bedeutet dieser Druck für Unternehmen, die Waren ein- und ausführen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben? Im Folgenden sollen die Faktoren jeweils im Einzelnen beleuchtet werden, um die Auswirkungen besser zu verstehen.

Von Henry Balani, Global Head of Strategic Affairs, Accuity

Beitrag als PDF (Download)

Complianceanforderungen machen Teilnehmern von Handelsgeschäften zunehmend das Leben schwer, denn es besteht immer häufiger die Sorge, dass die Handelsgeschäfte mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Verbindung stehen könnten. Aufsichtsbehörden wenden mehr Zeit dafür auf, Handelsfinanzierungen daraufhin zu überprüfen, ob sie als Geldwäschekanal genutzt werden. Bei Güterlieferungen muss überprüft werden, ob es sich um Dual-Use-Güter handelt, die zur Verbreitung von Massenvernichtungswaffen beitragen können. Insbesondere die Ausfuhrkontrollvorschriften der EU schreiben Teilnehmern von Handelsgeschäften die Kennzeichnung von Gütern mit einem doppelten Verwendungszweck (Dual-Use-Güter) vor.

Nach der Einführung des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) durch die US-Behörden gehen Aufsichtsbehörden weltweit rigoros gegen Steuerhinterziehung vor. Die Financial Action Task Force (FATF) hat unter anderem empfohlen, Steuerhinterziehung als eine mit Geldwäsche in Zusammenhang stehende Straftat zu betrachten und in zahlreichen Ländern die in den Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung vorgesehenen Strafen zu erhöhen. Aufgrund all dieser Faktoren steigen die Anforderungen an die Handelspartner, entsprechende Überprüfungen vorzunehmen, da sie andernfalls Gefahr laufen, dass Zwangsmaßnahmen gegen sie verhängt werden.

Traditionelle Formen der Geldwäsche

Bisher standen die traditionellen Geldwäschekanäle im Fokus der Aufsichtsbehörden, wie etwa Banküberweisungen und physische Bargeldbewegungen. Bei den Strafen, die die Aufsichtsbehörden in der Vergangenheit auferlegt haben, war das „Wire Stripping“ eine der häufigsten Ursachen von Sanktionsverstößen. Banken wurde vorgeworfen, bei Zahlungen in US-Dollar über das US-Finanzsystem Hinweise auf mit Sanktionen belegte Länder, besonders den Iran, entfernt zu haben. Wenn solche Hinweise entfernt werden, finden die Filter von Überprüfungssoftware in der Überweisung keinen Begriff, der auf Sanktionen schließen lässt. Betrachtet man die mit OFAC verbundenen bankspezifischen Zwangsmaßnahmen, hat es seit 2010 mehrere Fälle gegeben, bei denen Hinweise auf mit Sanktionen belegte Länder (also „Wire Stripping“) vorsätzlich entfernt wurden.

Handelsbasierte Geldwäsche und Dual-Use-Güter

Zwangsmaßnahmen haben sich bisher auf die traditionellen Geldwäschekanäle konzentriert. Interessant ist jedoch, dass Aufsichtsbehörden allmählich auch handelsbasierte Geldwäsche erkennen, wobei die jüngsten Zwangsmaßnahmen zeigen, dass finanzielle Handelsinstrumente als Kanäle für illegale Gelder und Güter genutzt werden.

Beim sogenannten „Misinvoicing“ wird der Warenwert manipuliert, um illegales Geld in eine bestimmte Richtung fließen zu lassen. Um Geld in ein Land zu verschieben, werden entweder Importe mit zu geringem Wert oder Exporte mit zu hohem Wert angegeben. Um Geld aus einem Land herauszubefördern, wird umgekehrt verfahren. Betrachtet man illegale Güter, ist die zentrale Frage, ob diese Güter für nicht beabsichtigte Zwecke verwendet werden.

Vor einigen Jahren lieferte eine in den USA ansässige Firma aus Minnesota Funkfrequenzmodule nach Singapur. Für diese Funkfrequenzmodule gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten, unter anderem werden sie als Bestandteile von Ga-ragentoren verwendet. Letztendlich wurden die Module der US-Firma in den Iran geschmuggelt und als Fernbedienungen für Behelfsbomben verwendet – ein Beispiel für einen Fall, in dem die beabsichtigte Nutzung und der Bestimmungsort der Güter geklärt werden müssen. Ein weiteres Problem ist, dass Gewinne aus gehandelten Waren zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten oder die Güter selbst von Terroristen verwendet werden.

Noch komplexer wird die Problematik dadurch, dass Güter sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke (Dual Use) einsetzbar sein können. Die Herausforderung liegt darin begründet, dass viele Güter als Dual-Use-Güter eingestuft werden können. Eine Uniform kann sowohl von einem Schüler als auch von einem Soldaten getragen werden. Kugellager finden in Fahrrädern Anwendung, aber auch in Nuklearzentrifugen. Es ist allgemein bekannt, dass AK-47 ein Gewehrtyp ist. Googelt man diese Bezeichnung aber, dann stellt sich heraus, dass damit auch eine Pflanzenart oder das Design einer Feuerstelle für den Außenbereich gemeint sein kann.

Zwar gibt es keine letztverbindliche Richtlinie für die Identifizierung von Dual-Use-Gütern, doch die Europäische Union hat eine Liste aller Güter veröffentlicht, die als Dual-Use-Güter angesehen werden, um Handeltreibenden Hilfestellung zu geben. Die Handelskommission der EU definiert Dual-Use-Güter als Waren, Software und Technologie, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke eingesetzt werden und/oder zur Verbreitung von Massenvernichtungswaffen beitragen können.

Die EU-Liste der Güter mit doppeltem Verwendungszweck stellt eine 228-seitige Dokumentation dar. Wer auf diese Liste verwiesen wird, erhält Informationen darüber, wie umfassend die für das betreffende Handelsgeschäft durchzuführende Sorgfaltsprüfung (Due Diligence) sein sollte. Mit Hilfe von Datenbanken, die die EU-Liste mit Suchmaschinen erfassen, können die Sorgfaltsprüfungen in stärkerem Maße automatisch vorgenommen werden.

Ungeachtet der verwendeten Methoden sollten Best Practices allerdings für jedes Handelsgeschäft die Überprüfung sowohl der Güter als auch des Käufers, des Verkäufers, des Bestimmungsortes, des Transportunternehmens und des Transportmittels beinhalten. Wird das Geschäft mit Akkreditiv finanziert, werden auch die Banken eine entsprechende Sorgfaltsprüfung durchführen müssen.

Es ist derzeit gängige Praxis, die Verantwortung für die Überprüfung auf mögliche Geldwäsche oder Sanktionsverstöße den Banken zuzuweisen, dies befreit aber die ausführenden und einführenden Unternehmen selbst nicht von ihrer Verantwortung für die Überprüfung. Selbst die Transportunternehmen sollten die Lieferscheine oder sonstigen Transportdokumente prüfen, um mögliche Geldwäsche oder Sanktionsverstöße aufzudecken. Hier könnte argumentiert werden, dass für die Überprüfung der Güter auf einen doppelten Verwendungszweck in stärkerem Maße diejenigen Institutionen verantwortlich sein sollten , die keine Banken sind, insbesondere weil der Fokus der Banken traditionell auf die finanziellen Aspekte der Geschäfte und nicht auf die physischen Güter selbst gerichtet ist.

Identifizierung von wirtschaftlich Berechtigten

Exporteure und Importeure müssen zusätzliche Sorgfaltsprüfungen durchführen, um festzustellen, ob ihr Handelspartner ein Offshoreunternehmen ist. Wenn ja, müssen sie den wirtschaftlich Berechtigten ermitteln. Der Due-Diligence-Prozess kann jedoch kompliziert sein, da es der ureigene Zweck eines Offshoreunternehmens ist, die Identität des wirtschaftlich Berechtigten zu schützen. Hinzu kommt, dass diese Unternehmen so strukturiert sein können, dass es mehrere Holdinggesellschaften mit unterschiedlichen Besitzanteilen gibt, die so gestaltet sind, dass der wirtschaftlich Berechtigte verschleiert wird. Die Durchführung dieser Sorgfaltsprüfungen kann komplex sein und dazu führen, dass weitere interne und externe Ressourcen erforderlich werden, um die Höhe des Risikos zu erfassen, das mit dem Handelsgeschäft verbunden ist.

Steuerhinterziehung

In vielen Ländern der ganzen Welt hat das Thema Steuerhinterziehung seit jeher hohe Priorität. Umso mehr, wenn das Land mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat und Steuern als gute Einnahmequelle zur Unterstützung der Regierungstätigkeit ansieht. Steuerbetrüger hat es schon immer gegeben – Personen oder Unternehmen, die zu geringe Einnahmen angeben und ihre Vermögenswerte in Offshoreunternehmen verstecken oder für Handelsgeschäfte manipulierte Rechnungen ausstellen.

Die Financial Action Task Force (FATF) hat vorgeschlagen, Einnahmen aus Steuerhinterziehung als gewaschenes Geld anzusehen und insbesondere den Geltungsbereich von Geldwäschevergehen zu erweitern und auch Steuerdelikte einzubeziehen. Vor kurzem wurde der FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) von der US-Regierung in Kraft gesetzt. Das Gesetz schreibt vor, dass ausländische Finanzinstitute (d.h. Banken außerhalb der USA) auf US-Steuerzahler bezogene Informationen austauschen müssen, um die Steuerverpflichtungen des betreffenden US-Steuerzahlers zu bestimmen. Werden die jeweiligen Informationen nicht zur Verfügung gestellt, hat dies Strafen zu Lasten des ausländischen Finanzinstituts zur Folge. FATCA war ursprünglich 2010 vom US-Kongress beschlossen worden und ist nun US-amerikanisches Gesetz. Das bedeutet, dass Banken Sorgfaltsprüfungen in Bezug auf die Vermögenswerte und Identität von Personen durchführen müssen.

Interessant ist auch, dass nun auch andere Länder vorhaben, untereinander Informationen auszutauschen, damit ihre Bürger vorschriftsmäßig Steuern zahlen. Der Common Reporting Standard (CRS) ist ein internationaler Meldestandard für den automatischen Austausch von Informationen über die Vermögenswerte und das Einkommen einer in einem bestimmten Land ansässigen Person. Bis dato wollen 96 Länder an diesem Informationsaustausch teilnehmen.

Für Handelsunternehmen bedeutet dies, dass sie darauf vorbereitet sein sollten, zusätzliche Informationen über ihre Firmen oder ihre Handelspartner, insbesondere den Eigentümerstatus, gegenüber Banken offenzulegen. Wenn sie das nicht tun, könnte dies zur Folge haben, dass Banken nicht zur Finanzierung des Handelsgeschäfts bereit sind, besonders wenn es um einen hohen Geldbetrag geht.

Fazit

Der Handel wird auch weiterhin einen wichtigen Teil zum Wirtschaftswachstum eines Landes beitragen – ganz besonders in Deutschland. Es muss sichergestellt werden, dass auch in Zukunft Handel stattfindet und dieser nicht durch belastende Regulierungen behindert wird. Wichtig ist aber auch die Erkenntnis, dass die großen Volkswirtschaften der Welt ihren Kampf gegen Terrorismusfinanzierung durch umfangreichere regulatorische Zwangsmaßnahmen verstärken. Für Handelsunternehmen läuft dies auf eine umfangreichere Sorgfaltspflicht in Bezug auf ihre Partner, Kunden und Lieferanten hinaus. Und es bedeutet auch, dass ihre Bankpartner ihre Maßnahmen ebenfalls verschärfen werden. Ob es einem nun gefällt oder nicht – dies ist das neue Umfeld, mit dem der Handel wird zurechtkommen müssen.

Kontakt: raimund.kaufmann@accuity.com

Aktuelle Beiträge

Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner