In einem stetig wachsenden, internationalen Markt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihr Kapital möglichst effizient einzusetzen. Sie kaufen Waren und Dienstleistungen von ihren Lieferanten, müssen gegebenenfalls die Produktion bzw. die Lagerhaltung übernehmen und das (End-)Produkt wiederum gewinnbringend an ihre Abnehmer verkaufen. Dieser Prozess bindet Liquidität, die für andere Verwendungszwecke nicht zur Verfügung steht.

Von Peter Tinney, Produktspezialist Trade Finance, Deutsche Bank AG

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Optimierung der Liquiditätssteuerung und des Risikomanagements

Der betriebliche Wertschöpfungsprozess bindet einen Großteil wertvoller Liquidität im Unternehmen, die ansonsten z.B. für wichtige Investitionen verwendet werden könnte. Die Liquidität ist im Rahmen dieser komplexen Wertschöpfungsprozesse so lange gebunden, bis der Erlös aus dem Verkauf auf dem Konto der Unternehmen eingeht.

Von den Vertragsverhandlungen mit den Geschäftspartnern bis hin zum Geldeingang ist daher ein effizientes Liquiditäts- und Risikomanagement von großer Bedeutung. Für Unternehmen mit internationaler Ausrichtung stellt sich dieses Thema noch komplexer dar.

Gefragt sind Finanzierungslösungen, die die klassische Kreditaufnahme ergänzen sowie Sicherheit und Liquidität ideal kombinieren. Damit können die Position gegenüber den Geschäftspartnern im In- und Ausland verbessert, die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, die Liquiditätsbeschaffung beschleunigt und Ausfallrisiken reduziert werden.

Optimierung von Trade Receivables

Die entstehenden Forderungen aus Lieferung und Leistung von erfolgten Waren- oder Dienstleistungsverkäufen (Trade Receivables) werden häufig erst zu einem vereinbarten späteren Zeitpunkt beglichen. Als Folge dessen kann es zu Liquiditätsengpässen kommen, bei denen u.a. folgende Fragen zu berücksichtigen sind:

  • Wie lang ist das gegenüber dem Abnehmer eingeräumte Zahlungsziel?
  • Bezahlt der Abnehmer seine Rechnung pünktlich bei Fälligkeit, oder verlängert er „eigenmächtig“ das grundgeschäftlich vereinbarte Zahlungsziel?
  • Wie kann dieses Zahlungsziel verkürzt werden, möglichst ohne dem Abnehmer Preiszugeständnisse machen zu müssen?
  • Welche Herausforderungen und Risiken sind bei einer zunehmenden Internationalisierung des Handels/Verkaufs zu berücksichtigen?

Mit dem Forderungsverkauf, z.B. an Banken, kann – bei gleichbleibender Laufzeit der ausstehenden Forderungen – der Finanzierungsbedarf des Verkäufers reduziert werden, ohne hierfür dem Abnehmer Preiszugeständnisse, wie etwa in Form von Boni oder Skonti, machen zu müssen.

Generell sind sowohl ein einmaliger als auch ein revolvierender Verkauf der Forderungen möglich. Dabei können über ein Forderungsankaufsprogramm unterschiedliche Größenordnungen der Einzelrechnungsbeträge dargestellt werden. Auch evtl. bestehende Sicherheiten wie Dokumentenakkreditive, Garantien bzw. Stand-by-L/Cs (Letters of Credit) oder (staatliche) Warenkreditversicherungen können in die Strukturierung miteinbezogen werden.

Die durch den Forderungsverkauf erzielten Liquiditätseffekte können dem Verkäufer dabei helfen, Finanzierungen bei Dritten zu reduzieren, wodurch er seine Liquiditätsquellen breiter streuen kann.

Zudem ist eine Verbesserung der Unternehmenskennzahlen möglich, da die Forderung i. d. R. regresslos verkauft wird und somit nicht mehr in der Bilanz erscheint (True Sale).

Des Weiteren sichert sich der Verkäufer zusätzlich gegen Abnehmer- und Länderrisiken ab. Ein solcher regressloser Forderungsverkauf reduziert die Risiken eines Forderungsausfalles und eröffnet die Chance, ohne eigene Übernahme dieser Risiken neue Absatzmärkte zu erschließen.

Nicht zu vernachlässigen sind auch mögliche positive Auswirkungen auf die Verkäufer-Abnehmer-Beziehung. Diese kann durch eine solche Abnehmerfinanzierung und evtl. daraus entstehende Zahlungszielverlängerungen gestärkt werden.

Beispiel: längere Zahlungsziele als Verkaufsargument

Ein deutsches Unternehmen mit einem saisonal schwankenden Forderungsvolumen verkauft seine Waren innerhalb Westeuropas, aber auch weltweit, teilweise abgesichert durch eine WKV (Warenkreditversicherung). Der Umsatz beträgt 60 Mio EUR p.a., die Hälfte des jährlichen Umsatzes generiert das Unternehmen in den Monaten August bis Oktober, jeweils 10 Mio EUR pro Monat.

Mit Blick auf den Wettbewerb sowie die Geschäftsbeziehungen mit den Abnehmern möchte das Unternehmen längere Zahlungsziele (von durchschnittlich 90 Tagen) gewähren. Auf der Einkaufsseite muss jedoch innerhalb von 30 Tagen an die Lieferanten gezahlt werden, so dass mindestens 60 Tage bis zum Eingang der Verkaufserlöse zu überbrücken sind. Eine Ausweitung der eigenen Kreditlinie bei den Banken ist nicht ohne weiteres möglich. Das Unternehmen möchte sich darüber hinaus gegen die entstehenden Abnehmer- und Länderrisiken absichern.

Lösung: Forderungsverkauf

Das Unternehmen verkauft einen Teil seiner Forderungen aus Lieferungen an die Bank. Um das Volumen der Forderungen trotz der saisonalen Schwankungen über das Jahr hinweg konstant zu halten, passt das Unternehmen das zu verkaufende Forderungsvolumen entsprechend an. Dadurch kann das Unternehmen seinen Abnehmern längere Zahlungsziele gewähren und die Geschäftsbeziehungen auch wettbewerbsbedingt stärken.

Durch den revolvierenden Forderungsverkauf kann die Bilanzposition „Forderungen aus Lieferung und Leistung“ entsprechend gesenkt werden. Ggf. können auch Unternehmenskennzahlen (z.B. DSO) generell verbessert werden.

Fazit

Dieses Beispiel verdeutlicht mögliche positive Auswirkungen eines professionellen Trade-Receivables-Managements. Insbesondere die flexible Ausgestaltung bzw. Strukturierung eines solchen Forderungsankaufsprogramms ermöglicht eine Lösung, die unter Berücksichtigung bestimmter Parameter individualisiert von Unternehmen eingesetzt werden kann.

Insbesondere bei exportierenden Unternehmen, die weltweit tätig sind, bietet sich die Zusammenarbeit mit einem Finanzpartner mit internationalem Netzwerk, ausgeprägtem Know-how und langjähriger Erfahrung im Bereich Forderungsankauf an.

Kontakt: peter.tinney@db.com

 

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