Das am weitesten entwickelte und industrialisierte Land Afrikas verharrt in einer wirtschaftlichen Sackgasse. Seit der Weltwirtschaftskrise 2009 ist es der Regenbogennation nicht gelungen, das wirtschaftliche Wachstum neu zu gestalten. Schwerwiegende strukturelle innere Spannungen und ein trübes globales Umfeld bremsen. Die Regierungspartei African National Congress (ANC) und ihr skandalträchtiger Präsident Zuma verschärften die wirtschaftliche Misere durch inkohärente Politik und Misswirtschaft.

Von Christoph Witte, Direktor Deutschland, Credimundi, Member of the Credendo Group

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Eine Reihe politischer Kämpfe und Skandale hat Investoren verschreckt, das Geschäftsklima belastet und Fragen bezüglich der Verpflichtungen zur fiskalischen Besonnenheit aufgeworfen. Die Spannungen eskalierten im Dezember 2015, als Präsident Zuma innerhalb von vier Tagen zwei Finanzminister entließ, was Schockwellen auf den Kapitalmärkten auslöste.

Außerdem werden die Beziehungen zum Westen durch eine verschärfte antiwestliche Rhetorik und entsprechende politische Initiativen, wie beispielsweise die einseitige Widerrufung bilateraler Investitionsabkommen mit europäischen Ländern, verkompliziert. Folglich wird erwartet, dass der ANC weiterhin den Beziehungen zu den BRICS-Staaten Priorität einräumen wird – trotz ihrer geschwächten Ökonomien und großen Handelsungleichgewichte (vor allem Chinas).

Konjunkturausblick bleibt getrübt

Nach dem Auslaufen der Wachstumserfolge in den Jahren 2014 und 2015, als das BIP um 1,5% bzw. um 1,3% zulegte, wird für 2016 nur noch eine Wachstumsrate von 0,6% vorhergesagt. Die Konjunktur erreicht damit den niedrigsten Stand seit der Rezession von 2009 und lässt das Pro-Kopf-Einkommen sinken.

Aufgrund sich verschlechternder Terms of Trade und der Besorgnis ausländischer Anleger, die den Ausverkauf weiter anheizten, hat der Südafrikanische Rand gegenüber dem US-Dollar 2015 ein Drittel seines Wertes eingebüßt. Dennoch wird die starke Abwertung des Rand keinen sonderlich großen Vorteil mit sich bringen, da auch die Währungen der meisten anderen Schwellenländer nachgaben.

Die Inflationsrate dürfte zum Jahresende 6,9% erreichen, womit die Zielspanne der südafrikanischen Zentralbank (SARB) von 3%–6% übertroffen würde. Die trockenheitsbedingten Erhöhungen der Lebensmittelpreise und Energieengpässe verschärfen die Teuerung. Trotz der wachstumshemmenden Wirkung erhöhte die SARB im März 2016 die Zinssätze (der Reposatz stieg um 25 Basispunkte auf 7%) zum vierten Mal seit Ende 2014, um so die Inflationserwartungen zu stabilisieren. Niedrige Sparquoten und eine Verringerung der Konsumausgaben der privaten Haushalte (früher der Hauptwachstumsfaktor) tragen zu dem anhaltend schlechten Abschneiden bei. Als Ergebnis der schleppenden Wirtschaftstätigkeit und fehlender sozioökonomischer Reformen stieg die Arbeitslosenquote auf historische Höchstwerte von 26,7%.

Energieengpässe und von Gewerkschaftsabspaltungen inszenierte wiederkehrende Streiks mit gewaltsamen Ausschreitungen schwächten das Vertrauen der Anleger zusätzlich und schadeten der verarbeitenden Industrie und dem Bergbau in Südafrika. Im Außenhandel schädigten die rückläufige Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen aus China ebenso wie der Absturz der internationalen Rohstoffpreise Mitte 2014 ebenfalls den südafrikanischen Bergbausektor. Tatsächlich ging die Auftragsproduktion im Bergbau um beträchtliche 18% (März 2016 gegenüber März 2015) zurück, wobei Eisenerz und Platin den größten Schlag erhielten. Darüber hinaus traf es auch die Agrarproduktion hart, denn die durch El Niño bedingten Dürren zogen sich im vergangenen Jahr durch ganz Südafrika.

Leistungsbilanz bleibt negativ

Trotz der gut diversifizierten Exportbasis weist Südafrika ein strukturelles Leistungsbilanzdefizit auf, das über die kommenden Jahre auf 4%–5% des BIP geschätzt wird. Dieses Defizit ließ sich in der Vergangenheit leicht finanzieren, da der liquideste Markt Afrikas große Wertpapieranlageströme (Johannesburger Börse und inländischer Rentenmarkt) und beträchtliche Direktinvestitionen anzog.

Allerdings wurden die Kapitalströme im Anschluss an die Reduzierung der quantitativen Lockerung der US-amerikanischen Notenbank und einer schwindenden Risikobereitschaft der Anleger volatiler, was eine Finanzierungslücke in der externen Zahlungsbilanz 2015 verursachte. Glücklicherweise verfügt Südafrika über angemessene Devisenreserven (4,5 Monate Einfuhrdeckung), und die Tiefe und die Differenzierung der inländischen Finanzmärkte sind groß genug, um auch einen hohen Finanzbedarf zu absorbieren.

Ausgabenspielraum bleibt begrenzt

Wegen des Haushaltsdefizits von etwa 4% des BIP in den vergangenen vier Jahren ist der finanzpolitische Spielraum, der für wachstumsfördernde öffentliche Investitionen zur Verfügung steht, begrenzt. Die hohe Arbeitslosigkeit belastet die Regierung mit wachsenden Sozialhilfekosten, die mehr als 35% der öffentlichen Ausgaben ausmachen. Darüber hinaus weisen mehrere staatseigene Betriebe, wie der Autobahnbetreiber SANRAL und das staatliche Stromversorgungsunternehmen Eskom, schwache Bilanzen und sehr schwierige Finanzbedingungen auf, die ein erhebliches Risiko für die Haushaltskonsolidierung bergen.

Infolge dieser Entwicklung stieg die Staatsverschuldung von 40,9% des BIP 2012 auf 50,1% 2015. Ein umfangreiches Paket an Strukturreformen könnte bewirken, dass der primäre Finanzierungssaldo (ohne Zinszahlungen) ab 2017 wieder einen Überschuss aufweist und die Staatsverschuldung auf einen tragfähigeren Pfad einschwenkt. Auf jeden Fall sind rund 70% der Staatsverschuldung im Inland entstanden, und knapp 90% der Gesamtschulden lauten auf den Südafrikanischen Rand, was die Wechselkursrisiken erheblich entschärft.

Es gibt keine unmittelbaren Aussichten darauf, dass die große Wachstumsdynamik in nächster Zukunft zurückkehrt, da die anhaltende Schwäche des Rand wahrscheinlich weiterhin Druck auf die hohen Zinssätze ausüben wird. Mittelfristig werden solide politische Maßnahmen und Reformen unverzichtbar sein, um das Wachstum wieder anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen.

Tatsächlich wird 2016 eine verbesserte Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitik durch die Umsetzung einer sinnvollen Steuerkonsolidierung (in erster Linie eine Kombination aus Kostenreduzierung und Neufestsetzung der Prioritäten bei den Ausgaben) notwendig sein, um die bevorstehende Herabstufung auf Junk-Status durch die drei wichtigsten Ratingagenturen zu umgehen. Daher gilt es, populistische Wahlgeschenke vor den heftig umstrittenen Kommunalwahlen im August 2016 trotz der steigenden Wut im Volk über die Eliten zu vermeiden.

Nach Jahren der Stagnation haben sich die Finanzkennzahlen Südafrikas strukturell verschlechtert. Dennoch bleibt die Liquidität des Landes relativ hoch. Aus diesem Grund erfolgt die Einstufung des kurzfristigen politischen Risikos Südafrikas durch die Credendo Group in Kategorie 3/7.

Weitere Länderberichte und aktuelle ­Risikobewertungen von Credimundi finden Sie unter www.credimundi.de.

Kontakt: c.witte@credendogroup.com

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