Das Recht der Embargos und Sanktionen ist häufigen Änderungen unterworfen, die von Exporteuren stets im Blick behalten werden müssen, um Verstöße – sowie insbesondere die damit regelmäßig einhergehenden empfindlichen Strafen und Bußgelder – zu vermeiden. Dieser Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über wichtige Neuerungen in diesem Bereich. Er konzentriert sich hierbei auf Russland, die Ukraine, den Iran, den Jemen sowie Kuba.

Von Marian Niestedt, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen und Dr. Gerd Schwendinger, LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen

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Das Russland-Embargo

Am 1. August 2014 traten auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (Russland-Embargo-Verordnung) und des Beschlusses 2014/5012/GASP weitreichende Wirtschaftssanktionen seitens der EU gegenüber Russland in Kraft. Diese im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen wurden durch die Verordnung (EU) Nr. 960/2014 bereits im September 2014 verschärft und ausgeweitet. Die EU hat nicht nur ein Waffenembargo verhängt. Es wurden auch umfangreiche Handelsbeschränkungen für Dual-Use-Güter und für die Ausrüstung und Technologie zur Ölexploration und förderung eingeführt. Daneben wurde der Zugang des russischen Banken, Verteidigungs- und Energiesektors zum Kapitalmarkt der EU erschwert. Dieses Embargo hat nicht nur erhebliche Folgen für die russische Ökonomie, sondern auch spürbare Auswirkungen auf das Russland-Geschäft deutscher Exporteure. Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Dr. Eckhard Cordes, geht davon aus, dass die deutschen Ausfuhren nach Russland 2014 um 18% gesunken sind.

Mit Wirkung zum 6. Dezember 2014 hat die EU durch die Verordnung (EU) Nr. 1290/2014 zuletzt die Vorschriften des Russland-Embargos konkretisiert und ergänzt. Hierüber wurde bereits ausführlich berichtet (vgl. Schwendinger/Trennt, Konkretisierung der EU-Russland-Sanktionen, ExportManger, Ausgabe 10 vom 10. Dezember 2014, S. 26 ff.). Die zwischenzeitlichen Entwicklungen geben Anlass zu den folgenden Ergänzungen:

Aktualisiertes BAFA-Merkblatt und Leitfaden der EU-Kommission

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat sein „Merkblatt zum Außenwirtschaftsverkehr mit der Russischen Föderation“ aktualisiert. In dem Merkblatt stellt das BAFA seine Auffassung zur Auslegung und Anwendung der Vorschriften der Russland-Embargo-Verordnung dar. Das aktualisierte Merkblatt spiegelt die Rechtslage zum 12. Januar 2015 wider und berücksichtigt insbesondere die vorgenannten Änderungsverordnungen.

Die Wirtschaft sieht sich immer wieder vor das Problem gestellt, dass die nationalen Verwaltungsbehörden der verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten die EU-Sanktionen unterschiedlich verstehen und anwenden, was nicht zuletzt auf Mängel bei der Formulierung der Sanktionsmaßnahmen durch den EU-Gesetzgeber zurückzuführen ist. Um die gesetzlich vorgeschriebene einheitliche Anwendung der Embargovorschriften in der EU zu gewährleisten, hat die EU-Kommission am 16. Dezember 2014 einen Leitfaden für die Anwendung bestimmter Vorschriften der Russland-Embargo-Verordnung veröffentlicht. Der in Form eines Frage-Antwort-Kataloges gestaltete Leitfaden geht hauptsächlich auf Fragen der Auslegung der Beschränkungen des Zugangs zum Kapitalmarkt der EU für russische Unternehmen ein und richtet sich vorrangig an den Banken- und Finanzsektor. Sowohl das BAFA-Merkblatt als auch der Kommissionsleitfaden sind wichtige Hilfen für die Auslegung und Anwendung der Embargobestimmungen, beantworten allerdings nach wie vor nicht sämtliche Fragen.

Neuerungen bei den personen­bezogenen Sanktionen im Zuge der ­Verschärfung der Ukraine-Krise

Auf seiner Tagung am 29. Januar 2015 hat der Rat der EU den Beschuss von Wohn­gebieten insbesondere in Mariupol und die jüngste Eskalation der Kämpfe in den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk verurteilt. Er hat entschieden, die im März 2014 erlassenen und anschließend aktualisierten Sanktionen gegen gelistete Personen und Einrichtungen, die die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine bedrohen oder untergraben, bis September 2015 zu verlängern. Außerdem forderte der Rat in seinen Schlussfolgerungen die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und die Kommission auf, dem Rat einen Vorschlag für weitere Listungen zu unterbreiten. Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine stehen auch bei dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs am 12. Februar 2015 auf der Tagesordnung. Die weitere Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass am 31. Januar 2015 die Verordnung (EU) 2015/138 des Rates vom 29. Januar 2015 „zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine“ in Kraft getreten ist, mit der die Listungskriterien verdeutlicht werden im Hinblick auf Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden.

Eine derartige Listung hat weitreichende Konsequenzen: Die Vermögen der von den Sanktionen erfassten Personen werden „eingefroren“. Dies hat insbesondere zur Folge, dass gelistete Personen ihre Gelder und Vermögenswerte nicht mehr nutzen ­können, soweit sich diese innerhalb der EU befinden. Zudem gilt gegenüber den betroffenen Personen ein sogenanntes Bereitstellungsverbot. Es ist mithin untersagt, den gelisteten Personen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen jeglicher Art (also insbesondere auch Exportwaren) zur Verfügung zu stellen.

Verschärfte Sanktionen mit Bezug auf die Krim und Sewastopol

Die EU hat zudem kurz vor Weihnachten 2014 die Sanktionen in Bezug auf die
Krim und Sewastopol erheblich verschärft. Bereits mit der Verordnung (EU) Nr. 692/ 2014 vom 23. Juni 2014 hatte die EU ein Einfuhrverbot für Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol verhängt. Diese Handelsbeschränkungen wurden Ende Juli 2014 durch die Verordnung (EU) Nr. 825/2014 erheblich ausgeweitet, indem ein Investitionsverbot im Hinblick auf die Errichtung und den Erwerb von Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation und Energie sowie die Nutzung von Öl-, Gas- und Mineral­ressourcen und zudem Ausfuhrverbote im Hinblick auf bestimmte Waren verhängt wurden. Mit der Verordnung (EU) Nr. 1351/2014 vom 18. Dezember 2014 wurden die Handelsbeschränkungen noch einmal spürbar vertieft und erweitert.

Zunächst wurden die Investitionsverbote, die auf die genannten Sektoren be- schränkt waren, ausgeweitet. Es besteht nunmehr ein umfassendes Investitionsverbot im Hinblick auf Einrichtungen auf der Krim. Dieses erfasst insbesondere den Erwerb von Eigentum an Immobilien, den Erwerb oder die Ausweitung von bestehenden Beteiligungen an Einrichtungen auf der Krim oder in Sewastopol, das Abschließen von Vereinbarungen zur Vergabe von Darlehen oder Krediten für Einrichtungen auf der Krim oder in Sewastopol sowie die Gründung von Joint Ventures auf der Krim oder in Sewastopol.

Die Ausfuhrverbote wurden ebenfalls ausgeweitet. Der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr von sämtlichen in Anhang II gelisteten Waren sind nunmehr untersagt. In Anhang II sind zahlreiche Güter genannt, die zur Verwendung in den Sektoren Verkehr, Telekommunikation, Energie oder Prospektion, Exploration und Förderung von Öl-, Gas- und Mineralressourcen geeignet sind. Im Hinblick auf die genannten Waren ist zudem die Erbringung von technischer Hilfe, von Vermittlungsdiensten oder die Bereitstellung von Finanzhilfen und Finanzmitteln untersagt. Daneben wurden weitere – in der Verordnung ausdrücklich benannte – Dienstleistungen verboten. Die erweiterten Sanktionen betreffen nunmehr auch die Kreuzfahrbranche. Denn es gilt fortan ein Verbot für Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedsstaates der EU oder für Schiffe von Unionsreedern, bestimmte, in Anhang III genannte Häfen auf der Krim anzulaufen. Auch im Hinblick auf die Handelsbeschränkungen für die Krim und Sewastopol bestehen Ausnahmen; insbesondere für die Erfüllung von Altverträgen und akzessorischen Verträgen. Diese können im Einzelfall, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind, die Durchführung eines grundsätzlich verbotenen Geschäftes ermöglichen.

Verlängerung der Teilaussetzung des Iran-Embargos

Nicht nur im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise gibt es Neues zu berichten: Am 18. Januar 2015 wurden die Atomgespräche zwischen dem Iran und der sogenannten P5+1-Gruppe, d.h. den fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitgliedern (China, Frankreich, Russland, Großbritannien und USA) und Deutschland, in Genf wieder aufgenommen. Angestrebt wird eine Rahmenvereinbarung bis zum März 2015. Gleichzeitig hat der amerikanische Präsident Barack Obama dem US-Kongress bereits mit einem Veto gegen Gesetzesvorlagen gedroht, die neue Iran-Sanktionen vorsehen, um die laufenden Verhandlungen mit dem Iran nicht zu gefährden.

Am 24. November 2014 hatten sich die P5+1-Staaten mit dem Iran darauf verständigt, den Ende 2013 vereinbarten Gemeinsamen Aktionsplan (Joint Plan of Action) sowie die im Januar 2014 in Kraft getretene Lockerung der Sanktionen gegenüber dem Iran bis Mitte 2015 zu verlängern. Wie sich bereits in den Wochen zuvor abgezeichnet hatte, war es den Verhandlungspartnern nicht möglich, sich bis zum Stichtag 24. November 2014 zu verständigen und den Nuklearstreit zu lösen. Die Verhandlungsfrist sowie die Teilaussetzung des Iran-Embargos wurden vor diesem Hintergrund bis zum 30. Juni 2015 verlängert.

Die Sanktionsmaßnahmen gegen den Iran bleiben daher gemäß Beschluss 2014/829/GASP des Rates vom 25. November 2014 (EU-Amtsblatt Nr. L 338/1 vom 25. November 2014) bis zum 30. Juni 2015 weiterhin in begrenztem Umfang ausgesetzt. Von der Aussetzung erfasst sind insbesondere die Beförderung von iranischem Rohöl sowie die Erbringung von Versicherungs- und Rückversicherungsleistungen in Bezug auf die Einfuhr, den Erwerb oder die Beförderung von iranischem Rohöl. Ebenso bleibt das Verbot der Einfuhr von iranischem Gold und Edelmetallen ausgesetzt. Schließlich sind bis zum 30. Juni 2015 weiterhin Transaktionen mit Bezug auf Lebensmittel, Gesundheitsleistungen und medizinische Ausrüstung sowie landwirtschaftliche Zwecke unterhalb einer bestimmten Schwelle erlaubt. Aufrechterhalten bleiben ebenso erhöhte Schwellenwerte für Genehmigungspflichten hinsichtlich des insoweit erleichterten Transfers von Geldmitteln, wobei die geltenden Meldepflichten gegenüber der Bundesbank allerdings nach wie vor bestehen bleiben.

Neue EU-Sanktionen angesichts der Lage im Jemen

Die embargorechtliche Landkarte ist mit dem Jemen um ein weiteres Land erweitert worden. Mit der Verordnung (EU) Nr. 1352/2014 vom 18. Dezember 2014 hat die EU Wirtschaftssanktionen angesichts der Lage im Jemen verhängt. Hierbei handelt es sich um personenbezogene Sanktionen mit den bereits oben dargelegten Konsequenzen: Das Vermögen der gelisteten Personen wird „eingefroren“, und sie unterliegen einem Bereitstellungsverbot im Hinblick auf Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen. Betroffen von dem Verbot sind Personen, die dafür verantwortlich gemacht werden, den Frieden, die Sicherheit oder die Stabilität im Jemen zu bedrohen.

Lockerungen der US-Sanktionen gegen Kuba

Mit Wirkung zum 16. Januar 2015 hat die US-Regierung die Cuban Assets Control Regulations ergänzt, die Grundlage für das US-Embargo gegen Kuba sind. Hierdurch trat eine leichte Liberalisierung des Handels mit Kuba ein. Betroffen von den Handelserleichterungen sind die Sektoren Finanzdienstleistungen und Telekommunikation sowie die Ausfuhr bestimmter Gruppen von Gütern mit Ursprung in den Vereinigten Staaten.

Unter anderem können nunmehr Kreditkarten von US-Banken und Finanzinstitutionen auf Kuba genutzt werden. Im Hinblick auf den Telekommunikationssektor wurden Handlungen erlaubt, die die Bereitstellung von Telefondienstleistungen in Kuba oder von Kuba mit Drittländern ermöglichen. Darüber hinaus wurde für bestimmte Güter mit US-Ursprung die Ausfuhr nach Kuba erlaubt, wenn auch unter strengen Voraussetzungen. Daneben wurden noch Ausnahmen für bestimmte Verbrauchsgüter im Bereich der Kommunikation und der Computer-Soft- und Hardware geschaffen. Schließlich wurden die Handelserleichterungen durch eine Lockerung der Reisebeschränkungen ergänzt. Die bestehenden Reiserestriktionen für US-Bürger nach Kuba wurden für bestimmte Kategorien von Reisen durch eine allgemeine Genehmigung aufgehoben. Hierzu zählen insbesondere Familienbesuche, Geschäftsbesuche und Reisen zu erzieherischen, religiösen und sportlichen Zwecken.

Fazit

Der Embargobereich entwickelt sich dynamisch weiter. Personen-, güter- und dienstleistungsbezogene Sanktionen werden fortlaufend ergänzt und aktualisiert. Insoweit müssen im Außenhandel tätige Unternehmen weiterhin stets die Augen offen halten. Sie tun gut daran, sich im Vorfeld durch entsprechende Compliancemaßnahmen abzusichern und die Rechtslage im Einzelfall genau zu prüfen, um Gesetzes­verletzungen zu vermeiden. Denn bei embargorechtlichen Verstößen drohen den betroffenen Unternehmen und handelnden Personen erhebliche Konsequenzen. Neben die möglichen wirtschaftlichen Nachteile (insbesondere Imageschäden durch negative Medienberichterstattung und daraus resultierende Verluste von Kunden und Marktanteilen) können rechtliche Folgen treten, zu denen neben der drohenden Entziehung zollrechtlicher Erleichterungen (z.B. Verlust des AEO-Status) und diversen verwaltungsrechtlichen Sanktionen insbesondere die straf- und bußgeldrechtliche Ahndung gehört.

Kontakt: m.niestedt[at]gvw.com ; g.schwendinger[at]gvw.com

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