Nach Überwindung der Wirtschaftskrise ist das Interesse am russischen Markt wieder sehr groß. Eine Reihe von Unternehmen ­versucht erstmalig, Exportchancen wahrzunehmen und Produkte, Maschinen oder Anlagen auf den russischen Markt zu bringen. Dabei müssen sich die Marktteilnehmer den Herausforderungen der russischen GOST-R-Pflichtzertifizierung und den Unwägbar­keiten einer Vielzahl von weiteren Zertifizierungs- und Zulassungssystemen stellen bzw. diese bewältigen, um erfolgreich zu sein.

Von Anna Savitskaja, Marketing Manager, DIN GOST TÜV Berlin-Brandenburg

Wie überall gilt es auch auf dem russischen Exportmarkt, die Regeln und Bedingungen zu beachten, die der Gesetzgeber festlegt. Als elementare Voraussetzung für den Export in die Russische Föderation ist hier nach wie vor das GOST-R-Konformitätszertifikat zu nennen. Die GOST-R-Pflichtzertifizierung ist nur bei den durch ROSSTANDART akkreditierten Zertifizierungsstellen möglich. Deutsche Unternehmen können allerdings die russische Zertifizierung bei einigen wenigen nicht-russischen Zertifizierungsstellen (DIN GOST TÜV, SGS) vornehmen lassen.

Das 2003 verabschiedete russische föderale Gesetz „Über die Technische Regulierung“ sieht einen Übergangszeitraum vor, in dem in sogenannten „Technischen Reglements“ (TR) alle gesetzlich notwendigen Anforderungen an Erzeugnisse verbindlich geregelt werden sollen. Mit Inkrafttreten der einzelnen TR werden gleichzeitig alle bisherigen diesbezüglichen Gesetze und Verordnungen ersetzt – so zum Beispiel auch die bisher bekannte GOST-R-Pflichtzertifizierung. Mit der Korrektur bzw. Neufassung des Gesetzes im Jahr 2009 wurde die Erarbeitung und Annahme von 16 TR bis zum Januar 2010 festgelegt. Leider handelte es sich bei den bisher angenommenen Technischen Reglements vorwiegend um „Direktiven nach alter Konzeption“.

Das heißt, in den verabschiedeten Technischen Reglements sind alle Anforderungen bis in die kleinsten Details verbindlich geregelt. Insbesondere das TR über Brandschutzsicherheit und das TR über Transportmittel auf Rädern werden sich mit ihren steifen Anforderungen immer stärker zu einem Handelshemmnis auswachsen.

Für die deutsche Wirtschaft, die vor allem Maschinen und Anlagen bzw. Erzeugnisse des Maschinenbaus exportiert, spielte die Einführung des Technischen Reglements über Maschinensicherheit im September 2010 eine enorm wichtige Rolle. Das TR lehnt sich – im Unterschied zu bereits verabschiedeten TR – an die „neue Konzeption“ der Technischen Regulierung an. Es beinhaltet allgemeine Anforderungen an die Sicherheit von Maschinen und Anlagen. Konkrete Anforderungen sollen dann in nationalen russischen GOST-Normen definiert werden.

Bezüglich der Konformitätsbewertung werden die Maschinen und Ausrüstungen, die unter das TR über Maschinensicherheit fallen, in zwei Listen aufgeteilt:

  • Die erste Liste enthält Maschinen und Ausrüstungen, für die eine Zertifizierung durch eine bei ROSSTANDART akkreditierte Zertifizierungsstelle notwendig ist.
  • Die zweite, wesentlich kürzere Liste enthält Maschinen und Ausrüstungen, für die der Hersteller (bzw. Inverkehrbringer) die Konformität seiner Ausrüstung mit allen vorhandenen Dokumentationen (Prüfberichte, Risikobeurteilung usw.) selbst belegen muss.

Dabei ist zu beachten, dass die Konformitätserklärung („Deklarazia“) nach russischem Recht nur durch eine in Russland registrierte juristische Person/Firma (als Deklarant) unterschrieben und auf deren Namen ausgestellt werden darf.
Als registrierte juristische Person/Firma in der Russischen Föderation gelten entweder russische Niederlassungen oder Handelspartner der ausländischen Hersteller. Kleine und mittelständische deutsche Unternehmen, die oft keine Niederlassungen in Russland besitzen, müssen im Vorfeld mit dem russischen Handelspartner alle Fragen der Konformitätserklärung klären bzw. vertraglich regeln.

Mit der Einführung des einheitlichen Zollunionzertifikates für drei Länder eröffnet sich die Möglichkeit für stark exportorientierte deutsche Unternehmen, mit einem Serienzertifikat der Zollunion gleich in alle drei GUS-Länder exportieren zu können. Im Jahr 2010 wurden allerdings in allen drei beteiligten Ländern bereits diverse nationale Technische Reglements verabschiedet. Deshalb empfahl die Kommission der Zollunion im Herbst 2010, das Inkrafttreten der TR, die analog für die Zollunion erarbeitet werden, zu stoppen. Da es sich jedoch nur um eine Empfehlung handelte, ist bis heute nicht klar, wann und ob neue Technische Reglements in Russland in Kraft treten oder ausgesetzt werden.

So wurde das Inkrafttreten von vielen in den Jahren 2009 bis 2010 verabschiedeten nationalen russischen Technischen Reglements um ein Jahr bzw. bis Ende 2011 verschoben. Darunter befinden sich z.B. die TR „Über die Sicherheit von Niederspannungsgeräten“, „Über die Sicherheit der EX-Ausrüstung“ und „Sicherheit der Waren für Kinder und Heranwachsende“.

Die Zusammenarbeit zwischen den drei Mitgliedsländern der Zollunion zum Thema der Technischen Regulierung ist im ersten Quartal dieses Jahres intensiviert worden. Kürzlich wurde der „Entwurf zur strategischen Entwicklung des einheitlichen Systems der technischen Regulierung 2011 bis 2015“ angenommen.

Im Jahr 2011 wird sich die Neuordnung der Zertifizierung für den Export mit den damit verbundenen Unsicherheiten und gegebenenfalls kurzfristigen Änderungen fortsetzen.

Alle exportierenden Unternehmen sollten sich daher rechtzeitig und umfassend über die notwendige Zertifizierung (GOST, TR oder registrierte Konformitätserklärung) und über die jeweils aktuellen Anforderungen an Konformitätsnachweise informieren. Nur so können Probleme bei der Einfuhr nach Russland und bei der Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen vermieden werden, die erhebliche Terminverzögerungen und zusätzliche Kosten verursachen können.

Da die Entwicklung der neuen Regelungen auf russischer Seite manchmal etwas unübersichtlich und teilweise widersprüchlich verläuft, ist deutschen Exporteuren, insbesondere neuen Marktteilnehmern, zu empfehlen, auf die kompetente Unterstützung der auf den russischen Markt spezialisierten und akkreditierten Zertifizierungsstellen in Deutschland zurückzugreifen.

Kontakt: a.savitskaja[at]din-gost.de

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