2010 haben sich die Absatzmärkte in Osteuropa für deutsche Maschinenbauer spürbar erholt. Für die Landmaschinenhersteller ­findet vor allem Russland als zukunftsträchtigster Markt allmählich zu alter Stärke zurück. Protektionistische Maßnahmen erfordern allerdings die Gründung eigener Vertriebs- und/oder Produktionsstrukturen. Dr. Franz-Georg von Busse, Geschäftsführer der LEMKEN GmbH , erläutert der Redaktion des ExportManagers einige Besonderheiten beim Export von Landmaschinen nach Osteuropa.

Interview mit Dr. Franz-Georg von Busse, Geschäftsführer, LEMKEN GmbH & Co. KG

Herr Dr. von Busse, nachdem auch die deutsche Landtechnikindustrie 2009 schwer von der Weltwirtschafts- und Finanzkrise getroffen wurde, befindet sich die Branche seit 2010 wieder auf Erholungskurs. Wie war die Geschäftsentwicklung für LEMKEN 2010 in den Auslandsmärkten, und wie sind die Perspektiven 2011?

2010 hat LEMKEN das drittbeste Geschäftsjahr der Firmengeschichte abgeschlossen. Mit einem Gesamtumsatz von 203 Mio Euro konnten wir gut 12% mehr erreichen, als wir für das abgelaufene Geschäftsjahr geplant hatten. Nach Deutschland waren Frankreich und Weißrussland für uns die stärksten Absatzmärkte. Im laufenden Jahr spüren wir weiter eine sehr gute Marktentwicklung in Frankreich und in fast allen anderen westeuropäischen Märkten. Auch die Märkte in Zentraleuropa wie die Länder im Baltikum, Polen, Tschechien und Rumänien zeigen einen positiven Trend. Das gilt auch für Weißrussland, die Ukraine und Russland. Schwierig bleibt es für uns in Ländern wie Ungarn, Bulgarien oder Kasachstan.

In welchen Auslandsmärkten sehen Sie langfristig für Ihre Branche das beste Wachstumspotential? Wo liegen in Osteuropa die zukunftsträchtigsten Märkte?

Der zukunftsträchtigste Markt in Osteuropa ist sicherlich der russische Markt. Hier haben wir uns bereits seit vielen Jahren mit einem eigenen Vertriebssystem etabliert. Bis 2009, d. h. bis unmittelbar vor der Finanzkrise, war der russische Markt für LEMKEN für einige Jahre sogar der umsatzstärkste Exportmarkt. Das bestätigt das enorme Potential dieses Marktes. Allerdings ist unsere Branche in Russland auch mit protektionistischen Maßnahmen des russischen Staates zugunsten einheimischer Hersteller konfrontiert. Deshalb haben wir bei unserer russischen Tochtergesellschaft eine eigene Gerätemontage aufgebaut und uns mit der Zertifizierung „Made in Russia“ als einheimischer Hersteller auf dem russischen Markt etabliert. Weitere zukunftsträchtige osteuropäische Märkte sind die Ukraine und Weißrussland – beide allerdings aktuell mit einer dünnen Finanzbasis.

Neben den Märkten in Osteuropa sehen wir mit Indien und China zwei interessante Zukunftsmärkte für LEMKEN, wo wir im Begriff sind, eigene Strukturen für Produktion und Vertrieb vor Ort aufzubauen.

LEMKEN hat einen besonders hohen Umsatz in Weißrussland. Warum?

Unser Umsatz in Weißrussland war nur im Krisenjahr 2009 etwa dreimal so hoch wie in Russland. 2009 war insofern ein außergewöhnliches Jahr, weil in Russland die Finanzkrise alle Investitionen in die Agrarwirtschaft erheblich beeinträchtigte, während weißrussische Finanzinstitute weit weniger von der Finanzkrise betroffen waren. Darüber hinaus unterstützt der weißrussische Staat durch direkte Absatzfinanzierungen für einheimische Produktionsbetriebe sehr stark die schrittweise Modernisierung dieser Werke. Wir arbeiten mit solchen weißrussischen Werken zusammen, indem wir diesen Unternehmen Bauteile zur Komplettierung vor Ort liefern. So können wir in Weißrussland mittelbar ebenfalls von den staatlich subventionierten Finanzierungen profitieren.

Wo liegen derzeit die besonderen Schwierigkeiten und Risiken im Geschäft mit Weißrussland?

Chancen und Risiken dieses Marktes liegen darin, dass wir es hier sowohl mit staatlichen Bestellern als auch mit staatlichen Finanzierungen zu tun haben. Die Verantwortlichen für die Zusagen von staatlichen Finanzierungen in Minsk richten sich bei ihren Entscheidungen allerdings nur sehr begrenzt nach den saiso-nalen Gegebenheiten in der Landwirtschaft und verpassen deshalb oft die rechtzeitige Bereitstellung der erforderlichen Geldmittel.

Außerdem müssen wir mit dem Risiko leben, dass ein Staat aus bestimmten wirtschaftlichen Erwägungen oder Zwängen heraus bereits zugesagte Finanzierungen unter Umständen wieder zurücknehmen kann. Dies kann für uns mit einem vorübergehenden Aufbau von Lagerbeständen an lieferbereiten Komponenten verbunden sein.

Setzt LEMKEN in den nächsten Jahren verstärkt auf den russischen Markt?

Der russische Markt ist für uns von großer Bedeutung, und wir sehen in vielen Regionen noch ein erhebliches Wachstumspotential. Deshalb werden wir unser Geschäft in Russland in den nächsten Jahren konsequent weiterentwickeln.

Russland erhebt hohe Importzölle auf Landmaschinen, um die eigenen Produzenten zu schützen bzw. ausländische Investoren ins Land zu holen. Gibt es Pläne, vor Ort zu produzieren?

Importzölle für Landtechnik gibt es derzeit nur für motorisierte Maschinen wie Mähdrescher und Traktoren. Den Käufern von gezogenen Maschinen versagt der russische Staat allerdings subventionierte Einkaufsfinanzierungen, wenn diese Maschinen nicht in Russland hergestellt worden sind. Deshalb haben wir unser neues Vertriebs- und Servicezentrum in Kaluga um eine Montagehalle erweitert, womit unsere Tochtergesellschaft OOO LEMKEN RUS den Status eines einheimischen Herstellers erreicht hat.

Welche neuen Möglichkeiten und Pers­pektiven eröffnen sich für LEMKEN durch die Eurasische Zollunion?

Hier sehen wir vor allem den Vorteil eines deutlich größeren Marktes ohne Grenzen und die Möglichkeit, innerhalb dieser Zollunion unsere Geräte und Ersatzteile leichter grenzüberschreitend von einem Ort zum anderen zu verbringen – je nachdem, wie es die vertrieblichen Erfordernisse verlangen.

Auf welche Finanzierungsformen greifen Sie zurück, bzw. welche Finanzierungen bieten Sie Ihren Kunden in Russland und Weißrussland beim Vertrieb von Landmaschinen an?

Über die sogenannte Ausfuhrpauschalgewährleistung von Euler Hermes gewähren wir ausgewählten Vertriebspartnern abgesicherte Zahlungsziele von bis zu 180 und – ausnahmsweise – auch bis zu 360 Tagen zu günstigen Finanzierungskonditionen. Für Finanzierungen in Richtung Weißrussland gelang es uns ­bisher, weißrussische Akkreditive über deutsche Banken bestätigen zu lassen, und darüber hinaus konnte unser Vertriebspartner vor Ort noch eine An-schlussfinanzierung mit weiteren 360 Tagen arrangieren.

Sind Sie zufrieden mit den Finanzierungsmöglichkeiten, die Ihnen deutsche Banken zur Verfügung stellen? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Die Möglichkeiten deutscher Banken für die Finanzierung von Exporten nach Osteuropa halten sich in engen Grenzen. Dabei liegt das von den Banken geforderte Volumen zur Finanzierung von Einzelgeschäften oftmals über den Werten, wie wir sie in unserem Geschäft erreichen. Darüber hinaus sind stets Fragestellungen in Bezug auf unsere Veranwortung als Hersteller zu klären, wenn es um die Rücknahme von Produkten geht in den Fällen, in denen ein Geschäft notleidend geworden ist. Aber mit den Absicherungsmöglichkeiten über Euler Hermes sind wir sehr zufrieden.

Kontakt: busse[at]lemken.com

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