Die Wachstumsgeschwindigkeit der europäischen Volkswirtschaften fällt nach Ende der Finanzkrise deutlich unterschiedlich aus. Dies schlägt sich auch in der Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen nieder. Eine aktuelle Studie von Atradius prognostiziert sinkende Insolvenzzahlen für Deutschland, aber eine kräftige Zunahme in Griechenland. Insgesamt gehen die Unternehmens­insolvenzen 2011 jedoch leicht zurück.

Von Gunther Schilling, Redaktionsleiter ExportManager, F.A.Z.-Institut

Die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland werden 2011 voraussichtlich um 5% auf 30.400 Fälle zurückgehen. Zu dieser Einschätzung kommen die Volkswirte des Kreditversicherers Atradius in ihrer neuesten Wirtschaftsprognose. Die Länder der Euro-Zone entwickeln sich demnach aber sehr unterschiedlich. Für Griechenland rechnen die Atradius-Experten beispielsweise dieses Jahr mit einer Zunahme der Unternehmensinsolvenzen um 30%. „Griechische Unternehmen haben aktuell vor allem mit drei Faktoren zu kämpfen: der stark nachlassenden Kaufkraft infolge des Sparpakets der Regierung, zunehmenden Forderungsausfällen und erschwerten Bedingungen für die Aufnahme von Krediten“, erklärt Michael Karrenberg, Leiter Risikomanagement bei Atradius in Köln. Betroffen seien vor allem der Einzelhandel, die Bauindustrie und der Autohandel.

Auch Portugal und Japan werden 2011 voraussichtlich einen Insolvenzanstieg verkraften müssen. Atradius geht für beide Länder von einer Zunahme von 5% aus. Bei Deutschlands wichtigsten Handelspartnern Frankreich, Großbritannien und Italien (jeweils –5%) sowie den USA und den Niederlanden (jeweils –10%) rechnet Atradius zwar mit einem Rückgang der Unternehmenszusammenbrüche. Auch Irland (minus 15%) erholt sich von den hohen Zuwächsen bei den Insolvenzen der vergangenen Jahre. In all diesen Märkten wird es aber auch 2011 noch deutlich mehr Insolvenzen geben als vor Ausbruch der Krise. In den USA beispielsweise werden mit 51.700 Fällen immer noch knapp doppelt so viele Insolvenzen erwartet wie 2007.

Die 2010 begonnene Entspannung setzt sich zwar insgesamt weiter fort. In weiten Teilen Westeuropas wird der Wirtschaftsaufschwung jedoch 2011 an Fahrt verlieren. Dabei liegt die Wirtschaftsleistung in Deutschland (–1,5%), Frankreich (–1,2%), den USA (–1,1%) und Großbritannien
(–3,8%) weiterhin unter Vorkrisenniveau.

Nach der letzten Abschwungphase 1990 bis 1993 hatte sich die Wirtschaft im gleichen Zeitraum deutlich schneller erholt. Das Bruttoinlandsprodukt lag damals wieder um 3,4% (Frankreich) bis 5,3% (USA) über Vorkrisenniveau. „Das zeigt, wie tief der Einschnitt der jüngsten Wirtschaftskrise war“, so Karrenberg von Atradius. „Gerade die Turbulenzen auf den Finanzmärkten werden die Unternehmen noch länger begleiten, aber die deutsche Wirtschaft wird sich 2011 weiter stabili­sieren.“

Weitere Informationen und Hintergründe zu den aktuellen weltwirtschaftlichen Entwicklungen in englischer Sprache enthält der „Atradius Economic Outlook“ auf www.atradius.de.

Kontakt: g.schilling[at]faz-institut.de

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