Die Umsetzung von Basel III, dem neuen Regelwerk zur Stabilisierung des Finanzsektors, soll Mitte 2013 beginnen. Unterdessen macht sich im Unternehmenssektor die Befürchtung breit, dass die neuen Regeln negative Auswirkungen auf die Bereitstellung und die Kosten von Außenhandelsfinanzierungen haben könnten. Herbert Broens, Head of Export Department, Bayer AG, plädiert dafür, dass einzelne Basel-III-Regeln überarbeitet werden sollten, um die negativen Folgen abzuwenden.

Von Herbert Broens, Head of Export Department, Bayer AG

Die Basel-III-Pläne machen Bankkredite teurer. Das ist notwendig, um zu vermeiden, dass sich eine Situation wie diejenige im Jahr 2008 wiederholt. Damals drohten viele Banken in die Insolvenz zu gehen, und einzelne – wie z.B. die US-Bank Lehman Brothers – sind in die Insolvenz gegangen. So werden zukünftig Unternehmen die Auswirkungen von Basel III in ihren Gewinn-und-Verlust-Rechnungen zu berücksichtigen haben, denn höhere Zinskosten werden zu höheren Produktpreisen und weniger Umsatz führen. Dies wird alle Unternehmen gleich treffen und keine bestimmte Gruppe von Unternehmen besonders benachteiligen.

In der Außenhandelsfinanzierung der Unternehmen sind die möglichen Auswirkungen von Basel III komplizierter. Dieser Bereich funktioniert eigentlich in ähnlicher Weise seit mehr als 500 Jahren. Seither bieten Banken Akkreditive (Letter of Credit – L/C) und andere Papierdokumente für die Finanzierung an, und oft gibt es zwei Banken, die an einem Handelsgeschäft beteiligt sind. Die Supply-Chain-Finanzierung ist ein neues Werkzeug in der Außenhandelsfinanzierung, und einige Großbanken und die SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications) versuchen, ein modernes Umfeld in der Trade Finance zu schaffen. Der elektronische Datenaustausch in einem einheitlichen Format ist aber bis heute nicht gegeben.

Unter diesen Bedingungen gestalten Unternehmen durch ein aktives Management ihrer Forderungen ihre Trade-Finance-­Aktivitäten und können hierdurch ihre Bankschulden besser steuern. Dabei bieten sich dem B2B-Verkäufer zwei Alternativen: Er kann entweder sein Kreditrisiko „inhouse“ erhöhen oder die zusätzliche Außenhandelsfinanzierung an eine Bank auslagern. Letzteres erscheint derzeit nicht marktkonform, da die L/C-Nachfrage in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Das hat nichts mit den Basler Eigenkapitalvorschriften zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass die vielen manuellen Arbeiten im Gegensatz zur Best-Practice-Optimierung stehen.

Hinzu kommt, dass Unternehmen in der Regel sehr niedrige Kreditausfallraten in der Außenhandelsfinanzierung haben. Geschäftsberichte von deutschen und schweizerischen Unternehmen zeigen, dass etwa 0,2% des Umsatzes im Durchschnitt ausgefallen sind. Auch während der Finanzkrise gab es keine höheren Ausfälle unter den Herstellern von Gütern. Das war nicht nur ein Reflex der besseren Verwaltung von Handelskrediten durch Unternehmen, sondern auch der kurzen Zahlungslaufzeiten. Hinzu kommt, dass spekulative Handelstransaktionen nicht verbreitet sind.

Obwohl genaue Berechnungen für die verschiedenen Bedingungen noch nicht gegeben sind, scheint eine Erhöhung der Zinsen um 1 Prozentpunkt unter Basel III wahrscheinlich. Angesichts dieser Erwartung gibt es nur wenige Unternehmen, die dies gerne sehen und selbst als Trade-Finance-Anbieter auftreten. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen sieht die Außenhandelsfinanzierung als Kerngeschäft der Banken, während sie sich mehr auf die Entwicklung der besten Produkte für ihre Kunden konzentrieren wollen.

Die voraussichtliche Erhöhung der Finanzierungskosten im Außenhandel durch die Umsetzung von Basel III läuft deshalb in die falsche Richtung. Die Kosten für die Auslagerung von Trade Finance in eine Bank sollten nicht höher sein, als sie es heute bereits sind, sondern eher niedriger. Nur dann wird die Einschaltung der Banken wettbewerbsfähig sein und mit dem konkurrieren können, was ein Unternehmen „inhouse“ erreichen kann. Auch wird Basel III die Supply-Chain-Finanzierung und die Vorrätefinanzierung belasten, denn unter Basel III werden die Banken die Refinanzierungskosten erhöhen müssen. Und dies verringert für die Unternehmen die Gestaltungsmöglichkeiten mit dem Working Capital und schränkt das dringend benötigte Bargeld als Liquiditätspool und Finanzierungsquelle für Unternehmen ein.

Da zwischen den Banken bereits ein starker Wettbewerb herrscht, werden heute Akkreditive zu einem fairen Preis angeboten. Insofern kann nur über eine Änderung der Basel-III-Anforderungen für die Handelsfinanzierung ein Ausgleich geschaffen werden. Die Lösung könnte sein, dass die Eigenkapitalanforderungen von Basel III die niedrige Ausfallquote von Trade Finance berücksichtigen. Banken haben die gleichen niedrigen Ausfallraten im Bereich Trade Finance wie Unternehmen. Die Banken haben genug Daten, um dies zu dokumentieren. Die Kreditanalysten der Banken sind sogar noch sorgfältiger als die Unternehmen bei der Beurteilung der Risiken, bevor sie den Handel finanzieren. Der Kredit wird in der Regel nur gewährt, wenn die finanzierende Bank ein klares Verständnis der grundlegenden Transaktion hat. Die Analyse umfasst alle Aspekte der Kredit-, Länder-, Rohstoff-, Währungs- und Zinsrisiken sowie die rechtlichen Risiken; last, but not least auch das Produktrisiko. Warum sollte deshalb ein Trade-Finance-Kredit die gleiche Eigenkapitalunterlegung benötigen wie ein spekulativer Kredit?

Angesichts der Erfahrungen mit der jüngsten Finanzkrise ist es verständlich, dass der Baseler Ausschuss sehr vorsichtig mit Erleichterungen ist. Also müssen die Banken den Ausschuss von der unfairen Behandlung von Trade Finance überzeugen. Wenn die Banken nichts unternehmen und die Eigenkapitalbedingungen nach Basel III für die Außenhandelsfinanzierung unverändert bleiben, werden neue Marktteilnehmer aus der Differenz zwischen Markt- und Basisrisiko Gewinn machen. Dieser Wechsel in den unregulierten Markt kann aber nicht im Interesse der Politik sein.

Obwohl die Überzeugungsarbeit in den Händen der Banken liegt, sollten die Interessenvertretungen der Unternehmen und die Politik die Banken unterstützen, damit Trade Finance nicht zu einem Engpass für die Exportwirtschaft wird. Die Banken selbst sollten wiederum nicht nur auf eine bessere Behandlung der Handelsfinanzierung unter Basel III setzen. Sie sollten Trade Finance die Bedeutung zumessen, die sie verdient. Hierfür sind Standards zu entwickeln, damit Informationen zwischen Banken und Unternehmen so effizient wie Produktlogistik-daten ausgetauscht werden können. Bankensoftware und die ERP-Systeme der Unternehmen sind zu integrieren, um das Risikomanagement noch mehr zu einem Treasury-Portfoliomanagement zu erweitern. Die Bankenmesse Sibos 2010 zeigte das große Interesse von Banken, diese Standardthemen zu lösen. Der Baseler Ausschuss sollte von den Banken auch über diese Verbesserungen informiert werden. Schließlich brauchen die Volkswirtschaften Trade Finance für mindestens weitere 500 Jahre.

Textkasten: Stellung des VDMA zu Basel III
Thomas Lindner, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), bezog auf der Veranstaltung „Börsen-Zeitung im Dialog “ Stellung zu den Auswirkungen von Basel III auf die Exportfinanzierung. Laut einem Bericht der Börsen-Zeitung unterstützt Lindner zwar die Grundidee, Banken durch mehr Eigenkapital krisenfest zu machen. Er sieht aber das entscheidende Problem darin, dass die sogenannte „Leverage Ratio“ von der Struktur her nicht risikoorientiert sei. Im bankinternen Wettbewerb der Finanzierungsprodukte konkurrierten damit traditionell margenschwächere Hermeskredite, Akkreditive und Avale – trotz ihres sehr begrenzten Risikos – direkt mit margenstärkeren normalen Krediten. Schon heute sei aus dem Maschinenbau zu hören, dass einzelne Banken bei Exportfinanzierungen ihre Preise deutlich erhöht hätten. „Wir halten diese Entwicklung für gefährlich, da ein entscheidendes Instrument für den Export verteuert wird“, sagte Lindner.

Kontakt: herbert.broens[at]bayer.com

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